Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Mittwoch vorerst noch keinen Auftrag zu einer Regierungsbildung erteilt. Er erwartet sich, dass die Chefs der drei stimmenstärksten Parteien, FPÖ, ÖVP und SPÖ, „verlässlich klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre“. Am Nachmittag hat sich FPÖ-Chef Herbert Kickl erstmals dazu geäußert. Wer mit einem Rundumschlag gerechnet hatte, der irrt jedoch.
Anders als sich viele Beobachter erwartet hatten, verlor Kickl in einer ersten Stellungnahme kein böses Wort über das Staatsoberhaupt. – oder über die anderen Parteichefs.
Kickl will „stabile Regierung auf Basis des Wählerwillens“
Der FPÖ-Chef teilte via Aussendung vielmehr mit, dass er in Umsetzung des Wahlergebnisses vom 29. September und im Interesse der Bevölkerung Gespräche führen werde, „um eine stabile Bundesregierung auf Basis des Wählerwillens zu bilden“.
Kickl sucht nun das Gespräch mit Nehammer und Babler
Der blaue Frontmann habe mit seinen Parteifreunden die Stellungnahme des Bundespräsidenten mit großem Interesse verfolgt. Kickl: „Als Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei und des klaren Wahlsiegers FPÖ werde ich daher jeweils Gesprächstermine mit den Obleuten der zweitplatzierten ÖVP und der drittplatzierten SPÖ koordinieren.“
Ich werde Gesprächstermine mit den Obleuten der zweitplatzierten ÖVP und der drittplatzierten SPÖ koordinieren.
FPÖ-Chef Herbert Kickl
Der FPÖ-Chef ergänzte, dass er diesen Schritt bisher aus Rücksichtnahme auf die Usancen im Vorfeld vergangener Regierungsbildungen noch nicht gesetzt habe.
Blaue Landeschefs mit scharfer Kritik an VdB
Klare Kritik kam hingegen aus der Tiroler FPÖ. Van der Bellen agiere hier „ganz klar nicht als unabhängiger Bundespräsident. Er spielt auf Zeit“, schrieb Landesparteichef Markus Abwerzger auf X.
Ebenfalls unzufrieden äußerte sich Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi. „Es gab bei der Nationalratswahl eine Partei, die klar stärkste Partei wurde. Wir haben uns erwartet, dass der Bundespräsident uns diesen Regierungsauftrag gibt“, stellte er fest. Man wolle zunächst wohl die Vorarlberger Landtagswahl am Sonntag (13. Oktober) abwarten. Er sei sich sicher, dass es in der nächsten Woche auch „den Versuch einer Koalition gegen die Freiheitlichen gibt“, so Bitschi gegenüber ORF Radio Vorarlberg.
Van der Bellen gibt Parteichefs bis Ende der kommenden Woche Zeit
Van der Bellen gibt den drei Parteichefs Herbert Kickl (FPÖ), Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) bis Ende der kommenden Woche Zeit, um ihre Gespräche zu führen. Dann will der Bundespräsident sie einladen, um vom Ergebnis der Gespräche zu erfahren.
„Unüblicher Fall“
Dass der Vorsitzende der stimmenstärksten Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung erhält, ist zwar Usus, aber nicht in der Verfassung festgeschrieben. Die Notwendigkeit einer neuen Vorgangsweise begründete Van der Bellen damit, dass ein „unüblicher Fall“ eingetreten sei – nämlich, dass es mit der FPÖ einen Wahlsieger gebe, mit dem offenbar keine der anderen Parteien regieren wolle: „Meine Damen und Herren, eine klassische Pattsituation.“
Babler gesprächsbereit, aber schließt Koalition mit FPÖ aus
„Selbstverständlich respektiere ich den Auftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und stehe bereit für Gespräche mit Karl Nehammer und Herbert Kickl. Wir werden das weitere Vorgehen abstimmen“, schrieb SPÖ-Chef Andreas Babler auf X. Und gleichzeitig betonte er: „Eine Koalition mit der FPÖ ist ausgeschlossen.“
Aus der ÖVP hieß es, dass man „den Auftrag des Bundespräsidenten ernst nimmt und für Gespräche bereitsteht“. Näher äußern will sich die Kanzlerpartei nach eigenen Angaben am Donnerstag.
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