ÖVP und SPÖ haben am Freitag die Sondierungsgespräche für eine neue Bundesregierung gestartet. Zuvor rechtfertigte ÖVP-Chef Karl Nehammer in einem Pressestatement noch einmal seinen erhaltenen Auftrag, eine Regierung zu bilden – mit einem Seitenhieb auf FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Nehammer habe laut eigener Aussage gemerkt, dass die Vergabe für Aufregung gesorgt hatte.
Nehammer wollte, dass Kickls FPÖ zuerst Auftrag erhält
„Ich selbst habe unmittelbar nach der Wahl vorgeschlagen und gefordert, dass die stimmenstärkste Partei den Auftrag erhalten soll. Der Bundespräsident hat sich anders entschieden, weil Herbert Kickl in den Gesprächen mit ÖVP und SPÖ keine tragfähige Mehrheit gefunden hat. Das bedeutet, Herbert Kickl ist gescheitert“, betonte der ÖVP-Parteichef.
Ich selbst habe unmittelbar nach der Wahl vorgeschlagen und gefordert, dass die stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten soll. Der Bundespräsident hat sich anders entschieden.
ÖVP-Chef Karl Nehammer
„Die radikalen Kräfte haben sich aus dem Spiel genommen“
Dem Bundeskanzler war es wichtig, diese Dinge noch vor den Sondierungsgesprächen mit der SPÖ klarzustellen. Österreich brauche nun eine Regierung, die eine stabile Mehrheit hat, um die großen Fragen zu lösen. „Fakt ist, die radikalen Kräfte haben sich selbst aus dem Spiel genommen“, so Nehammer. Nun möchte er alle Österreicher mitnehmen, auch jene, die am 29. September nicht die ÖVP gewählt haben.
Scharfe Kritik an angekündigten Demos am 9. November
Zudem verurteilte Nehammer die angekündigte Demos rechter Gruppierungen, die am 9. November unter dem Motto „Macht euch bereit“ gegen die „Verliererparteien“ protestieren wollen. Zur Erinnerung: Der 9. November ist der Jahrestag der November-Pogrome gegen Juden in Nazi-Deutschland im Jahr 1938. An jenem Tag wollen die Demonstranten nun vom Wiener Heldenplatz aus über die Ringstraße spazieren.
„Wofür machen sich die Menschen bereit, und wessen Wille geschieht hier?“, fragte Nehammer in Anspielung an den Slogan „Euer Wille geschehe“ der FPÖ im Nationalratswahlkampf, der offenbar auf das Vaterunser („dein Reich komme, dein Wille geschehe“) rekurrierte.
Wofür machen sich die Menschen bereit, und wessen Wille geschieht hier?
Nehammer kritisiert die angekündigten Demos am 9. November
„Schlag ins Gesicht des Rechtsstaates“
Für den ÖVP-Chef ist diese Demonstration „ein Schlag ins Gesicht“ des Rechtsstaates, der Demokratie, der Versammlungsfreiheit, der freien Gesellschaft und auch für die Angehörigen der Opfer dieser Prognome. Er zeigte sich zutiefst entsetzt. Deshalb fordere er und lade alle Parteien ein, sich von dieser Demonstration zu distanzieren.
ÖVP-SPÖ-Sondierungen: Diese Politiker werden verhandeln
Nach seinem Pressestatement trafen sich die Sondierungsteams von ÖVP und SPÖ kurz nach 11 Uhr im Wiener Palais Epstein nahe dem Parlament zur ersten Unterredung. Laut SPÖ-Chef Andreas Babler handle es sich um einen „ersten Austausch über die großen Herausforderungen“.
Begleitet wurde er von Frauenchefin Eva Maria Holzleitner, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures, Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder und Vize-Klubchef Philip Kucher.
Die ÖVP stellt sich mit Nehammer, Generalsekretär Christian Stocker, dem geschäftsführenden Klubobmann August Wöginger, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Staatssekretärin Claudia Plakolm auf.
Nehammer spricht auch mit Meinl-Reisinger und Kogler
Nehammer hat im Anschluss ans Treffen mit dem SPÖ-Team noch Einzeltermine mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler vor sich. Geplant ist ja, eine der beiden Parteien noch hinzuzuziehen, da Türkis-Rot im Nationalrat nur ein Mandat Überhang hätte.
„Verhandlungen mit großer Ernsthaftigkeit und Redlichkeit führen“
Der ÖVP-Chef wolle die Regierungsverhandlungen mit großer Ernsthaftigkeit und Redlichkeit führen und Lösungen finden. Die besseren Karten als dritte Partei im Koalitionspoker haben die NEOS, denn in der ÖVP ist man nach fünf gemeinsamen Jahren auf die Grünen nicht mehr gut zu sprechen.
ÖVP und SPÖ trennen noch Welten
Entscheidet man sich tatsächlich für die NEOS, dürften diese wohl eher früher als später den Verhandlungen beigezogen werden, denn in der ÖVP erhofft man sich dadurch auch inhaltlichen Rückenwind für die türkis-schwarzen Anliegen – schließlich liegen ÖVP und SPÖ bei vielen Punkten doch eklatant auseinander. Programmatische Gräben gilt es vor allem in den Bereichen Steuern, Soziales, Bildung und Klimaschutz zu überwinden. Dazu kommt eine prekäre Budgetsituation, die eigentlich keine „Zuckerln“ für die eigene Klientel hergibt.
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