In Vorarlberg wird nicht gepokert, sondern „gejasst“. Beim Koalititionsjass hat die FPÖ um Christof Bitschi die besten Karten. In diese wollte sich Landeshauptmann Markus Wallner aber noch nicht blicken lassen und lud am Dienstag erst einmal die „Obersten“ aller vier im Landtag vertretenen Parteien zum Sondierungsgespräch ein.
Das Herz von „König Markus“ hat der blaue Ober Christof Bitschi zwar nicht im Sturm erobert, doch das erste Vieraugengespräch dauerte dann doch über eine Stunde. „Es war ein sehr offener Austausch mit Landeshauptmann Markus Wallner“, hieß es seitens der Freiheitlichen. Ob weitere Verhandlungen geführt werden und wer dann seitens der FPÖ am Start sein wird, werde man kundtun, sobald sich Wallner entschieden habe.
In Sachen Mitgift für vieles offen präsentierte sich das Grünen-Duo gleich im Anschluss. „Wir hatten ein sachliches und konstruktives Gespräch – in gewohnt professioneller Manier, von der auch die Zusammenarbeit der letzten Jahre gekennzeichnet war“, rührte der grüne Ober Daniel Zadra die Werbetrommel für eine Neuauflage der politischen Ehe. Ganz billig wollen sich die Grünen aber doch nicht hergeben. „Wir sind für ernsthafte Verhandlungen, aber nicht um jeden Preis“, betonte Eva Hammerer. Für Mario Leiter (SPÖ) und Claudia Gamon (NEOS) war der Besuch bei „König Markus“ indes mehr Show als Brautschau.
Theoretisch wären drei Koalitionsvarianten möglich, realistisch ist aber nur eine. Der Überblick:
Die FPÖ hat die besten Karten
Am Rande der Majestätsbeleidigung bewegte sich der blaue „Ober“ während der jüngsten Legislaturperiode immer mal wieder: Lautstark vertrat der Anführer der Freiheitlichen, Christof Bitschi, seine Sicht der Dinge – oftmals auch zum Missfallen des Landeshauptmanns. Während „König Markus“ eine Weile benötigte, um sich mit der Idee einer schwarz-blauen Koalition anzufreunden, vollzogen seine beiden Landesräte für Wirtschaft und Sicherheit den fliegenden Koalitionswechsel eigentlich bereits während der laufenden Legislaturperiode. Sowohl Marco Tittler als auch Christian Gantner tauschten sich am Rande der Landtagssitzungen immer wieder mal mit Christof Bitschi aus und hatten dabei einiges zu lachen.
Bezüglich der Aufnahme des blauen Obers in den erlauchten Kreis dürfte diesem auch zugutekommen, dass die Schnittmenge bei vielen politischen Themen (Familie, Sicherheit, Wirtschaft und Verkehr) eine größere ist als bei seinen Vorgängern. Das Füttern von Klimademonstranten und Gegnern des Feldkircher Stadttunnels mit Kaffee und Kuchen dürften Bitschi und seine Mitstreiter vermutlich auch in Zukunft unterlassen. Damit würden sie – im Gegensatz zu den Grünen – bei der ÖVP wohlgelitten sein. Weitere Trümpfe hält Bitschi zudem in Sachen Wirtschaft in der Hand: Bereits am Wahlabend hatten sich die Bosse von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung ziemlich deutlich für eine schwarz-blaue Koalition ausgesprochen. Will er keine Palastrevolution heraufbeschwören, wird sich auch „König Markus“ nach den Wünschen seiner wichtigsten „Einflüsterer“ richten. Fazit: ÖVP und FPÖ müssen sich eigentlich nur mehr über die Zahl der blauen Regierungssitze und die Ressort-Verteilung einig werden.
Die Grünen haben keine Trümpfe in der Hand
Seitdem „Laub-König Johannes“ das Ländle verlassen hat, ist den Grünen der beste Trumpf im Koalitionspoker abhandengekommen. „Noch-Gesundheitsminister“ Johannes Rauch verstand es, den großen Koalitionspartner um „König Markus“ nicht zu verärgern und das Blatt nicht zu überreizen. Das gelang Nachfolger Daniel Zadra nicht. Im Gegenteil: Der „Laub-Ober“ schaffte es im Duett mit Klubobfrau Eva Hammerer immer wieder, den Schwarzen die Zornesröte ins Gesicht zu treiben. Falsches Spiel warf die ÖVP den Grünen nicht nur vor, als Zadra ihren „König Markus“ bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anschwärzte.
Und auch Hammerer und ihre MitstreiterInnen verspielten ihre guten Karten nach und nach, wirkten im Landtag wie eine Oppositionspartei. Die Wahrscheinlichkeit von Schwarz-Grün tendiert folglich gegen null. Eine Neuauflage dürfte sich vermutlich selbst dann nicht ausgehen, wenn die Grünen nur mehr den Landesrat für „Fahrradwege in Röns“ stellen und gleichzeitig jeden Tag die Umsetzung des Feldkircher Stadttunnels bejubeln würden.
Keine „Zuckerlkoalition“ mit ÖVP, SPÖ und NEOS
Die „Zuckerlkoalition“ auf Landesebene mag sich zwar rechnerisch ausgehen, doch der Traum vom Regieren ist für SPÖ und NEOS nach dem ernüchternden Ergebnis am Sonntag ausgeträumt. Sowohl Mario Leiter als auch Claudia Gamon ließen noch am Sonntag wissen, dass sie sich auf die Oppositionsarbeit im Landtag konzentrieren wollen. Die Erwartungen des Bludenzers vor dem Vieraugengespräch mit dem Landeshauptmann glichen folglich jenen eines Schülers, der bereits vor der Zeugnisverteilung weiß, dass er nicht in die nächste Klasse aufrücken wird. „Ich habe überlegt, ob ich überhaupt hingehen soll“, tat Leiter bereits im Vorfeld kund.
Ähnlich nüchtern ging es NEOS-Sprecherin Claudia Gamon (NEOS) an. Ihre Erwartungen für das Gespräch mit Markus Wallner drückte sie mit einem Wort aus: „Keine!“
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