Sieht man sich das Wiener Wahlergebnis unter der Lupe der Sprengel-Ergebnisse an, findet man reichlich Ausreißer und Besonderheiten, vom Einfluss von Container-Klassen über den insgeheim mächtigsten Grätzl und seinem Wahlverhalten bis hin zum Rätsel um die „Geister-Sprengel“.
Wie sehr die Nationalratswahl auch in Wien die politische Landschaft verändert hat, zeigt sich an den Ergebnissen zu den Sprengeln, die das Wahlverhalten von meist nur einigen Häuserblocks zeigen. Die SPÖ etwa, die 2019 noch in über 30 Sprengeln eine absolute Mehrheit einfahren konnte, hat das nun laut den vorläufigen Ergebnissen nur noch in zwei kleinen Favoritner Sprengeln geschafft. Zumindest ist die SPÖ aber die einzige Partei, die überhaupt noch absolute Mehrheiten in Wiener Sprengeln hat.
Neuer blauer Sprengel mit Containerklassen
Neue relative Mehrheiten hat die SPÖ vor allem in bisher grünen innerstädtischen Sprengeln, dafür verlor sie einige Sprengel im Süden an die FPÖ. An der Wahlbeteiligung kann das nicht liegen: In fast allen Sprengeln mit überdurchschnittlichem Engagement – mit dem Liesinger Sprengel 40 als Spitzenreiter jenseits der 86 Prozent – liegt die ÖVP vorne. Geringe Wahlbeteiligung half demgegenüber vor allem der SPÖ, Sprengel zu halten.
In Floridsdorf und der Donaustadt gewann die FPÖ vor allem von der ÖVP Sprengel, doch auch einige von der SPÖ, etwa in Neukagran. Die Aufstellung der umstrittenen Containerklassen in der Nachbarschaft in den letzten Monaten scheint kein Zufall zu sein. Zweimal protestierten Eltern und Anwohner gegen die Unterbringung von Flüchtlingskindern in den mobilen Klassen. Vom roten Bezirksvorsteher fühlten sie sich im Stich gelassen. Das Ergebnis: Die FPÖ kommt im Sprengel auf fast 33 Prozent, während die SPÖ nur knapp über 30 Prozent liegt.
Was hinter dem Super-Sprengel in der Innenstadt steckt
Die ÖVP kann sich damit trösten, dass sie im „mächtigsten“ Sprengel Wiens vorne liegt: dem Sprengel zwei in der Inneren Stadt. Er ist mit 1505 Wahlberechtigten der gewichtigste der ganzen Stadt – vor allem deshalb, weil ihm viele Auslandsösterreicher zugeordnet sind. Hier hat es die FPÖ nur auf den fünften Platz geschafft, deutlich hinter der SPÖ, aber auch den Grünen und Neos.
Das Rätsel hinter den Geister-Sprengeln
In einigen Wiener Wahlsprengeln fand sich laut Statistik dafür kein einziger Wähler. Des Rätsels Lösung: Wenn in einem Sprengel nur bis zu 30 Stimmen abgegeben werden, werden diese Stimmen einem anderen Sprengel zur Auszählung überantwortet, damit das Wahlgeheimnis auf jeden Fall gewährleistet ist. Das heißt: Die dort abgegebenen Stimmen gehen nicht verloren, sondern werden in einem anderen Sprengel gezählt, wo niemand die Wählerinnen und Wähler kennt und deshalb Rückschlüsse auf die gewählte Partei oder eine abgegebene Vorzugsstimme ziehen könnte.
Die Neos tragen auch dazu bei, dass Wiens Sprengel-Landkarte nun etwas bunter geworden ist. Gab es vor fünf Jahren – abgesehen von Stimmengleichheit – keine andere Sprengelgewinner als SPÖ, ÖVP, Grüne und FPÖ, kommen zu diesen vier Parteien erstmals auch die Pinken dazu: Mit dem Sprengel rund um das Kahlenbergerdorf und einem weiteren Sprengel am Alsergrund, rund um den Arne-Karlsson-Park, gibt es erstmals auch andere relative Mehrheiten in Wien als je bisher.
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