„Krone“-Analyse

Nach dem Lieferstopp: Gasangriff aufs Geldbörserl

Wirtschaft
16.11.2024 20:00

Die Gazprom hat Österreich den Gashahn zugedreht. Für diesen Winter ist die Versorgung gesichert, aber wie geht es weiter? Die „Krone“ weiß, wo jetzt Preissteigerungen warten.

Wegen unregelmäßiger Lieferungen in der Vergangenheit hat ein internationales Schiedsgericht der OMV vergangene Woche 230 Millionen Euro zugesprochen. Der Schuldner: die russische Gazprom. Die OMV wollte die Zahlungen für Gas so lange aussetzen, bis die Summe beglichen ist. Die Russen reagierten mit dem Aus der Gaslieferungen. Mit Samstagmorgen wurde die Belieferung eingestellt. Bundeskanzler, OMV und E-Control garantieren indes: Die Versorgung für diesen Winter sei gesichert.

Aber wie geht es weiter? 
Vorerst sind die Preise stabil. Der drohende Ausstieg könnte an den Börsen bereits einkalkuliert worden sein. Sicher ist: Am Energiemarkt kann es schnell gehen – das hat man auch im Jahr 2022 gesehen. Kurzfristig rechnen viele Experten mit einem Anstieg der Stromkosten um bis zu 20 Prozent. Das werden akut Kunden mit Float-Tarifen spüren. Denn die sind unmittelbar an den Marktpreis gekoppelt.

Und Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) warnt: „Einige anstehende Preisanstiege liegen auch in der Verantwortung der Bundesregierung. Sie hat dafür zu sorgen, dass die Konsumenten nicht unter hohen Energiepreisen leiden.“

Netzgebühren steigen
Damit gemeint sind steigende Netzgebühren und das Auslaufen der Strompreisbremse mit Ende des Jahres, die die Belastungen für Endkunden zusätzlich nach oben treiben. Erste Prognose: Durch die Erhöhung der Netzentgelte steigen die Stromkosten 2025 um circa 23 Euro pro Monat. Durch das Auslaufen der Strompreisbremse kommen nochmal 5,60 Euro pro Monat dazu. Beim Gasnetz könnten sich die Tariferhöhungen im Bereich von 30 Prozent bewegen.

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Der Leitungsanschluss an Deutschland – der sogenannte WAG-Loop – lässt weiterhin auf sich warten. Diese Investition ist längst überfällig.

(Bild: Urbantschitsch Mario/f)

Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) über die Herausforderungen der Gasbeschaffung abseits von Russland

Gas aus Deutschland teurer
Auch die deutsche Gasspeicher-Umlage (eine Art Maut fürs Gasnetz) ist noch nicht vom Tisch. Eigentlich wollte die deutsche Regierung diese mit Ende dieses Jahres für Österreich wieder abschaffen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde auch bereits eingebracht. Das Problem: Ob dieses der Deutsche Bundestag nach dem Scheitern der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FPD noch beschließt, ist fraglich.

Bezieht Österreich über Deutschland Gas, muss diese weiter bezahlt werden – und die Mengen werden jetzt natürlich nicht kleiner. Mehrkosten in Millionenhöhe sind die Folge. Und dann bleibt da noch eine weitere, nicht unwichtige Frage offen: Kann überhaupt genug Gas nach Österreich transportiert werden? Der dringend benötigte Gasanschluss nach Deutschland – die sogenannte West-Austrian-Gasleitung (WAG) – ist noch nicht gebaut.

Wer hat das Russengas?
Und zudem: Es ist beinahe etwas paradox. Russland dreht Österreich von heute auf morgen den Gashahn zu, aber offiziell meint jeder, dass dies kein Problem sei. Niemand müsse frieren und auch die Industrie nehme keinen Schaden. Doch bis zuletzt hing Österreich am Tropf von Putin. Bis zuletzt stammten rund 90 Prozent der heimischen Gasimporte aus Russland.

Sicher: Die Gasspeicher sind gut gefüllt. Doch auch ohne diese Reserven aufzufüllen, ging der Verbrauch an russischem Gas kaum zurück. Im besten Fall haben alle die Chance genützt, um die Speicher noch relativ „günstig“ vollzumachen. Im schlimmsten Fall haben einige Marktteilnehmer jetzt in den Panikmodus geschaltet. Dass sich all diese Faktoren also nicht auf den Energiepreis auswirken werden, ist eher unwahrscheinlich. 

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