Es sind schwierige Zeiten für die Gastronomie. Viele Menschen verzichten auf den Besuch im Gasthaus. Wir haben mit zwei Wirten gesprochen, die sich auf ihre Klientel verlassen können, aber es braucht Engagement.
Der Heurige Stippert in Ottakring ist ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht. Die 85-jährige Wirtin steht gemeinsam mit der 28-jährigen Enkelin in der Küche. „Meine Oma ist jeden Tag um 6 in der Küche und bereitet den Erdäpfelsalat zu“, erzählt Kathi, die den Heurigen in ein paar Jahren übernehmen soll. Spätestens dann will sie aber frischen Wind hineinbringen. Dank treuer Stammgäste läuft das Geschäft zwar gut, doch mit der bekannten 10er Marie gegenüber hat der Heurige eine starke Konkurrenz. Hinzu kommt, dass die Gäste nicht mehr die jüngsten sind und keine jungen Leute nachkommen.
„Müssen die Jungen gewinnen“
„Heurige sind nicht nur etwas für alte Menschen, Lokale wie der Fuhrgassl-Huber sind voll mit jungen Leuten“, erzählt Kathi im „Krone“-Gespräch. Ein klarer Vorteil sind die günstigen Preise: Einen Spritzer gibt es beim Stippert um 2,90 Euro, kein Vergleich zu den Preisen in Stadtlokalen. Für junge Leute bräuchte es aber spezielle Anreize. „Sie können zu uns vorglühen kommen, immerhin sind wir direkt an der U3 und damit gut angebunden“, so die Absolventin der Gastgewerbefachschule. Auch vegane Speisen werden immer öfters nachgefragt.
gibt es in Wien, und dazu noch 744 Kaffeehäuser, 625 Bars und Diskotheken sowie 374 Gasthäuser und 628 Imbisse.
Arbeitszeiten wenig familienfreundlich
Von Mai bis September arbeitet die Nachwuchs-Gastronomin am Heuberg, wo sie eine Buschenschank betreibt. Hier wiederum zieht es auch jüngeres Publikum hin, speziell für Hochzeiten eignet sich der Betrieb mit traumhafter Aussicht gut. Vor allem die Arbeitszeiten belasten die 28-Jährige, die anstatt mit ihren Freunden auszugehen bis spätabends in der Küche steht. Und Personal, das sie entlasten könnte, findet sich nicht so leicht. „Die meisten kommen nur zum Stempeln oder haben eine falsche Vorstellung von der Arbeit in einem Gasthaus“, meint die Wienerin. Wenn sich die Oma zurückzieht, wird es noch einmal schwieriger.
Ein großer Gewinn ist ihr langjähriger Mitarbeiter und Freund Michi. „Er ist ein Kellner, wie man ihn sich vorstellt“, schwärmt Kathi. Ein Glücksgriff, den man heute nur mehr höchst selten macht...
In diesem Wirtshaus läuft alles rund
Fehlendes Personal, zu wenig Gäste, kaum Umsatz – mit diesen Problemen haben immer mehr Gastronomen zu kämpfen. Nicht zuletzt die Pandemie hat diese einst so starke Branche ordentlich ins Wanken gebracht.
Tolle Arbeitszeiten für die Mitarbeiter
Umso erfreulicher, dass es im Gasthaus Koci von Walter Reuter in der Draschestraße 81 in Liesing zwar nicht perfekt, aber ziemlich gut läuft. Statt zu wenige Mitarbeiter hat er drei mehr als eigentlich geplant. „Aber die brauche ich jetzt, weil ich andere Arbeitszeiten eingeführt habe, um mein Personal zu halten“, erklärt Reuter. Und diese sind für viele in der Branche wohl fast zu schön, um wahr zu sein: Auf zwei Tage Arbeit folgen zwei freie Tage für die Servicekräfte. Und alle 27 Mitarbeiter haben 26 Wochenenden im Jahr frei und das, obwohl der Betrieb Montag bis Sonntag von zehn bis 23 Uhr geöffnet ist.
Ich kann mein Personal leider nicht mit Geld zuschütten, also muss ich andere Vorteile bieten, wie zum Beispiel freie Wochenenden.
Wirt Walter Reuter
„Ich kann mein Personal leider nicht mit Geld zuschütten, also muss ich andere Vorteile bieten“, weiß der Wiener. Restaurantfachfrau Janine arbeitet bereits seit mehr als sechs Jahren hier, neben der familiären Atmosphäre schätzt sie vor allem die Arbeitszeiten.
„Man muss einfach breit aufgestellt sein“
Auch über zu wenig Gäste kann Reuter nicht klagen. Das Mittagsmenü um 9,20 Euro mit Suppe und Hauptspeise lockt viele an. „Daran verdiene ich zwar nur einen Euro, aber wenn es den Gästen gefällt, kommen sie vielleicht auch mal am Abend“, so Reuter. Dieser Plan geht auf. Zusätzliche Frequenz erhält er durch Vereine, denen er die Räume kostenlos zur Verfügung stellt. Hinzu kommen Firmenfeiern und zahlreiche Events etwa mit Live-Musik.
Humane Preise für die Klassiker
Das Schnitzel samt Beilage kostet im Koci noch immer unter 13 Euro. Wie ist das möglich? „Natürlich über die Menge. Es läuft gut und das geben wir an unsere Gäste weiter. Man muss einfach breit aufgestellt sein und eine schlanke Geschäftsführungsstruktur haben“, erklärt er. Für die Weihnachtszeit ist das Koci – wie könnte es anders sein – schon gut gebucht.
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