Anlässlich der Nationalratswahl erinnert sich der Vorarlberger Schriftsteller Robert Schneider an die Zeit seiner Kindheit, als der Urnengang noch ein geradezu feierlicher Akt war.
Als Bub sind mir Wahlsonntage stets in seltsamer Erinnerung geblieben. Egal, ob es Gemeinderats-, Landtags-, Nationalrats- oder Bundespräsidentenwahlen waren. An jenen Sonntagen herrschte in unserem Dorf eine merkwürdig geduckte Stimmung. Das konnte man daran erkennen, dass die Männer, die sich vor dem Kirchenportal zur Messe einfanden, einander nicht wie sonst mit zotigen Sprüchen begrüßten oder witzelten, sondern mit todernstem Gesicht sofort in die Kirchenbank schlurften und sich schweigend hinsetzten. Die Frauen sowieso. Aber das taten sie, auch wenn kein Wahlsonntag war. Mir kam es vor, als trüge jeder ein großes Geheimnis mit sich herum, das er unter keinen Umständen verraten wollte. Und ansehen durfte man es einem schon gar nicht. Es lag etwas unglaublich Wichtiges, möchte sagen, etwas Verschlagenes in der Luft, aber ich wusste nicht was.
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