Die Wiener Polizei freut such über Verstärkung und einen Anstieg der Bewerbungen, doch Herausforderungen bestehen weiterhin.
Am Montag wimmelte es hinter dem Schloss Schönbrunn nur so vor Polizei. Der Anlass war jedoch keine Gewalttat, sondern die feierliche Angelobung von 86 frischen Polizisten aus der Polizeischule sowie weiterer 239 neuer Polizeischüler. Angesichts des Personalmangels ist die Freude über jeden einzelnen von ihnen groß.
Erfolgreiche Personaloffensive: Wiener Polizei gewinnt 800 neue Rekruten
Insgesamt blickt die Wiener Polizei auf ein erfolgreiches Jahr im Bereich der Personalrekrutierung zurück. Bis Ende des Jahres konnten 800 junge Frauen und Männer für die Ausbildung gewonnen werden. Die Zahl der Bewerbungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar verdoppelt. Dass dennoch nur etwa ein Viertel der Bewerber tatsächlich die Polizeischule beginnt, liegt laut Innenministerium vor allem an einem Interview mit einem Psychologen. Immerhin wurden die Anforderungen gesenkt, etwa durch einen vereinfachten Aufnahmetest und die Tatsache, dass Tätowierungen kein Ausschlusskriterium mehr darstellen. Finanzielle Anreize umfassen die Erstattung des Klimatickets sowie der Kosten für den Führerschein. Das gesteigerte Interesse ist Innenminister Gerhard Karner (ÖVP ) der gelungenen Personaloffensive zu verdanken. Diese soll konsequent fortgesetzt werden. Aber auch die angespannte Wirtschaftslage trägt zur Attraktivität bei. „In diesen Zeiten sind sichere Jobs gefragt“, sagt ein Ministersprecher.
Und noch einen neuen Marketingkniff hat sich das Innenministerium einfallen lassen: Ab sofort können am Polizeiberuf Interessierte über einen QR-Code auf den Heckscheiben von Polizeiautos Informationen über das Aufnahmeverfahren abrufen. Das Ziel aller Maßnahmen und Neuerungen ist klar: die Aufnahmezahlen von 2024 zu übertreffen.
Ich bin überzeugt, wenn wir in diesem Tempo beim Recruiting weitermachen, werden wir den Personalstand langfristig halten und steigern können.
Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl
Pensionierungswelle wird bis 2030 Probleme machen
So positiv diese steigenden Zahlen auch sind, bleibt immer noch die Pensionierungswelle, die für einen Engpass sorgt. „Jedes Jahr gehen um die 200 Kollegen in Pension. Dieses Problem wird uns noch bis 2030 beschäftigen. Erst ab dann ist eine Entspannung zu erwarten“, sagt Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl.
Stellt man die Zu- und Abgänge also gegenüber – 300 haben die Ausbildung heuer beendet und über 200 sind in Pension gegangen, kommt ein leichtes Plus heraus. Was aber nicht bedeutet, dass alle in Wien bleiben (siehe Interview unten). Im Brennpunktbezirk Favoriten sind es zuletzt sogar um 30 Beamte weniger geworden. Der Personalmangel bleibt also weiter ein Thema.
„Ein Hamsterrad, das viele an die Grenze der Belastbarkeit treibt“
„Krone“: Nach der Nationalratswahl beginnen nun die Polizeigewerkschaften ihren Wahlkampf. Großes Thema sind natürlich die Überstunden und Mehrbelastung. Wie viele Überstunden leisten Polizisten in Wien durchschnittlich?
Walter Strallhofer: Durchschnittlich kommen die Kollegen in Wien auf mindestens 220 Stunden pro Monat, das sind um 60 Stunden mehr als vorgesehen. Aber darum geht es gar nicht. Viel schlimmer ist das Dienstrad, das sie zwingt, an vielen Tagen nach dem Tag- oder Nachtdienst nicht heimgehen zu können, sondern noch einmal 12 Stunden dranzuhängen – sprich 24 Stunden im Dienst zu sein. Dann haben sie zwei Tage frei und das Ganze beginnt wieder von vorne. Das ist ein Hamsterrad, das viele an die Grenze der Belastbarkeit treibt.
Das ist dem Personalmangel geschuldet. Aber es gibt ja eine große Recruiting-Offensive, die auch funktioniert. Reicht das nicht?
Es wird einiges getan, aber nicht genug. Die Aufnahmekriterien wurden zwar gelockert, aber dennoch braucht es mehr Anreize.
Anreize welcher Art?
Natürlich wäre eine Work-Life-Balance wünschenswert, wenn das nicht möglich ist, bräuchte es wenigstens monetäre Anreize – wie einen Hauptstadtbonus. Dann würden auch mehr aus den Bundesländern in Wien bleiben wollen.
Ein Sprecher des Innenministeriums hat gesagt, dass Polizisten, die in Wien bleiben, durchschnittlich eine Dekade hier seien.
Das stimmt, aber nicht freiwillig. In den Bundesländern wird ihnen versprochen, dass sie bald wieder weg aus Wien kommen. Wenn sie merken, dass das nicht der Fall ist, steigen viele ganz aus. Diese Drop-out-Rate gilt es zu verhindern.
Also läuft bei der Rekrutierung etwas falsch?
Ja, nicht in Wien, aber in den Bundesländern. Ein absurdes Beispiel: Ich kenne einige Polizisten aus den Bundesländern, die sich für die WEGA interessieren. Aber hier gibt es eine Regelung, dass nur Bewerber aus Wien genommen werden. In Zeiten des Personalmangels ein fataler Fehler. Gerade Wien mit den vielen Zusatzdiensten braucht jede zusätzliche Unterstützung.
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