FPÖ hält sich zurück

Kommt jetzt die Koalition, die Sie sich wünschen?

Nationalratswahl
02.10.2024 05:57

Die Koalition, die Sie sich wünschen und nicht die Parteien. ÖVP, SPÖ und NEOS verhandeln eine Regierung, die nicht Ampelkoalition heißen darf. Die FPÖ wartet einfach ab. Vermutlich sehr lange.

Die Wundertüte. Sie ist nicht nur eine wenig charmante Bezeichnung Hans Peter Doskozils für Andreas Babler. Sie ist leider auch unsere Stimme bei der Nationalratswahl. Wir wissen zwar genau, welche Partei wir wählen. Wir wissen aber nicht, welche Partei wir in der Regierung noch dazubekommen.

Van der Bellen lehnt Kickl ab
Eine Koalition können wir uns nicht aussuchen, wir können sie nicht wählen. Wir haben bestenfalls den Bundespräsidenten gewählt, der sie mitbestimmt, aber fast die Hälfte der Wählerinnen hat das nicht.

Der amtierende Alexander Van der Bellen versucht gerade alles, einen sogenannten Regierungsauftrag an Herbert Kickl zu verhindern, den die Verfassung tatsächlich gar nicht kennt. Van der Bellen lehnt Kickl als Kanzlerwerber nicht nur inhaltlich ab, sondern als Person.

Vor schwierigen Entscheidungen: Alexander Van der Bellen (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Vor schwierigen Entscheidungen: Alexander Van der Bellen

Es war Van der Bellen, der auf Druck von Sebastian Kurz als erstes Staatsoberhaupt der 2. Republik einen Minister entließ: Herbert Kickl. Das macht es für ihn nicht leicht, Kickl zum Regierungsbeauftragten zu erklären.

Dass ausgerechnet Karl Nehammer fordert, Van der Bellen möge Kickl den Auftrag geben, obwohl er, Nehammer, nicht mit Kickl regieren will, klingt nur unlogisch. Nehammer argumentiert taktisch: Kickl soll scheitern und nicht sagen können, das politische Elitensystem habe ihn ausgeschlossen.

Quo vadis, Österreich? (Bild: Krone KREATIV)
Quo vadis, Österreich?

Blau-Türkis ist derzeit nicht wahrscheinlich, obwohl sie eine satte Regierungsmehrheit hätten. Weder wird Kickl für Nehammer weichen, noch dieser seine Festlegung aufgeben. In der FPÖ hofft man daher auf lange Verhandlungen von ÖVP und SPÖ, möglicherweise plus NEOS.

Blaue Hoffnung auf Umdenken
Währenddessen könnten zwei massive Niederlagen bei den Landtagswahlen in Vorarlberg (nicht wahrscheinlich) und der Steiermark (wahrscheinlich) ein Umdenken in den ÖVP-Ländern und an der Bundesspitze auslösen. In Richtung FPÖ. Notfalls ohne Nehammer.

Dabei war der heimliche Lieblingskoalitionspartner der FPÖ immer die SPÖ, der man sich wegen der schlechten Erfahrung an der Seite der ÖVP fast verbunden fühlte. Doch die SPÖ hat das seit Franz Vranitzky ausgeschlossen, zarte oder strategische Annäherungen wie etwa unter Alfred Gusenbauer oder im U-Ausschuss gegen die ÖVP sind unter Andreas Babler ausgeschlossen.

Bleibt die Rückkehr zur einst ungeliebten Großen Koalition, die streng genommen eine Kleine Koalition werden würde, nur eine Stimme Überhang macht das Konstrukt leicht erpressbar und instabil. Trotzdem wäre die Regierungskoordination, wie jeder mit Beziehungserfahrung weiß, einfacher als zu dritt.

Ein Bündnis der Mitte, das die Breite abdeckt 
Diese Zuckerlkoalition aus Türkisen, Roten und Pinken müsste und dürfte sich nun zusammenraufen, Knackpunkte sind notwendige Sparmaßnahmen wie eine Pensionsreform und die Einführung von Vermögens- oder Erbschaftssteuern. Im Gegensatz zur deutschen Chaos-Ampelkoalition und einer Rechtsregierung wäre sie ein klares politisches Bündnis der Mitte, nicht nur links, nicht nur rechts. Sondern der Breite Österreichs.

Unter stimme@kronenzeitung.at rufen wir die „Krone“-Leser auf, ihre Präferenz für eine Koalition zu deponieren und zu begründen. Wir werden diese Festlegungen, die Politiker im Wahlkampf meist scheuen, veröffentlichen.

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