Kärntens Bezirke wurden bei der Nationalratswahl umgefärbt: ÖVP von Feldkirchen bis Hermagor entthront – und auch an der Grenze wählt jeder Fünfte bereits blau.
Diese Wahl lässt auch in der kleinsten Gemeindestube keinen Stein auf dem anderen – denn die blaue Lok ist an Orten an die Spitze gerast, wo die Freiheitlichen schon auf dem Abstellgleis waren.
Der „Kurz-Effekt“ von 2019 ist völlig verblasst; die Volkspartei wurde etwa in ihrem landwirtschaftlich geprägten Stammbezirk Hermagor entthront – obwohl auch noch der schwarze Spitzenkandidat von hier stammt. Auch die übrigen Kärntner Bezirke wurden umgefärbt – wobei bei den 132 Gemeindeergebnissen doch einiges auffällt, was den Parteien zu denken geben sollte.
Denn sogar in der Gemeinde mit dem für die Freiheitlichen schlechtesten Ergebnis von 18,86 Prozent im zweisprachigen Zell – traditionell seit jeher stark „links“ ausgerichtet – wählt bereits jeder fünfte Blau! Die Volkspartei fährt in Mühldorf mit 13,27 Prozent ihr miesestes Ergebnis ein – bei den Sozialdemokraten dagegen geht es trotz des Landeshauptmann-Bonus um einiges tiefer nach unten. In einigen Mölltaler Gemeinden bleiben die Roten unter zehn Prozent, ebenfalls im Lesach- und Gitschtal. Etwas Trost spendet vielleicht St. Veit, wo Rot mit 30,07 Prozent Blau (36,18) zumindest auf der Spur ist.
Und wie schaut es mit der Wahlbeteiligung aus? Diese ist auf 75,06 Prozent gestiegen – 432.330 Wahlberechtigte haben in Kärnten 324.503 Stimmen abgegeben, 3487 davon übrigens ungültig.
Es gibt sie – jene Gemeinden, in denen die schwer angeschlagene SP entgegen dem Wahltrend doch noch etwas zulegen konnte. In Feistritz ob Bleiburg etwa durfte Bürgermeister Hermann Srienz stolz 5,74 Prozent Zuwachs vermelden und mit 36,02 Prozent auch den ersten Platz absichern. In Eisenkappel-Vellach, Zell, Mallnitz und St. Margareten im Rosental blieben die Roten erwartungsgemäß ebenfalls vorne. Allerdings oft nur extrem knapp: In St. Margareten etwa beträgt der Abstand zu den Freiheitlichen nur noch ganze neun Stimmen!
In seiner Heimat ist FP-Chef Erwin Angerer als Bürgermeister auch Wahlleiter – und kann zufrieden sein: 125 Stimmen mehr ergeben eine satte absolute Mehrheit mit 54,21 Prozent in Mühldorf. Auch in Baldramsdorf, Mölbling, Mörtschach, Flattach, Sachsenburg, Deutsch-Griffen oder Rangersdorf erzielten die Freiheitlichen Rekordergebnisse jenseits der 50-Prozent-Marke. In Stall etwa brachte es die FP sogar 62,82 Prozent. Interessant schnitten hier die Kleinparteien ab: Die Bierpartei bekam 16 Stimmen – um 12 mehr als die Grünen.
Am Fuße von Österreichs höchstem Berg wird die schwarz-grüne Regierung nicht so streng beurteilt wie andernorts: Denn in Heiligenblut bleibt die Volkspartei mit 42,17 Prozent Stimmenstärkster vor den Freiheitlichen, die auf 35,26 Prozent zulegen. Und die Grünen erzielen mit einem Plus von 1,39 Prozent den höchsten, wenn auch mageren Zugewinn in Kärnten. Dass es sich dabei um gesamt nur 30 Wähler handelt und die Partei bei 4,94 Prozent grundelt, dürfte die Freude vielleicht trüben. Aber auch die SP bringt es in der Höh’ nur auf 41 Kreuzerln.
Mit dem Wahlabend erstaunlich zufrieden zeigte sich Sonntag noch VP-Spitzenkandidat Gabriel Obernosterer. Doch die Zahlen aus seiner Heimat Lesachtal zeichnen ein finsteres Bild für das schwarz-türkise Politurgestein: 47,96 Prozent bringen zwar das beste Ergebnis – gleichzeitig ist aber ein Stimmenverlust von 17,60 Prozent zu verzeichnen. Die Blauen konnten auch hier stark zulegen. Noch schlimmer fiel es für die Volkspartei in Steuerberg aus, wo man sich mit minus 25,93 Prozent auf dem dritten Platz wieder findet. Ähnlich dramatisch verlief es auch in Mörtschach (minus 25,17 Prozent), Berg im Drautal (22,28) und Winklern (21,78). In allen drei Gemeinden konnten sich die Freiheitlichen über die neuen Stimmen freuen und eroberten überall Platz Eins.
Auch am Wörthersee ist es denkbar knapp hergegangen: In Krumpendorf entschieden sieben Stimmen über den Wahlsieg. Die Freiheitlichen setzten sich ganz knapp mit 26,2 Prozent gegen die VP mit 26,06 Prozent durch. In Maria Wörth dagegen verlief es genau umgekehrt – da blieb die ÖVP trotz hoher Verluste mit elf Stimmen vor den Freiheitlichen. In beiden Gemeinden lief es übrigens für die Pinken besonders gut, die jeweils hinter der SP und weit vor den Grünen auf Platz vier landeten und in Krumpendorf fast 16 Prozent einfahren konnten.
Mehr Stimmen bedeuten Verluste? Sinkende Einwohnerzahlen , die Wahlkartenauszählung und die höhere Wahlbeteiligung machen es möglich! In Weissensee etwa konnte sich die VP über zehn neue Wähler freuen – was in der Wahlstatistik aber ein Minus von 10,27 Prozent bedeutet. Einziger Trost für Bürgermeisterin Karoline Turnschek: Die VP bleibt mit 41,57 Prozent dennoch Nummer 1 – und der Zuwachs der Freiheitlichen ist mit 5,5 Prozent noch überschaubar. .Der dritte Platz ist dafür eine Überraschung: Die NEOS kommen auf 13,65 Prozent.
Knalleffekt auch in der Stadt Wolfsberg: Die Freiheitlichen verdoppelten sich und deklassierten die VP, die sogar noch hinter der SP landete. Das Bild ähnelt jenem von Völkermarkt, wo die Blauen 18,49 Prozent zulegten, die Türkis-Schwarzen 13,89 Prozent verloren und damit noch hinter die Roten abrutschten. In Bad St. Leonhard erreichten die Freiheitlichen komfortable 41,69 Prozent – ÖVP und SP lieferten sich um Rang zwei ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das die Türkisen mit 23 Wählerstimmen für sich entscheiden konnten.
In Osttirol gehen die Uhren doch noch etwas anders – zwar konnten die Freiheitlichen hier einige Gemeinden wie Amlach, Virgen, Lavant oder Dölsach erobern, doch im gesamten Regionalwahlkreis blieb die ÖVP trotz herber Verluste von über 15 Prozentpunkten vorne. Auch in Lienz selbst: Die ÖVP setzte sich mit 29,75 Prozent durch, gefolgt von Blau und Rot. Die Grünen verloren fast sechs Prozent und fielen hinter die Neos zurück. In Obertilliach hatte Sebastian Kurz einst noch einen Erdrutschsieg mit knapp 83 Prozent eingefahren – ganz so hoch ist der Vorsprung nun nicht mehr, aber 64,54 Prozent gegenüber 21,99 Prozent für die FP können sich sehen lassen. Die SP hat ebenfalls zugelegt – um über ein auf 2,6 Prozent oder elf Stimmen, um zwei mehr als die Bierpartei erreicht hat.
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