Ex-EuGH-Richterin:

Afghaninnen-Urteil wird keinen Ansturm auslösen

Außenpolitik
10.10.2024 10:51

Alle Afghaninnen haben in Europa ein Recht auf Asyl. Zu diesem Urteil ist in der Vorwoche der Gerichtshof der Europäischen Union. Experten sehen im EuGH-Urteil weitreichende Folgen für die Migrationspolitik. Sie werfen dem EuGH vor, den Regierungen die Mittel zur Steuerung der Migration zu nehmen. Schlepper müssten nur noch schauen, dass sie Frauen in einen EU-Staat bringen. Dem widerspricht die frühere EuGH-Richterin Maria Berger vehement.

Der Wegfall der Einzelfallprüfungen sei eine Erleichterung für die Asylbehörden und werde keinen Pull-Effekt auslösen, betont die ehemalige österreichische Justizministerin und untermauert ihre Einschätzung: „Es wurde seit zwei Jahren keine Frau (aus Afghanistan) mehr abgelehnt in Österreich.“ Zudem werden in der ganzen EU lediglich 1000 Asylanträge von Afghaninnen gestellt.

Die frühere EuGH-Richterin Maria Berger (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Die frühere EuGH-Richterin Maria Berger

Die Forderung nach einem „Wandel“ in der Judikatur des EuGH, wie es unter anderem NEOS-Politikerin Irmgard Griss fordert, kann Berger nicht nachvollziehen: „Gerade aus Anlass dieses Urteils von einem Judikaturwandel zu sprechen, verstehe ich überhaupt nicht.“ Schließlich kämen die nationalen Asylbehörden bei Afghaninnen durchwegs „zum gleichen Ergebnis“.

Streitfall in Österreich als Auslöser

Das EuGH-Urteil war vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof erwirkt worden, also der Berufungsinstanz des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Es ging um zwei Frauen, denen die österreichischen Behörden den Flüchtlingsstatus zuerkannt haben. Dem EuGH-Urteil kommt im konkreten Fall keine Entscheidungsfunktion zu. Das EU-Höchstgericht gibt nur seine Einschätzung zu dem Fall ab. Das Urteil wird vom anfragenden Gericht, also im konkreten Fall dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH), gefällt.

Automatischer Schutz bereits in Schweden und Finnland
Länder wie Schweden und Finnland seien daher schon vor zwei Jahren von Einzelfallprüfungen abgegangen und gewährten Afghaninnen automatisch Schutz. In den beiden Ländern seien die Asylanträge von Afghaninnen seitdem nicht gestiegen. Deshalb werde es auch infolge des EuGH-Urteils keinen Anstieg geben, erwartet die frühere Justizministerin. Was den Familiennachzug betrifft, so sei dieser auf die Kernfamilie – also Kinder und Ehemann – beschränkt, ergänzt das langjährige SPÖ-Mitglied.

Die Ankündigung des Innenministeriums, auch nach dem EuGH-Urteil bei Einzelfallprüfungen zu bleiben, qualifiziert Berger als „fortgesetzten Wahlkampf“. Schließlich sei nach dem Spruch der EU-Höchstrichter eigentlich der Verwaltungsgerichtshof am Wort, die Berufungsinstanz des zum Innenministerium gehörenden Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). 

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