Die Mehrheiten in zahlreichen Gemeinden des Landes haben sich verschoben – mitunter stark. Und: Welche Kräfteverhältnisse prominente Politiker in ihren niederösterreichischen Heimatorten erwartete.
Er trat als Zweiter an, wollte Erster werden – und wachte am Montag als Dritter auf. Für Andreas Babler (SPÖ) war der Wahlsonntag wohl eine herbe Enttäuschung. Da tut es der roten Seele bestimmt gut, dass zumindest die Genossen in Traiskirchen ihrem Bürgermeister die Treue gehalten haben. Zugewinne von mehr als 8 Prozent verbuchte Babler in seiner Heimatstadt. Wermutstropfen: Die Freiheitlichen legten hier noch ein bissl mehr zu.
In zahlreichen Orten – vor allem im Waldviertel – kletterte der Stimmenanteil der Blauen sogar auf über 40 Prozent – etwa in Eggern, Haugschlag, Dietmanns, Arbesbach und Altmelon. Einen wahren Siegeszug trat Udo Landbauer (FPÖ) in seiner Heimatstadt an. Leuchtete Wiener Neustadt einstmals in sattem Rot, hatte es ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger nach einem bunten Zwischenspiel bei der letzten Gemeinderatswahl auf Schwarz getrimmt. Jetzt präsentiert sich die zweitgrößte Stadt des Landes in strahlendem Blau. Die FPÖ liegt hier mit 31 Prozent an erster Stelle, gefolgt von der SPÖ. Schneebergers ÖVP verlor 9 Prozent und rutschte sogar auf Rang 3 ab.
Dieses drastische Schicksal blieb anderer ÖVP-Prominenz am Wohnort erspart. Wiewohl auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in Klosterneuburg Verluste von mehr als 6 Prozent für ihre Partei verzeichnen musste. Und ihr Vorgänger Erwin Pröll in Ziersdorf sogar ein schwarzes Minus von fast 15 Prozent erlebte. In beiden Gemeinden blieb die Volkspartei allerdings mit über 30 Prozent klar die Nummer 1. Und es gibt auch echte ÖVP-Hochburgen trotz herber Einbußen – vor allem im Weinviertel: Parbasdorf mit 58,5 Prozent bei minus 6,4 Prozent, Ottenthal mit 51,2 Prozent (sogar minus 19,7 Prozent).
St. Pölten ist wieder rot
Zwiespältige Gefühle wird auch Matthias Stadler, Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten, am Wahlabend gehabt haben: Einerseits eroberte „seine“ SPÖ hier Platz 1 bei Nationalratswahlen von der ÖVP zurück, die FPÖ rückte aber mit plus 10,5 Prozent bis auf 1,99 Prozent an die Sozialdemokraten heran.
Als rote Hochburgen werden bei Bundeswahlen mittlerweile bereits Gemeinden mit mehr als 30 Prozent SPÖ-Stimmenanteil gewertet, also etwa Brand-Nagelberg, Bärnkopf oder Trumau. Apropos: Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl ist „zu Hause“ mit einer roten Mehrheit konfrontiert. In Purkersdorf legten am Sonntag sowohl SPÖ (23,5 Prozent) als auch Freiheitliche (21,6 Prozent) zu, die ÖVP (21,4 Prozent) verlor.
Neos und Grüne blieben ihrer Tradition treu, vor allem im sogenannten Speckgürtel um Wien zu punkten. So gab es in Gießhübl mehr als 20 Prozent pinke Stimmen, in St. Andrä-Wördern und Maria Enzersdorf über 14 Prozent Grün-Wähler.
Eine Zahl, die man sich merken muss: In 198 Gemeinden konnte die FPÖ die Mehrheit im sonst knapp mehrheitlich türkisen Niederösterreich holen. Der SPÖ glückte dieses Kunststück immerhin in 24 Orten, auf die ÖVP entfallen diesmal 351 Kommunen. Das Ergebnis: Eine neu eingefärbte Landkarte und gänzlich neu gemischte Karten vor den Gemeinderatswahlen im Jänner.
Volkspartei als Bürgermeisterpartei
Bisher konnte sich ja die Volks- als Bürgermeisterpartei rühmen, stellt im Großteil der Gemeinden den Chef. Ob das auch nach dem 26. Jänner so bleiben wird, wo in 568 der 573 Gemeinden im weiten Land gewählt wird? Der Vergleich mit den Nationalratswahlen hinkt natürlich: Denn vor Ort gelten seit jeher andere Gesetze als im Bund. Da zählen nicht nur die Persönlichkeiten mehr als die Partei, die Bürger können ihre Vertreter auch an konkreten (Bau-)Vorhaben messen. Und auch die Volkspartei tritt in Niederösterreich nicht in türkis an, sondern klassisch schwarz.
Versucht man dieses Farbenspiel anzusprechen und eine bewusste Distanz zur Bundespartei zu thematisieren, wird – getreu Parteisprech – darauf verwiesen, dass die Volkspartei in Niederösterreich schon immer blau-gelb gewesen sei. Das mag bisher gestimmt haben, die blauen Flecken aber werden mehr.
Rekord an blauen Kandidaten
Als sicher gilt jedenfalls, dass die Freiheitlichen auch beim Rennen um die Ortsparlamente gut abschneiden werden. Die blaue Riege will sich hier zwar noch nicht im Detail in die Karten blicken lassen. Fix ist aber, dass man 2025 mit so vielen Kandidaten ins Rennen gehen wird, wie noch nie zuvor bei Gemeinderatswahlen.
Erklärtes Ziel der FPÖ um Udo Landbauer wird es sein, endlich den ersten blauen Bürgermeister im Land zu stellen. In Summe wird man die Volkspartei in Niederösterreich auch in den Gemeinden nicht überholen können, doch jeder „blaue Tupfen“ ist ein Nadelstich ins Herz der Schwarzen.
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