Werner Kogler will als Beschaffer von einer Zwei-Drittel-Mehrheit das Zünglein an Waage in der neuen Koalition sein. Im „Krone“-Interview bezichtigt er die ÖVP, „Stimmen-Fladerei“ zu betreiben – auf Kosten der Kleinparteien.
Vor fünf Jahren war es Grünen-Chef Werner Kogler, der mit der ÖVP die Koalition verhandelte. Heute sitzen die Grünen sowohl im Bund als auch auf Landesebene nicht mehr an den Hebeln der Macht. Im „Krone“-Interview nimmt der Grünen-Chef den Gang in die Opposition gelassen.
Er meint: „Wir Grünen sind viele Auf und Abs gewöhnt, was Wahlergebnisse betrifft. Starke verantwortungsvolle Opposition ist in diesen Zeiten wichtiger denn je. Unsere Bedeutung bei Gesetzesmaterien, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament benötigen, ist nicht zu unterschätzen. Dafür braucht es – ohne FPÖ – vier Parteien. Schon in der Vergangenheit war es eine Stärke der Grünen bei Zwei-Drittel-Mehrheiten mitzugestalten.“
Kogler sieht „Taktisches Wählen“ kritisch
Doch was sind die Gründe für den Absturz? Haben die Grünen die Wähler mit zu viel Klimaschutz und Wokeness überfordert? „Die Erhaltung unserer Lebensgrundlage – der Klima- und Naturschutz – gerät unter Beschuss und wird denunziert. Das trifft oft auch jene, die sich dafür einsetzen – auch Grüne. Das werden wir uns nicht mehr gefallen lassen. In Deutschland etwa verbreitet Bayern Ministerpräsident Markus Söder fast schon in Trump’scher Manier Fake News. Das verfängt sich.“ Es habe aber noch einen Faktor für das Wahlergebnis gegeben – das war das „Taktische Wählen“. Durch die Zuspitzung auf ein „Kanzler-Duell haben viele Wähler geglaubt, mit einer Stimme für SPÖ oder ÖVP verhindern sie Herbert Kickl.“
Das Einser-Rennen ist ein „Schmäh mit Anlauf“
Und meint weiter: „So eine Situation ist für kleinere Parteien immer schwierig, auch für die NEOS. Bei den Landtagswahlen in Vorarlberg und auch jetzt in der Steiermark erleben wir das Gleiche. Landeshauptmänner wie Wallner oder Drexler suchen ihr Heil darin – und finden es auch – ein Einser-Rennen auszurufen.“
Also haben die Leihstimmen die Kleinparteien wertvolle Stimmen gekostet? „Das sind keine Leihstimmen. Die ÖVP betreibt hier Stimmen-Fladerei. Denn zu sagen, wählt mich, damit die FPÖ verhindert wird, und dann holt man die FPÖ in die Regierung, ist Stimmen-Fladerei. Eine Ausnahme ist Karl Nehammer, aber nicht die ÖVP-Länderchefs. Von Wallner in Vorarlberg war es ein Schmäh mit Anlauf. Das ging zum Teil auf unsere Kosten“, kritisiert Kogler.
Als eine der letzten Amtshandlungen als Beamtenminister muss Kogler die Gehaltsverhandlungen mit den Beamtengewerkschaftsvertretern führen. Für ihn wird es spannend zu sehen, wie ÖVP, SPÖ und Neos hier einen Kompromiss finden wollen. Denn die Neos sind traditionell eher auf eine Null-Lohnrunde fixiert. „Die Verhandlungen stehen dieses Jahr unter schwierigen Vorzeichen. Ich werde mit ÖVP, SPÖ und Neos versuchen, gemeinsam eine tragfähige Position zu erreichen und meinen Beitrag leisten, um einen Verhandlungsprozess mit einem fairen Ergebnis herzustellen“, so Koglers Ziel.
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