Menschen von nebenan

Nach 30 Jahren vom Banker zum Wirt

Wien
27.10.2024 11:00

30 Jahre lang war Gerhard Rauscher (53) im Finanzwesen tätig, bis er desillusioniert die Branche wechselte. Ob sich das gelohnt hat, erzählt er der „Krone“.

„Krone“: Herr Rauscher, wie kamen Sie zur Bank?
Gerhard Rauscher: Mit 15 Jahren wusste ich, dass ich arbeiten und Geld verdienen will. So war auch meine Erziehung, schon als Kind musste ich was tun für mein Taschengeld und dann auch damit auskommen. Mir war nur nicht klar, was ich machen will. Da mein Vater bereits Banker war, begann ich mit dieser Lehre.

Und die Karriere verlief erfolgreich?
Ja, ich stieg bereits mit 23 Jahren zum Filialleiter bei der damaligen Creditanstalt auf. Mit 27 Jahren war ich als Zentralbetriebsrat für 10.000 Mitarbeiter verantwortlich und habe die Fusion mit der Bank Austria bis 2002 auch als Aufsichtsrat maßgeblich begleitet. Danach war ich bis 2018 in vielen unterschiedlichen Geschäftsführerfunktionen tätig.

Wie war die Zeit als Betriebsrat während dieser großen Veränderung?
Ich habe die Fusionsphase vier Jahre lang begleitet. Man hat gesehen, dass Menschen und Traditionen auf der Strecke bleiben, selbst für den Kunden ändert sich einiges. Meine Aufgabe war es, die wirtschaftlichen Interessen der Bank und jene der Mitarbeiter in Gleichklang zu halten.

Gerhard Rauscher betreibt das Panigl in der Josefstädter Straße 91 und die Cantina Friulana (1., Bartensteingasse 3). Seine Leidenschaft für Friaul hat er so zum Beruf gemacht. (Bild: privat)
Gerhard Rauscher betreibt das Panigl in der Josefstädter Straße 91 und die Cantina Friulana (1., Bartensteingasse 3). Seine Leidenschaft für Friaul hat er so zum Beruf gemacht.

Ist Ihnen das gelungen?
Der Druck und der Stress waren enorm. Ich habe Schicksale gesehen, die subjektiv für den Betroffenen dramatisch waren. Objektiv aus der Vogelperspektive betrachtet, ist es jedoch in einem humanen Umfeld passiert. Im Gegensatz etwa zum Handel gab es großzügige Abfindungen. Dafür habe ich gekämpft und mich eingesetzt.

Dennoch haben Sie die Branche schließlich verlassen.
Ich war viele, viele Jahre glücklich, aber dann nicht mehr. Mit 48 Jahren habe ich den Absprung geschafft. Rückblickend war das aber zu spät.

Warum die Gastronomie?
Ich habe den damaligen Betreiber der Cantina Friulana beim Rathaus kennengelernt und dadurch meine Liebe zur Region Friaul in Italien entdeckt. Meinen Urlaub habe ich verwendet, um im Betrieb zu arbeiten. 2018 habe ich schließlich die Konzessionsprüfung für Gastronomie gemacht und das Lokal übernommen. Mittlerweile betreibe ich auch das Panigl in der Josefstadt.

Vom Banker zum Wirt – gab es einen Kulturschock?
Ich bin in viele Fallen getappt, die man sich im Bankwesen nicht vorstellen kann. Etwa dass Vereinbarungen von Lieferanten nicht eingehalten werden. Ich musste lernen, bei allem stark dahinter zu sein und immer einen Plan B zu haben.

Haben Sie den Wechsel jemals bereut?
Wirtschaftlich wäre es einfacher, wäre ich in der Bank geblieben. Aber im Großen und Ganzen ist es ganz klar: Nein. Man muss aber auch so ehrlich sein, dass es relativ entspannter ist, wenn man bereits einen gewissen finanziellen Hintergrund geschaffen hat, als von Null auf zu beginnen.

Was haben Sie in der Gastronomie gelernt?
Dass man alle großen und kleinen Katastrophen irgendwie managen kann. Dieser Glaube hilft auch im Leben enorm, dass es immer irgendwie geht.

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