Debatte nach Wahl

E-Voting bedeutet mehr statt weniger Aufwand

Politik
18.10.2024 18:00

Immer mehr Menschen wählen per Brief. Das macht den Gemeinden, die die Urnengänge abwickeln, mittlerweile zu schaffen. Der Gemeindebund fordert zur Entlastung der Wahlbehörden, die Einführung von elektronischen Wahlen. So einfach ist die Sache allerdings nicht.

Die Einführung von E-Voting würde bedeuten, dass das als zusätzliche Wahlmöglichkeit zur normalen Wahl in der Kabine und Briefwahl dazukommt. Damit gebe es drei statt zwei Wege zur Wahl. Von den vielen ungeklärten Sicherheitsfragen abgesehen, wird es wahrscheinlich in jeder Gemeinde Geräte brauchen für Leute, die keinen Computer oder Smartphone haben. Das würde mehr Bürokratie und mehr Kosten bedeuten.

Briefwahl verursacht immer mehr Aufwand
Dabei stöhnen die Gemeinden jetzt schon: Bei der vergangenen Nationalratswahl wurden 1,44 Millionen Wahlkarten ausgestellt. Allein der Versand koste hochgerechnet rund 11,5 Millionen an Porto, dazu kommt ein Personalaufwand von rund 4,5 Millionen. Der Gemeindebund will das Digitalisierungspotenzial bei Wahlen heben, zum Beispiel bei der einheitlichen Eingabe der Wahldaten.

Als Vorbild nennt Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl Volksbegehren, die jetzt schon 80 Prozent der Unterstützungserklärungen und Unterschriften über die ID Austria abgegeben. „Dieses System funktioniert und ist abgesichert.“ In Estland würden heute schon rund 60 Prozent per E-Voting abstimmen, der Rest wählt in der Wahlkabine.

Immer mehr Menschen sparen sich den Weg zum Lokal am Sonntag (Bild: APA/DIETMAR STIPLOVSEK)
Immer mehr Menschen sparen sich den Weg zum Lokal am Sonntag

In der Verfassung ist die Briefwahl in Österreich explizit als Ausnahme von der Wahl im Lokal festgelegt. Das bedeutet, dass E-Voting auf die gleiche Art und Weise in der Verfassung festgelegt werden müsste. Sie würde als zusätzliches Element dazukommen und nicht die anderen zur Gänze ersetzen. Das bedeutet am Ende mehr und nicht weniger Aufwand – außer die Briefwahl wird durch E-Voting ersetzt. Das fordert so aber bisher keiner. Rechtlich gesehen bräuchte es eine Verfassungsänderung und damit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat. Um Manipulation auszuschließen, müssten „wahnsinnig viele technische Fragen gelöst werden“, sagten Experten aus dem Innenministerium. Mit einer Einführung ist absehbarer Zukunft also nicht zu rechnen.

Elektronische ÖH-Wahl 2009 wurde durch Höchstgericht aufgehoben
Das größte Problem bei elektronischen Wahlen sind jedenfalls Sicherheitsfragen. Das zeigte 2011 die Aufhebung der Wahl zur Hochschülerschaft (ÖH) 2009 durch den Verfassungsgerichtshof. Der VfGH stellte unter anderem fest, dass nicht präzise genug geregelt war, wie und mit welchen Mitteln sowie unter welchen Kriterien die Wahlkommission überprüfen kann, ob das System fehlerlos funktioniert hat.

Beim derzeitigen Stand der Technologie sei E-Voting schwer bis unmöglich durchzuführen. Wenn man eine elektronische Wahl durchführen möchte, müssten entsprechende Anforderungen erfüllt werden. „Das war nicht gegeben“, meinte der damalige VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Er räumte ein, dass bei jeder Wahl Fehler passieren könnten. Beim E-Voting könnten Fehler und Manipulationen allerdings schwerer zu erkennen sein als bei einer Papierwahl. Die Wahlordnung müsse jedoch gewährleisten, dass die Durchführung einer Wahl von jedem nachvollziehbar und auch für die Wahlbehörde überprüfbar ist.

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