Wieder abgeschottet?

FPÖ-Erfolg: „Kopfzerbrechen“ bei Geheimdiensten

Innenpolitik
16.10.2024 08:22

Der Wahlsieg der FPÖ bei der Nationalratswahl bereitet den verbündeten Nachrichtendiensten „neues Kopfzerbrechen“. Sorgte die letzte Regierungsbeteiligung der FPÖ samt BVT-Skandal um den damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) dafür, dass Österreich von anderen Geheimdiensten abgeschottet wurde, droht erneut ein ähnliches Szenario. 

Das schrieb das auf Geheimdienste spezialisierte Onlineportal „Intelligence Online“ unlängst. „Es gibt diese Bedenken, das wurde von mehreren Seiten kolportiert“, bestätigt der Sicherheitspolitikexperte Nicolas Stockhammer. „Das Misstrauen gegenüber einer möglichen Regierungsbeteiligung der FPÖ ist insofern nachvollziehbar, als dass es 2018 die große BVT-Razzia gegeben hat, wo auch vertrauliche Daten von befreundeten Diensten Gegenstand von Gerichtsverhandlungen oder Ermittlungen geworden sind“, sagt der Terror- und Extremismusforscher der Donau-Uni Krems.

Nähe zu Russland Geheimdiensten ein Dorn im Auge
Ein zweiter Faktor sei die manchen Teilen der FPÖ nachgesagte „Affinität zu Russland“, sodass die Befürchtung bestehe, dass sensible Informationen mit Bezug zu Russland und den Ukraine-Krieg durchsickern oder sich Personen als „Erfüllungsgehilfen des Kreml“ einspannen lassen könnten. Freilich bestehe die Möglichkeit, dass sich die Partei „klar abgrenzt und nachweist, dass diese Bedenken nicht gerechtfertigt sind“. Beim Berner Club, dem informellen Zusammenschluss europäischer Nachrichtendienste, funktioniere „alles auf Vertrauensbasis“.

Insbesondere der FPÖ-Vertrag mit Putins Partei bereitete internationalen Partnern bereits Kopfzerbrechen – 2016 reiste eine Parteidelegation nach Moskau:

Alles eine Sache des Vertrauens
Eine FPÖ-Regierungsbeteiligung sei zwar dem „Vertrauen nicht förderlich“, dass es aber erneut zu einem Bruch mit dem Berner Club wie 2018/2019 kommt, glaubt der Schweizer Geheimdienstexperte Adrian Hänni nicht. Der Historiker vom Institut für Zeitgeschichte in München sieht die Situation Österreichs aktuell „nicht ganz so dramatisch.“ Die Zusammenarbeit der Geheimdienste erfolge in Gremien, „wo man keine politischen Signale setzt“. Das einzige Kriterium sei, „ob man dem anderen traut, dass die Informationen sicher sind“.

Österreich bemüht, Vertrauen zurückzugewinnen
Hier sieht Hänni „eine ganz andere Ausgangslage“ als nach der Razzia im früheren Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Jahr 2018. Die darauffolgende Sicherheitsüberprüfung durch den Berner Club habe damals „horrende Sicherheitsmängel“ im Verfassungsschutz zum Vorschein gebracht. Hinzu kam, dass die amerikanischen Dienste schon 2017 wussten, dass es ein Leck im BVT gab, spricht Hänni die Causa Egisto Ott an.

Mittlerweile seien die Sicherheitsmängel „wohl weitestgehend behoben“. Auch durch die Neuaufstellung des Staatsschutzes in der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) sei viel Vertrauen zurückgewonnen worden, ergänzt Stockhammer.

Informationen zu russischen Schläfern vorbehalten
In der Geheimdienstzusammenarbeit des Berner Clubs, dem die 27 EU-Staaten plus die Schweiz und Norwegen angehören, gibt es laut Hänni „Abstufungen, welche Informationen geteilt werden und welche nicht“. Schon heute dürfte Österreich „nicht vollständig eingeschlossen“ sein. So würden etwa nicht alle Informationen über russische Spione und Methoden von „russischen Schläfern“ sowie sensitive Fragen zu Russland oder dem Krieg in der Ukraine Österreich zur Verfügung gestellt, vermutet der Experte.

Dass künftig „noch weniger Informationen geteilt werden, ist durchaus möglich“. Auch Verzögerungen bei der Informationsweitergabe seien denkbar.

Auf Hilfe von außen angewiesen
Österreich sei von internationalen Kooperationen im nachrichtendienstlichen Bereich „abhängig“, betont Stockhammer. So sei Österreich etwa beim Zugriff auf geschlossene Messengerdienst-Kommunikation oder auch bei der Unterminierung von Onlinediensten wie etwa Telegram auf „Hilfe von außen“ angewiesen.

Gezeigt habe sich das beispielsweise bei Warnungen vor möglichen Anschlagsversuchen auf die Regenbogenparade im Vorjahr und den Stephansdom rund um Weihnachten sowie das Taylor-Swift-Konzert im August. „Bei allen drei Beispielen haben Informationen von befreundeten Nachrichtendiensten dazu geführt, dass man im Vorfeld diese Terroranschlagsvorhaben unterbinden konnte“, erklärte Stockhammer.

Terrorwarnungen aber wohl in jedem Fall
Sowohl Hänni als auch Stockhammer sind überzeugt, dass Österreich solche Gefahrenmeldungen in jedem Fall auch weiter bekommen würde. Im Bereich Terrorismus, radikalisierte Gefährder, Austausch über Methoden der Terrorismus- und Extremismusbekämpfung werde man Österreich „nicht ausschließen“, erwartet der Schweizer Experte. Vor bevorstehenden Terroranschlägen werden selbst „Gegner“ gewarnt. Stockhammer erinnert an die Warnung der USA vor dem Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City Hall in einem Vorort von Moskau im März. Nur Russland nahm die Warnung anscheinend nicht ernst.

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