In Vorarlberg werden mehr Ehen geschieden als in vielen anderen Bundesländern. Meistens sind auch Kinder davon betroffen. Paare sollten sich auf jeden Fall dringend Unterstützung holen, meint Sandra Walz, Familienberaterin beim ifs.
„Es reicht“ – mit diesen Worten kündigte einst Wilhelm Molterer die Partnerschaft mit der SPÖ auf. Jahre später verkündete Reinhold Mitterlehner „Es ist genug“ und zog damit ein weiteres Mal einen Schlussstrich unter ein gemeinsames Kapitel von ÖVP und SPÖ. Vor einer Trennung liegen oft schmerzhafte Monate, wenn nicht sogar Jahre. Häufig wird versucht, irgendwie doch noch einen Weg zu finden, um die Partnerschaft zu retten. Ist das Verhältnis aber einmal zu tief zerrüttet, sind die Erfolgschancen auf ein Zusammenfinden meist bei null, eine Trennung der einzige Ausweg. Wie in der Politik ist es übrigens auch im Leben.
Nur in Kärnten ist die Zahl der Scheidungen höher
„Bis dass der Tod uns scheidet“ – gilt auch im traditionell konservativen Ländle schon lange nicht mehr. In Vorarlberg haben laut aktueller Statistik im vergangenen Jahr 723 Paare ihre Ehe vorzeitig beendet. Die Zahl der Scheidung hat deutlich zugenommen. Es wurden um elf Prozent mehr Ehen als noch ein Jahr davor geschieden. Vorarlberg hat mit über 39 Prozent österreichweit die zweithöchste Scheidungsrate. Die Ehen halten im Schnitt nicht einmal zehn Jahre.
Unter dem Aus der Ehe leiden oftmals auch Kinder. 636 Mädchen und Buben mussten im vergangenen Jahr den Scheidungsprozess ihrer Eltern über sich ergehen lassen. „Scheidungen sind längst kein gesellschaftliches Tabuthema mehr, doch sie bleiben ein einschneidendes Erlebnis – für die Ehepartner ebenso wie für deren Kinder“, weiß Sandra Walz aus der Praxis bei der ifs Familienberatung zu berichten.
Scheidungen sind längst kein gesellschaftliches Tabuthema mehr, doch sie bleiben ein einschneidendes Erlebnis – für die Ehepartner ebenso wie für deren Kinder
Sandra Walz
Bild: ifs Vorarlberg
Die Gründe für eine Scheidung sind vielfältig: fehlende Kommunikation, mangelnde Wertschätzung, Vertrauensbrüche oder ein ungleiches Geben und Nehmen können Beziehungen belasten. Sandra Walz betont, dass viele Paare bei der Familiengründung wichtige Themen wie Aufgabenverteilung nicht ausreichend besprechen, was später zu Frustrationen führt. „Nicht darüber zu sprechen, führt häufig zu Anklagen und Vorwürfen“, erklärt sie. Dies erschwere es, konstruktive Lösungen zu finden. Für Kinder bedeutet die Trennung der Eltern oft eine tiefgreifende Veränderung. „Das bedeutet, dass nicht das Ereignis selbst, sondern der Umgang damit Weichen stellend für die weitere Entwicklung ist“, sagt Walz. Wichtig sei es, altersgerechte Erklärungen zu geben, Sicherheit zu vermitteln und Raum für ihre Gefühle zu schaffen.
Eltern sollten Trost und Orientierung bieten – eine Herausforderung, wenn sie selbst stark belastet sind. Ebenso schwierig sei es, die Verletzungen auf der Paarebene nicht in die Elternschaft mitzunehmen und diese beiden Ebenen voneinander zu trennen. „Im Sinne der Kinder und auch der betroffenen Erwachsenen ist es wichtig, dass die Erwachsenen im Prozess einer Trennung und Scheidung psychologische und psychosoziale Unterstützung bekommen. Der Fokus richtet sich dabei darauf, eine für beide Erwachsenen faire Lösung zu finden, die auch die Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt.“ Organisationen wie die ifs Familienberatung unterstützen Eltern dabei, die notwendige Stabilität für Kinder zu gewährleisten.
Zentrale Fragen: Geld, Wohnung, Unterhalt
Neben der emotionalen Ebene gilt es auch, die formalen Dinge möglichst nüchtern zu klären. Eine Scheidung setzt eine Einigung in zentralen Fragen voraus, wie etwa Unterhaltszahlungen, Aufteilung des Vermögens und Obsorge der Kinder. Besteht keine Einigung, kann eine Scheidungsklage eingereicht werden. Finanzielle Aspekte spielen eine entscheidende Rolle. Kindesunterhalt wird ab der Trennung fällig, und Ehegattenunterhalt gilt bis zur rechtskräftigen Scheidung. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Pensionsvorsorge, insbesondere wenn ein Partner während der Ehe die Hauptlast der Kinderbetreuung getragen hat. „Derjenige Teil, der überwiegend betreut hat, hat weniger in seine Pensionsvorsorge einbezahlt. Dies kann bei Pensionsantritt Folgen haben. Hier braucht es einen Ausgleich, damit nicht die Altersarmut droht.“
Nähere Informationen zur ifs Familienberatung gibt es im Internet unter: www.ifs.at/familienberatung
Die Familienberaterin rät Paaren und Eltern, auf ihre eigene emotionale Stabilität zu achten und gleichzeitig eine klare Trennung zwischen ihrer Sicht auf den Ex-Partner und dessen Rolle als Elternteil vorzunehmen. Sie empfiehlt, den Kindern eine positive Sicht auf den anderen Elternteil zu vermitteln und sie altersgerecht aufzuklären. Eine Trennung ist nie leicht, aber mit der richtigen Unterstützung und einem klaren Fokus auf das Wohl aller Beteiligten, kann sie fairer und weniger belastend für alle gestaltet werden.
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