Ry X aka Ry Cuming ist ein Wandler zwischen den musikalischen Welten. Der 36-jährige Wahl-Kalifornier beschließt am Sonntag im Wiener MuseumsQuartier die neue Konzertreihe „Aus dem Rahmen“ und macht sich im „Krone“-Interview Gedanken über die Auswirkung seiner Musik auf die Gesellschaft.
Eine neue Konzertreihe, die diese Woche im Wiener MuseumsQuarter stattfindet, nennt sich „Aus dem Rahmen“. Damit will man vor allem jene Musik verstärkt in die Stadt bringen, die im üblichen Booking hierzulande nicht oder nur selten vorkommt. Pop-, Indie- und Alternative-Acts, die international reüssieren, hierzulande aber nicht allzu oft zum Zug kommen. Unglückliche Umstände führen nun leider dazu, dass die Premiere etwas abgeschwächt über die Bühne geht. Der britische Singer/Songwriter Henry Moodie hat kurzfristig abgesagt, auch die vielfach gehypten The Last Dinner Party schieben nach einem extensiven Jahr lieber eine Livepause ein, obwohl man noch am Sonntag in Prag konzertierte. Soll verstehen, wer will. Verlass ist dafür auf den australischen Surfer-Boy Ry Cuming aka Ry X, der kommenden Sonntag so etwas wie einen Höhepunkt und in jedem Fall den Abschluss der hoffentlich bald etablierten Eventreihe darstellt.
Liebe zur Musikgeschichte
Der 36-Jährige ist ein klangliches Chamäleon, das sich zwischen Indietronica, Folk und Ambient-Klängen nicht so leicht greifen lässt. Erst vor eineinhalb Jahren verwandelte er das klassische Ambiente des Wiener Konzerthauses mit Sound und Charisma zu einer Tanzfläche, wo der barocke Luster schon einmal ordentlich durchgebeutelt wurde. Zu seinem fein ziselierten Klangbild ist eine ebenso schöne Venue wie die Halle E im Wiener MuseumsQuartier somit mehr als passend. „Ich liebe besondere Orte“, erzählt Ry im Gespräch mit der „Krone“, „noch mehr als den Look mag ich die Geschichte. Im Konzerthaus etwa jene von 100 Jahren großartiger Musiker, die hier auftraten. Das inspiriert mich.“ Ry wuchs im australischen Woodford Island auf und hatte als Sechsjähriger sein entscheidendes musikalisches Erweckungserlebnis. Jeff Buckleys „Grace“ hat sein Leben gänzlich umgekrempelt.
Neben seinen melancholischen Indie-Songs fürchtet er sich auch nicht vor der Neoklassik. Es stehen Kooperationen mit Joep Beving oder Ólafur Arnalds zu Buche, mit dem London Philharmonic Orchestra hat Cuming zahlreiche legendäre Konzerte absolviert. „Für mich ist die Vermischung von Folk, Indie, Elektronik und klassischer Musik eine wunderschöne Herausforderung. Ich sehe mich mehr als Kreator, denn als Sänger. Ich liebe alles an diesem Job. Das Songwriting, die Videos, die Fotografien, die Texte. Ich lerne auch gerne alles über Sound und Licht, um mich auf Augenhöhe mit diesen Leuten in meinem Team unterhalten zu können. Die erfolgreichsten und nachhaltigsten Künstler sind jene, die mit Mut vorangegangen sind. Die nicht auf ihrem Erfolg beharren, sondern als nächsten Schritt bewusst die Veränderung suchen. Ich entdecke momentan gerade indische und afrikanische Musik für mich und kann mir gut vorstellen, verstärkt in diese Richtung zu gehen.“
Etwas Bedeutsames erschaffen
Ry X lässt sich von der Musik und seinen Visionen leiten. Er versucht nicht, Dinge zu erzwingen, sondern lässt sich auf den Moment ein und vertraut auf seine Intuition. „Musiker wie Fela Kuti oder Ravi Shankar dienen mir dafür als Vorbilder. Sie haben eine ganze besondere Magie erschaffen, etwas völlig Einzigartiges. Das muss immer der Antrieb sein, wenn man selbst Musik erschafft. Es geht mir nicht so sehr darum, auf der Bühne zu stehen oder auf Reisen zu sein. Ich will etwas Bedeutsames erschaffen, an das sich die Leute erinnern werden. Etwas, aus dem sie Kraft schöpfen und Energien beziehen.“ Cuming zogt einst von Australien nach Berlin, lebt aber mittlerweile seit vielen Jahren in Kalifornien. Der Umzug zurück ans Meer und die Küste war für den leidenschaftlichen Surfer irgendwann unumstößlich.
„Künstlerisch war Berlin ein wundervoller Platz, aber ich bin sehr tief mit dem Ozean verbunden. Dort fühle ich mich zu Hause. Ich weiß, dass Los Angeles nicht den besten Ruf hat, aber hier gibt es alles. Ich kann surfen und schwimmen und genauso in den Bergen wandern. Ich kann gut essen und in die lokale Musikszene eintauchen, ich kann mich aber auch abkapseln und mein Leben in voller Ruhe in der Natur verbringen. Die kreative Community ist hier beispiellos, es gibt keine Barrieren. Mir ist die Tatsache bewusst, dass viele Menschen der Meinung sind, die Stadt wäre oberflächlich. Wenn man sich aber die Zeit nimmt, darin einzutauchen, ist genau das Gegenteil der Fall.“ Das Ambient-lastige Album „Blood Moon“ ist noch immer Cumings aktuelles Werk. Damit verließ er zunehmend die Wege des Kommerziellen und erfüllte sich den Traum von einem träumerischen, fast schon schwelgerischen Projekt.
Magie der Kunst
„Es ist interessant zu sehen, dass die Menschen das Album als verletzlich wahrnehmen. Verletzlich sind all meine Alben, hier klingt es aber auch musikalisch viel fragiler. Ich habe mich in neue Territorien gewagt, weil das in mir drinsteckt und es auch gar nicht anders geht. Mein Geist muss immer neue Wege erforschen. Die Plattenfirma hätte gerne, dass ich Spotify-taugliche Drei-Minuten-Songs schreibe, aber so funktioniert das bei mir nicht. Auch wenn der Massenerfolg vielleicht ausbleibt – was gibt es Schöneres, als Songs zu singen, die tief aus meinem Inneren kommen und dann auch noch andere Menschen berühren?“ Musik sieht Ry mit dem Herzen. „Ein Song ist wie ein Foto. Es hält einen bestimmten Zeitpunkt fest, der so nie wieder reproduzierbar ist. Wir können mit der modernen Technik so viel machen, aber dieses Gefühl lässt sich nicht so einfach duplizieren. Das ist die Magie von Kunst.“
Für Ry Cuming ist Kunst mehr als nur Kurzweil. Er hat das größere, langlebige Bild vor Augen, wenn er daran denkt. „Ich bewundere Björk, Radiohead oder Nick Cave. Künstler, die seit 30 oder 40 Jahren erfolgreich sind und sich nie wiederholt haben. Sie haben sich selbst vertraut, sind ihrer Intuition gefolgt und haben ihre eigene Erzählung geschrieben. Und vor allem: Sie haben sie noch lange nicht ausgeschrieben.“ Pläne für ein weiteres Album liegen längst in der Schublade, aktuell ist Ry X aber auch sehr fleißig auf Tour – 2025 geht es nahtlos und unermüdlich weiter. Für einen stets Suchenden geht es vor allem darum, neue Territorien zu betreten. „Es gibt auch in Mexiko und Südamerika eine große Community. Ich würde gerne die dortigen Musikstile mit meinem vermischen. Weiter Mauern einreißen und Neues ausprobieren. Es gibt noch so viel zu tun.“
Konzertreihe „Aus dem Rahmen“
Am 17. November tritt Ry X im Zuge der „Aus dem Rahmen“-Reihe im Wiener MuseumsQuartier auf. Am 18. November ist im Posthof Linz zu Gast. Bereits am 14. November sind Sohn, Jamie Woon und Sandrayati im Wiener Konzertreigen zu Gast, am 16. November darf man sich auf Jess Glynne freuen. Unter www.ticketmaster.at gibt es die Karten und weitere Informationen zu den einzelnen Gigs.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.