In Sachen Emanzipation hat unsere Politik noch ordentlich Nachholbedarf. So ist der Frauenanteil im neuen Nationalrat nicht nur gering – er ist im Vergleich zur vorherigen Zusammensetzung noch einmal ordentlich gesunken. Besonders wenige Frauen gibt es in den Reihen der FPÖ – nicht einmal ein Viertel (23 Prozent) ihrer Abgeordneten sind weiblich.
Mit der Angelobung am Donnerstag wird der Frauenanteil im Nationalrat erstmals seit 2008 wieder sinken. Zwar ist es immer noch der zweithöchste Frauenanteil eines neu gewählten Parlaments seit 1945. Mit 36 Prozent sind es aber deutlich weniger weibliche Abgeordnete als zum Ende der vorigen Amtsperiode (41 Prozent). 66 der 183 Abgeordneten sind Frauen, davor waren es 75. Grund für den Rückgang ist vorwiegend die FPÖ.
Kickl wollte keine „männerdominierte“ Partei
Die Freiheitlichen haben im neu gewählten Nationalrat damit einmal mehr den niedrigsten Anteil an weiblichen Abgeordneten. Dabei hatte FP-Chef Herbert Kickl im Wahlkampf noch erklärt, dass das erstmals angewandte „Reißverschlusssystem“, mit dem sich Männer und Frauen auf der Bundesliste abwechseln, Abhilfe schaffen würde. „Das Vorurteil, die FPÖ sei eine männerdominierte Partei, ist mit dieser Bundesliste endgültig Geschichte“, wurde Kickl in einer Aussendung zitiert.
FPÖ-Struktur bevorzugte Männer
Tatsächlich schickt die FPÖ nun aber lediglich 13 Frauen in den Nationalrat. Das entspricht bei insgesamt 57 blauen Abgeordneten nur 23 Prozent. Wie das möglich ist? Über die gendergerecht gestaltete Bundesliste ziehen nur neun Abgeordnete ins Parlament ein. Die meisten blauen Mandatare wurden aber in den Regionalwahlkreisen gewählt. Und dort hat die Partei vorwiegend männliche Spitzenkandidaten aufgestellt. Dementsprechend gehen dort die meisten Mandate an Männer. Dennoch bedeutet sogar dieser geringe Anteil für die FPÖ noch einen Anstieg. Zuletzt waren nur vier von 30 Abgeordneten Frauen (also 13 Prozent).
Interne Umreihungen drücken Anteil auch bei ÖVP
Die ÖVP stellt nach empfindlichen Mandatsverlusten bei der Nationalratswahl 19 Frauen bei insgesamt 51 Abgeordneten. Das entspricht 37 Prozent und ist ein leichter Rückgang gegenüber dem alten Parlament (39 Prozent). Dabei wäre bei der ÖVP eigentlich sogar ein Anstieg des Frauenanteils möglich gewesen. Denn laut dem Wahlergebnis hätte die ÖVP 21 weibliche Abgeordnete gestellt. Erst interne Umreihungen und Mandatsverzichte haben die Zahl der Frauen im ÖVP-Klub nun auf 19 gesenkt.
Nur Grüne Frauen kommen über 50 Prozent
Bei der SPÖ sind 17 von 41 Abgeordneten Frauen. Der Frauenanteil liegt mit 41 Prozent also knapp über dem vom Parteistatut vorgegebenen Mindestanteil. Bei den NEOS sind es 44 Prozent (acht von 18). Den höchsten Frauenanteil haben die Grünen: neun Frauen bei 16 Abgeordneten, das entspricht 56 Prozent.
Trend ging zuletzt noch in die Gegenrichtung
In den vergangenen Jahrzehnten ist der Frauenanteil im Nationalrat langsam, aber beständig gestiegen: War Mitte der 1980er-Jahre nur ein Zehntel der Abgeordneten weiblich, war es 1996 schon ein Viertel und 2002 erstmals ein Drittel. Dann folgte aber ein Knick: Nach den Wahlen 2006 und 2008 fiel der Frauenanteil zuerst auf 31 und dann auf 27 Prozent zurück. Angestiegen ist er erst ab 2019 wieder – auf 39 Prozent. Durch spätere Zu- und Abgänge ist dieser Anteil dann zum Schluss der nun zu Ende gehenden Amtsperiode auf knapp 41 Prozent geklettert.
Nun erfolgt wieder ein Rückgang auf 36 Prozent. Möglich ist allerdings, dass der Frauenanteil nach der Regierungsbildung noch steigt: Sollte die ÖVP eine Regierung bilden, könnte auf der Bundesliste zumindest eine Frau für einen Mann nachrücken. Selbiges wäre bei der SPÖ zu erwarten.
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