Die „Salzburg Krone“ feiert heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Der langjährige Chefredakteur Hans Peter Hasenöhrl blickt auf bewegende Geschichten zurück. Teil 2 der Serie, 1984-1994: Die Katastrophe von Tschernobyl. Die zersägte Politiker-Frau und der WEB-Zauberer. Die „Mozart-Affäre“ bewegt die Stadt Salzburg.
HYMNE
„Die Armeen aus Gummibärchen, die Panzer aus Marzipan. Kriege werden aufgegessen. Einfacher Plan. Kindlich genial.“ Herbert Grönemeyer, dessen geniale Konzerte in Salzburg die „Krone“ stets mit Sonder-Berichten begleitet, textet den Welt-Song „Kinder an die Macht“. Es ist das neue Leitbild der „Salzburg Krone“.
RADIOAKTIV
26. April 1986: Für Generationen verändert sich der Alltag dramatisch. Der vierte Reaktor im Kernkraftwerk Tschernobyl explodiert. Der Wissenschafter der Universität Salzburg Friedrich Steinhäusler als Mann des Jahres und „Krone“-Autor. Denn der Wind treibt eine Wolke in Richtung Salzburg. Es regnet. Steinhäusler schlägt Alarm: Der Professor checkt mit seinen Geigerzählern Sandkisten und Waldböden. Salzburg verzeichnet den höchsten radioaktiven Niederschlag Österreichs, die Erde, die Pilze, das Gemüse – alles in gesundheitsschädigendem Ausmaß verseucht.
REVOLUTION
Eine einmalige Aktion bildet sich: Mütter gegen Atom. Dr. Karoline Hochreiter sammelt Mitstreiter um sich. Der „stumme Frühling“, in dem unsere Kinder nicht auf die Spielplätze dürfen, bleibt im Gedächtnis. Sand wird ausgetauscht, nicht verseuchte Nahrungsmittel werden angeboten und eine neue soziale Bewegung – unterstützt durch die „Krone“ – formiert sich: Die Belastung der Mütter im Alltag, in den wenigen Supermärkten und in überfüllten Bussen, wird zum General-Thema.
GRENZENLOS
Die Frauen wagen eine bisher einzigartige Aktion: Tausende marschieren an einem Sonntag mit Kinderwagen über die Grenze bei Freilassing nach Bayern, vorbei an den verblüfften Zollbeamten, und demonstrieren gegen eine geplante atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Die Salzburger Landesregierung erhebt offiziell Einwand gegen das Projekt, die „Krone“ druckt täglich juristisch fundierte Unterschriftenlisten ab. Zehntausende Formulare überfluten die Redaktion. Der enorme Druck wirkt: Die so verhasste WAA versinkt in den Schubladen. Stattdessen baut Bayern dort eine Fabrik für Solar-Batterien. Beim Salzburger Mozartplatz errichten Aktivisten aus Teilen des Bauzauns ein Denkmal.
ZAUBERTRICK
Es wird aber auch gescherzt in diesem Jahrzehnt in Salzburg: Vor 400 Gästen in der Aula der Uni in Hellbrunn zelebriert SPÖ-Landesvize Wolfgang R. seinen 40. Geburtstag. Für den Höhepunkt ist ein magisches Spektakel programmiert: Die Frau des Politikers klettert in eine Kiste, diese wird verschlossen. Der WEB-General-Manager und Hobby-Zauberer Bernd S. zersägt den Behälter. Daneben steht lächelnd Landesrat Othmar Raus (Jahre später im Finanzskandal um Spekulationen mit Steuergeld verurteilt) als „Zauberlehrling“ mit weißen Handschuhen. Er hilft der jungen Dame, als diese unter Applaus unversehrt aus dem Holzverschlag klettert. Der spannende Trick stammt aus 1921 und nennt sich „Die zersägte Jungfrau“.
TRAUMBILD
Der vife „Krone“-Fotograf Weber weiß, wie viele im Saal, schon vom drohenden WEB-Debakel und bringt seine Kamera in Position. Das Traum-Foto erscheint nach der Implosion des Finanzkonstrukts auf Seite 1 der „Krone“ und ist ein Grund für den Rücktritt des Landes-Vizes. Die junge Konsumentenschützerin der Arbeiterkammer Gabi Burgstaller erstattet 1989 gegen 30 Banker und WEB-Mitarbeiter Anzeige wegen Betrugs. 25.000 Anleger erleiden einen Schaden von 140 Millionen Euro. Für den WEB-Zauberer setzt es nach einer Flucht bis Panama neun Jahre Haft. Bernd S. hatte auch stets die „Schwarze Nacht“, die ÖVP-Bälle, organisiert, doch es scheint wie eine irrwitzige Regel: Üble Skandale aus dem Biotop der Volkspartei trocknen stets die roten Felder aus. Auch SPÖ-Bürgermeister Josef Reschen geht ab.
KONFRONTATION
Es kommt noch ärger: Der neue erzrote Vizebürgermeister Herbert Fartacek fährt einen prononcierten Linkskurs und deckt die „Krone“ wegen kritischer Berichte mit Klagen ein – erfolglos! Er unterstützt ein Haus für gestrandete Punker und er freut sich über eine Aktion gegen den Mozart-Kult in Salzburg: Die Amadeus-Statue wird mit hunderten Einkaufswagerln eingehaust. Die „Krone“ kritisiert dies massiv, fordert freie Sicht auf Mozart. Die Initiatoren der Aktion verteilen in der Stadt 15.000 Flugblätter mit dem Titel: „Treten Sie zurück, Herr Hasenöhrl!“ Die Salzburger sind auf Seiten der „Krone“. Der neue Bürgermeister Harald Lettner knickt ein, lässt die Wagerln entfernen. Die SPÖ zerreißt es.
FIASKO
Bei den folgenden Wahlen verliert die Partei von ihrer absoluten Mehrheit neun Mandate und erleidet die größte Niederlage der Geschichte. Fartacek spaltet sich mit drei Getreuen von den Genossen ab und wählt überraschend den ÖVP-Mann Josef Dechant zum Bürgermeister. Eine linke Sache, meinen genaue Beobachter der Szene. Zeitungswissenschafter DDr. Aurelius Bruck verfasst ein eigenes Büchlein über die Zeit, „Die Mozart-Krone“. Wir freuen uns über zweistellige Prozent-Zuwächse im Verkauf. Denn immer mehr Salzburger wollen wissen, was in der wild umstrittenen „Salzburg Krone“ steht.
GEDRUCKT
Die neu errichtete Druckerei neben dem romantischen Gasthaus „Kuglhof“ in Maxglan gibt unserer Zeitung noch dazu die Möglichkeit, alles zu berichten, was bis Mitternacht in Salzburg geschieht. Meist sind wir schneller als Radio und Fernsehen mit ihren ersten Sendungen, denn die Hauszustellung erfolgt bis spätesten sechs Uhr früh zu jeder Haustür im ganzen Land Salzburg.
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