Wahlkampf-Finale für die Parteien: Bevor am Sonntag die Steirerinnen und Steirer ihre Stimmen abgeben, mobilisierten die Parteien ein allerletztes Mal. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS waren zwischen den gerade erst eröffneten Adventmärkten, Glühwein und Lebkuchen in der Grazer Innenstadt unterwegs – eine eisige Reportage.
Es weht ein eisiger Wind über den Lendplatz in Graz, dort, wo die ÖVP am Freitagnachmittag noch ein letztes Mal Funktionärinnen und Funktionäre zusammentrommelt, um mit Flyern und Äpfeln aus dem Bauchladen Wähler zu überzeugen. Landeshauptmann Christopher Drexler klingt gelassen, zumindest gelassener als in den Wochen zuvor: Es war ein ungemütlicher, eisiger Wahlkampf für die steirische Volkspartei, die Stimmung eindeutig auf der Seite der Freiheitlichen.
„Mir gefällt es hier trotz der widrigen Witterungsverhältnisse“, sagt Drexler auf der kleinen Bühne, umgeben von weiß-grünen Luftballons und Landesräten. „Der Lendplatz ist so etwas wie mein natürliches Habitat. Hier bin ich aufgewachsen.“
Gegen den Sog des Bundestrends
Drexler wiederholt das, was er seit Wochen trommelt: Diese hier sei eine richtungsentscheidende Wahl; es gehe darum, ob man Experimente oder Stabilität wolle; es gehe um den nächsten Landeshauptmann und nicht darum, „der zerstrittenen Bundespolitik etwas auszurichten“.
Eine Akustikversion von Miley Cyrus’ „Wrecking Ball“ dröhnt aus den Lautsprechern. Heißen Tee oder Glühwein für die Wahlkämpfer, die in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen, gibt es erst am Abend am Karmeliterplatz. „Ja, Leistung muss sich lohnen“, scherzt eine Funktionärin.
Wir haben schon gezeigt, dass wir regieren können.
Christopher Drexler, ÖVP-Spitzenkandidat
Der „Toni“ ist kein Lauter
Direkt neben dem Lendplatz wird es plötzlich rot: Die SPÖ zieht mit Luftballons, Pauken und Trompeten in Richtung Freiheitsplatz. Dort trifft die Gruppe auf andere Funktionäre, die sich nach einem Sternmarsch zu Füßen von Kaiser Franz I. (bzw. seines Denkmals) sammeln. Als Anton Lang vor die Menge tritt, brandet Applaus auf, etwas verhalten, denn die dicken Handschuhe der Unterstützer dämpfen die Lautstärke. Der „Toni“, wie sie ihn alle nennen, ist kein Lauter, er braucht nicht ins Mikrofon zu schreien, damit seine Botschaften ankommen.
Lang will Landeshauptmann werden und betont das auch noch einmal deutlich. Das hören die Genossen gerne. „Nur eine starke Sozialdemokratie kann den Zusammenhalt und das politische Gleichgewicht in der Steiermark garantieren“, sagt er und appelliert noch einmal an alle, bis zum Schluss zu „laufen“. 24.000 Kontakte will man jetzt noch bis zum Sonntag schaffen, egal ob bei persönlichen Gesprächen, Verteilaktionen, Wahlkampfständen oder Hausbesuchen. Dann kommt der gemütliche Teil, das Aufwärmen bei Tee und Mini-Lebkuchenherzen.
Trumps Wahl war für Grüne Tiefpunkt
Passend direkt bei der Straßenbahn-Haltestelle am Hauptplatz haben die Grünen am Freitag ihren Stand aufgebaut und versuchen, so viele Öffi-Passagiere wie möglich zu erreichen. Auf Kundgebungen wird verzichtet, Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl, die aussichtsreichsten Kandidaten auf der grünen Landesliste und die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner suchen das direkte Gespräch. „Das macht Spaß, das ist die Essenz von Politik“, so Krautwaschl.
Sie wird auch am Samstag noch den ganzen Tag unterwegs sein: Stattegg, Graz und Gleisdorf stehen am Programm. Gab es gar keinen Durchhänger im fordernden Wahlkampf? „Als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, habe ich mir kurz die Sinnfrage gestellt. Dann war aber rasch wieder mein Widerstandsgeist da.“ Um dann mit Blick auf die Regierungsverhandlungen in Wien zu sagen: „Es wird auch in den nächsten Jahren eine grüne Politik brauchen, davon bin ich zutiefst überzeugt.“
Zuversicht bei den Pinken
Etwas später ziehen die NEOS mit Trommelwirbel, Manner-Schnitten, pinken Luftballons und Bundes-Generalsekretär Douglas Hoyos als Gast durch die Innenstadt. Spitzenkandidat Niko Swatek strahlt Ruhe und Zuversicht aus: „Nach den TV-Debatten habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten.“
Auch den Samstag wird er noch wahlkämpfend in seiner Heimatstadt verbringen, am Abend zieht der NEOS-Tross dann – wie traditionell vor Wahltagen – durch die Bars, um bis zur letzten Minute mit potenziellen Wählern ins Gespräch zu kommen. „Ich hoffe, ich kann am Sonntag eine Stunde länger schlafen“, sagt Swatek schmunzelnd mit Blick auf seinen Sohn Emil (3), der ihn beim offiziellen Wahlkampfabschluss begleitete.
Andere Parteien auf der Zielgeraden
Die FPÖ feierte den Wahlkampf-Abschluss bereits am Donnerstagabend mit schwenkenden Fahnen in der Seifenfabrik. Auch die KPÖ beendete schon am Donnerstag offiziell den Wahlkampf: betont bescheiden mit Kaffee, Kuchen und Livemusik am Grazer Hauptplatz.
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