ÖVP und SPÖ nehmen am Montag wieder die Sondierungsgespräche auf. Am Vormittag gibt es erstmals ein Dreier-Gespräch der Parteichefs Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger. Danach trifft sich die große Gruppe. Es wird entschieden, ob man es mit einem dritten Partner oder mit der Minimalmehrheit nun zu zweit versucht.
Damit kommen die Verhandlungen sechs Wochen nach der Wahl endlich in Fahrt. Ab jetzt soll jeden Tag verhandelt werden. Vor dem ersten Sechs-Augen-Gespräch gibt es allerdings gleich mehrere Spannungen. Die ÖVP ist verwundert und gleichzeitig sauer über die Neos, weil sie zum wiederholten Mal öffentlich das Finanzministerium für sich reklamieren. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, über potenzielle Regierungsämter zu diskutieren, sondern über Inhalte, Reformen und Projekte, die Österreich und die Menschen voranbringen. Ich gehe davon aus, dass das die Neos genauso sehen“, richtet ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker den Pinken aus.
„Jetzt wird es darum gehen, die großen Linien zu ziehen.“
„Jetzt wird es darum gehen, die großen Linien zu ziehen“, sagt ein Insider. Spekulationen über Ressortverteilungen sind deutlich verfrüht. Zwar schwingen bei Regierungsverhandlungen diese Fragen immer mit, vieles wird aber erst in letzter Minute entscheiden.
Stimmung zwischen ÖVP und SPÖ noch frostig
Einige Irritation gibt es freilich auch zwischen den zwei „Hauptverhandlern“ SPÖ und ÖVP. Bei den Roten ist man überrascht, dass die Schwarzen relativ unnachgiebig in die Verhandlungen einsteigt. Die ÖVP wiederum hat es sich offenbar einfacher vorgestellt und ist verwundert, dass die SPÖ es nicht ganz billig geben will. Der Wille zur Einigung ist aber grundsätzlich da. Und in beiden Parteien gibt es starke Befürworter einer Zusammenarbeit, bei der ÖVP sind das Tirol und die Steiermark, bei der SPÖ machen sich vor allem die Wiener SPÖ und die Gewerkschaft für die Zuckerl-Koalition stark.
Verteidigung für die SPÖ?
Die jüngsten Gerüchte, wonach die ÖVP das Innenministerium der SPÖ abgeben könnte, um Wirtschaft und Finanzen zu behalten, hält ein gut informierter Akteur für „nicht mega realistisch“. Viel wahrscheinlicher ist dagegen, dass die SPÖ das Verteidigungsministerium bekommt. Dafür soll sich der Tiroler SP-Chef Georg Dornauer angeboten haben.
Ziemlich sicher dürfte die SPÖ Soziales und Arbeit sowie Infrastruktur fordern. Spannend ist, ob sich die ÖVP das Justizministerium nimmt, nachdem sie seit Türkis-Blau 2017 von dort nach zahlreichen Ermittlungen und Verfahren ein regelrechtes Trauma davongetragen hat. Mit Karoline Edtstadler ist ihr die logische Kandidatin dafür jedenfalls abgesprungen.
Drahtseilakt zwischen Sparkurs und Investition
Inhaltlich kristallisiert sich das Budgetdefizit immer mehr zum Hauptthema. Das „wahre Ausmaß des Problems“ dürfte noch nicht bekannt sein. Es fehlen an die 16 Milliarden Euro. Das bedeutet Einsparungen von rund vier Milliarden pro Jahr! „Das ist schon brutal“, sagt ein Insider. „Wir werden Konjunkturmaßnahmen brauchen, und das bei gleichzeitigem Sparbedarf.“ Eine Zweier-Koalition mit der kleinstmöglichen Mehrheit von 92 Mandataren wird auch diskutiert. Aber das wäre „extrem aufwendig“, so ein Mandatar. ÖVP und SPÖ müssten bei jeder Abstimmung zittern. Größter Vorteil aus Sicht der Verhandler: eine Zweidrittel-Mehrheit ist ohne FPÖ (aber mit den Grünen) möglich.
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