Quo vadis, Kinder- und Jugendhilfe? Jugend am Werk Steiermark setzt auf fachliche Begleitung und Weiterentwicklung. Mit der Tagung Spurwechsel hat das Unternehmen 2024 Akzente gesetzt und macht hier noch längst nicht Halt: Helene Grasser, Leiterin des Bereichs Kinder- und Jugendhilfe, blickt zurück und spricht über Pläne für das kommende Jahr.
Frau Grasser, das Jahr ist fast vorbei – was hat sich in Sachen Kinder- und Jugendhilfe heuer bei Jugend am Werk getan?
Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der Weiterentwicklung unserer Standorte und Angebote. Dazu zählen etwa mobile Unterstützungsangebote für Familien, aber auch stationäre Angebote. Etwa das Mobil Betreute Wohnen (MOB) für Jugendliche ab 16 Jahren, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr daheim leben können. Jugend am Werk Steiermark mietet dafür Wohnungen an, in denen die Jugendlichen – unterstützt von unseren mobilen Betreuer*innen – selbstständig leben. Diese Leistung können wir inzwischen steiermarkweit anbieten. Neben der Realisierung dieser Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe ist uns auch der fachliche Austausch wichtig. Als einer der größten Sozialträger in der Steiermark nehmen wir nicht nur am Diskurs teil – wir stoßen ihn auch an.
Wie kann so ein Diskursanstoß denn aussehen?
Heuer haben wir die Fachtagung „Spurwechsel – Neue Wege in der stationären Kinder- und Jugendhilfe“ organisiert und so renommierte Expert*innen aus dem In- und Ausland nach Graz geholt. Einer der Referenten war Mathias Schwabe, der als Professor für Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule in Berlin tätig ist. Er hat darüber gesprochen, wie (un)möglichen Lösungen in der Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam von Expert*innen gesucht werden müssen, um für sogenannten „Systemsprenger*innen“ Angebote schaffen zu können. Ein wichtiger fachlicher Impuls! Mit rund 250 Besucher*innen war das Event ein voller Erfolg.
Was genau sind Systemsprenger*innen und was tut Jugend am Werk in diesem Bereich?
Der Begriff bezieht sich auf Kinder und Jugendliche, die bereits aus mehreren sozialpädagogischen Betreuungsangeboten ausgeschlossen wurden, also diese Systeme sprengen. Oft zeigen sie herausforderndes Verhalten und brauchen mehr Unterstützung, als sie in größeren Gruppen bekommen können. Diese Kinder und Jugendlichen erleben wiederholt Beziehungsabbrüche, was ihr Selbstbild von Ablehnung, Ausgrenzung und Bindungsverlust verstärkt. Bei Jugend am Werk arbeiten wir flexible und individuell zugeschnittene Betreuungskonzepte für diese Jugendlichenaus. Wir setzen auf Beziehungskontinuität, um ihnen langfristig einen geborgenen Ort bieten zu können. Das ist keine leichte Arbeit, aber eine enorm wichtige Aufgabe.
Schauen wir jetzt ein wenig weiter in die Zukunft: Wohin muss sich die Kinder- und Jugendhilfe künftig entwickeln?
Die Kinder- und Jugendhilfe kann nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Dazu gehören sowohl die Zusammenarbeit mit freien Trägern und Behörden als auch eine enge Verzahnung der einzelnen Angebote: Die mobilen, ambulanten Hilfen, die direkt in den Familien unterstützen, müssen eng mit den stationären Betreuungsformen vernetzt sein. Diese Entwicklung hin zu einer integrierten, flexibel ambulanten und stationären Kinder – und Jugendhilfe ist uns ein großes Anliegen. Wir müssen noch stärker auf eine Verantwortungsgemeinschaft für jedes Kind, jeden Jugendlichen, jede Familie, hinarbeiten.
Bleiben wir gleich beim Stichwort „aufbauen“: Wie wird es bei Jugend am Werk im Bereich Kinder- und Jugendhilfe weitergehen?
Wir reagieren immer auf den Bedarf in den Regionen. Im kommenden Jahr werden wir zum Beispiel neue Standorte in Kobenz und Deutschlandsberg eröffnen, weil stationäre Einrichtungen benötigt werden. Hier entstehen jeweils 9 Plätze in Jugendwohngruppen für Kinder und Jugendliche von 5 bis 15 Jahren. Weitere Standorte und Leistungen sind bereits in Planung, aber noch nicht spruchreif.
Durch die neuen Standorte gibt es sicher auch Bedarf an neuen Mitarbeiter*innen?
Wir freuen uns über neue Kolleg*innen, die ihre Ideen bei uns in die Kinder- und Jugendhilfe einbringen wollen. Unsere Arbeit basiert auf modernen fachlichen Zugängen und der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch regelmäßige Fort- und Weiterbildungen. Besonders wichtig ist uns die fundierte Basisschulung in der Kinder- und Jugendhilfe, die alle neuen Mitarbeitenden absolvieren – so sichern wir hohe Qualitätsstandards in der Begleitung und schaffen eine starke Basis für professionelles Handeln.
Letzte Frage: Was ist für Sie in der Kinder- und Jugendhilfe besonders wichtig, wo muss es künftig hingehen?
Am wichtigsten ist, dass wir die Möglichkeiten und Ressourcen der Kinder, Jugendlichen und Familien wahr- und ernstnehmen. Bei Jugend am Werk arbeiten wir deshalb am Empowerment und an der Beteiligung der Kinder und Jugendlichen. Denn am Ende entscheidet jeder und jede für sich selbst, was ein gelingendes Leben ist. Wir sind nur da, um in herausfordernden Lagen ein Stück des Weges zu begleiten.
Jugend am Werk Steiermark GmbH
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