Österreichs neuer freiheitlicher Nationalratspräsident Walter Rosenkranz hat am Donnerstag bekanntlich als ersten internationalen Gast Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán empfangen. Harsche Kritik war da bereits vorprogrammiert (und wohl auch recht willkommen). Mit FPÖ-Chef Herbert Kickl wurde dann aber auch noch ein Kooperationsvertrag unterzeichnet – und nicht nur das sorgte zusätzlich für Empörung.
In allen Ehren – inklusive roten Teppichs – empfangen vom frisch gebackenen Nationalratspräsidenten Rosenkranz, dessen FPÖ ein inniges Verhältnis zu seiner Partei pflegt: Ungarns Orbán ritt spektakulär in Wien ein.
Viele sehen Provokation
Der erste internationale Gast für Rosenkranz ist für viele eine Provokation. Ein Gegner der liberalen Demokratie sei er, so Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen. „Das Signal ist fatal.“
„Wer Orbán zum Vorbild hat, schadet dem Land und den Leuten. Kickl und Co. demonstrieren einmal mehr, dass sie Österreich abschotten und unser Land orbánisieren wollen“, sagte auch SPÖ-Chef Andreas Babler.
Andere Parteien waren nicht geladen
Dass ein Nationalratspräsident ausländische Staatsgäste empfängt, ist Routine. Dass aber die Delegation des Parlamentschefs nur aus FPÖ-Abgeordneten besteht, ist unüblich. So saßen neben Rosenkranz FPÖ-Chef Kickl, Generalsekretär Christian Hafenecker, EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky und die außenpolitische Sprecherin Susanne Fürst.
Andere Parteien waren vom Präsidenten, der zum Antritt das Gemeinsame für alle Parteien betont hatte, nicht eingeladen. Zudem gab es noch ein separates Gespräch mit Kickl, das schon länger ausgemacht war (siehe unten).
ÖVP und NEOS zeigten sich beunruhigt über den Umstand, dass bei dem Treffen mit Orbán nur FPÖ-Klubmitglieder anwesend waren. „Die Volkspartei war jedenfalls nicht eingeladen“, so ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der auch die Frage stellte, wer denn für die Kosten des Besuchs aufkomme.
NEOS-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak übte eher prinzipielle Kritik an der Vorgangsweise von Rosenkranz. „Anstatt seine Aufgabe wie vorgesehen parteiübergreifend neutral und ausgewogen anzulegen, lädt er ausschließlich den gesamten FPÖ-Klub als einzige Parlamentsfraktion zu einem Arbeitsgespräch mit Viktor Orbán ein. Das entspricht diametral der Art und Weise, wie ein Nationalratspräsident agieren sollte.“
Die Europafahne wurde kurzerhand entfernt
Für helle Aufregung sorgte auch die kurzfristige Entfernung der Europafahne. Es wurden nur die Fahnen Österreichs und Ungarns präsentiert. Für die Grünen ein weiteres Signal für EU-Feindlichkeit. Offiziell heißt es dazu aber: Orbán sei nicht in seiner aktuellen Position als EU-Ratspräsident in Wien, sondern lediglich zu bilateralen Gesprächen ...
Kritische Stimmen zur fehlenden Flagge gab es auch seitens der NEOS. EU-Parlamentarier Helmut Brandstätter spricht auf X von fehlender Solidarität mit Europa, denn Rosenkranz habe Orbán doch „explizit als EU-Ratspräsidenten empfangen“ wollen:
Pakt mit Kickl geschlossen
Mit Kickl unterzeichnete der ungarische Ministerpräsident dann auch noch eine „Wiener Erklärung“ – eine Zusammenarbeit zwischen Österreich und Ungarn in Bereichen wie Grenzsicherung und Kooperation in der EU im Sinne einer Reform der Union, einer „Allianz der Patrioten“ im gemeinsamen Kampf gegen Zentralismus und gegen illegale Migration als größte Bedrohung für Europas Kultur.
Auch die „Wiener Erklärung“ zwischen Kickl und Orbán sorgte naturgemäß für Ärger bei einigen Kommentatoren:
Am Abend ging es dann gemäß diesem Tenor auch noch weiter in die Sofiensäle – dort wurde unter anderem über die Ukraine philosophiert, die den Krieg gegen Russland ohnehin längst verloren hätte.
Orbán veräppelte Demonstranten
Übrigens: Am Rande des Besuchs demonstrierten vor dem Parlament die Sozialistische Jugend und die SoHo, die Queer-Organisation der SPÖ. Als Orbán einfuhr, skandierten die Demonstranten lautstark Slogans. Orbán beeindruckte das wenig – er ließ es sich auch nicht nehmen, ein Kurzvideo zu posten, in dem er sich über die Demonstranten lustig macht.
So reagiert der Premierminister Ungarns auf Demonstranten in Wien:
Das Video zeigt zunächst skandierende Kundgebungsteilnehmer, dann kommt der Einschub „5 minutes later“ (fünf Minuten später), schließlich kommt mit fröhlicher Musik unterlegt dieselbe Stelle vor dem Parlament – ganz ohne Demonstranten.
Der Titel des Videos lautet auf Ungarisch: „Das ging aber schnell ...“
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