Mit „Steirergift“ (heute, ORF 1, 20.15 Uhr) und „Steirermord“ (10. Dezember, ORF 1, 20.15 Uhr) macht der Wiener Hary Prinz als Chefinspektor Sascha Bergmann sein Steirerkrimi-Dutzend voll. Im „Krone“-Interview spricht er über den Erfolg der Reihe, wie sich seine Figur verändert und wie er die Steiermark dadurch kennenlernt.
„Krone“: Herr Prinz, mit „Steirergift“ und „Steirermord“ stehen dieser Tage die beiden nächsten Steirerkrimis im ORF an. Warum ist die Reihe über all die Jahre hinweg denn so populär geblieben?
Hary Prinz: Das liegt vor allem an der Regionalität. Man kann genau die Menschen zeigen, die dort leben. Wolfgang Murnberger, der mit seiner Frau die Drehbücher schreibt, schaut den Leuten sehr genau auf den Mund und so sind seine Geschichten sehr präzise geschrieben. Es ist selten der Fall, dass wenn ich ein Drehbuch lese, für mich jeder Satz so stimmt wie hier. Normalweise ersuche ich mir, die Dialoge immer mundgerecht zu machen, aber das ist bei den Steirerkrimis kaum nötig. Murnberger wuchs in Burgenland am Land auf und bildet die Leute so ab, wie sie wirklich sind. Im Fernsehen hat man oft das Gefühl, dass die Leute reden, was sie denken, aber im echten Leben ist das natürlich anders. Sehr viele Reihen und Serien, wie etwa der „Tatort“, spielen in der Stadt. Das Land ist aber anders und manchmal wilder. (lacht) Die Western spielen schließlich auch am Land. Ich finde die österreichischen Landkrimis gut gemacht und mit sehr viel Details und Liebe erzählt – deshalb funktionieren sie auch in Deutschland sehr gut.
Für Sie bedeutet 2024 das zehnjährige Jubiläum als Chefinspektor Sascha Bergmann in den Steirerkrimis. Inwieweit haben Sie die Figur des Bergmann über die Jahre in eine Richtung entwickeln können, die Ihnen zusagt?
Ich bin mit dem Bergmann natürlich ein bisschen gealtert. (lacht) In der Zwischenzeit hat er sich auch seine Hörner abgestoßen und heute ist das Essen oft wichtiger als die Frauen. Es ist spannend, die Figur immer wieder abzuklopfen. Bei einem selbst entdeckt man doch auch immer neue Facetten an sich und man gewinnt an Lebenserfahrung und geht mit Dingen ganz anders um. Bergmann ist heute nicht mehr nur der Supermacho, sondern zeigt auch andere, weichere Seiten.
Hat sich Bergmann auch schon in Sie hineingefressen oder vice versa?
(lacht) Es ist oft lustig, wenn ich im echten Leben erkannt werde. Mir ist in der Steiermark einmal einer beim Einparken reingefahren und ich ging dann auf die dortige Polizeistelle für den Unfallbericht. Der Chef vom Polizeiposten hat mich erkannt und mich als „Chefinspektor“ angesprochen. Dann habe ich noch einen Kaffee mit den Polizisten getrunken. Das hat mir zwar vom Unfallhergang nicht geholfen, aber es war sehr nett. (lacht) Wenn ich im Bergmann drin bin, dann kann ich auch nach Drehschluss noch eine Zeit lang den Macho raushängen lassen. Ich brauche immer ein bisschen, bis er mich daheim wieder verlässt. Manchmal ist er aber auch angenehm, weil man als Polizist ein gewisses Selbstvertrauen hat, das manchmal auf mich abfärbt. Es ist aber wichtig, dass er mich dann auch wieder mal verlässt, bevor er mich zu nerven beginnt. (lacht)
Inspektor Bergmann ist eben gerne chauvinistisch und sehr knorrig. Sind das Reizpunkte, die ihn für die Zuseher besonders auszeichnen?
Es ist immer spannend, wenn eine Figur nicht eindeutig gut oder böse, sondern vielschichtig ist. Das steckt auch in jedem selbst. Nach außen hin möchte man immer der Liebe sein, aber auch ich kann manchmal sehr grantig werden, wenn ich zu früh aufstehen muss. Das ist beim Drehen oft der Fall, aber ich reiße mich dann natürlich zusammen. In Zeiten von #metoo höre ich oft, dass manche Leute die machoide Figur des Sascha Bergmann sehr arg finden, weil er redet, wie er redet. Es gibt aber solche Menschen und wenn man das mit Humor nimmt, kommt man besser damit klar. Ich fände es schade, denn wenn man anfangen würde, alles runder zu machen, dann wird es schnell fad. Wenn etwas Kanten hat, ist es immer viel spannender.
Muss man bei Filmproduktionen aufgrund des übertriebenen Aufpassens auf Wortwahl und Humor nicht besonders darauf achten, den Bezug zur Realität nicht zu verlieren?
Wir leben in einer Zeit, wo es Gott sei Dank vermehrt hochschwappt, wie schlecht manche Männer mit Frauen umgehen oder wie diktatorisch in Theatern inszeniert wird. Es ist wichtig und gut, dass das aufbricht und wenn auch Kritik manchmal über das Maß hinaus schnalzt, gehört das dazu. Das passiert immer dann, wenn man etwas kritisch betrachtet oder neu hinschaut. Damit überhaupt etwas passiert. Ich finde nur, dass man auf allen Seiten nicht den Humor verlieren darf. Humor soll nicht verletzend sein, aber er darf frei und manchmal arg sein.
Seit einigen Jahren ist auch die Figur der Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) nicht mehr an der Seite des Bergmann wegzudenken. Hat sie Ihre Figur nicht auch klar verändert?
Es herrscht zwischen beiden ein absolut gleichwertiges Dienstverhältnis. Obwohl Bergmann ihr Vorgesetzter ist, gibt es überhaupt keine Hierarchie. Dadurch, dass die Figur der Anni Sulmtaler sehr schlagfertig ist und sich überhaupt nichts gefallen lässt, entstand eine sehr kumpelhafte Beziehung. Sie ist für Bergmann wie eine Art Schwester. Sie ist niemand mehr, die Bergmann anbraten würde und wenn, dann nur im Witz, nicht ernst gemeint.
Neben den Steirerkrimis sind Sie auch bei „Die Toten vom Bodensee“ auf der anderen Seite des Landes zu Hause. Wo fühlen Sie sich heimeliger?
Ich versuche die Figuren auseinander zu halten, weil sie auch völlig unterschiedliche Charaktere sind. Thomas Kromlatschek von „Die Toten vom Bodensee“ ist ein skurriler, seltsamer Eigenbrötler, von dem man nicht viel weiß. Bergmann ist ein Hedonist, der voll im Leben steht. Er flirtet die ganze Zeit mit Frauen und bleibt dran, auch wenn er meist eine Abfuhr kriegt. Bergmann trinkt gerne ein Bier, während Kromlatschek eher einen guten Rotwein trinken würde. Beim Drehen ist mir relativ egal, ob es jetzt ein Krimi, eine Komödie oder eine Liebesgeschichte ist. Ich schaue mir die Figur an und will wissen, wie sie ist, wie sie funktioniert, wie das Umfeld aussieht und wie die Kollegen sind.
Haben Sie durch die vielen Dreharbeiten die Steiermark als Bundesland anders zu schätzen gelernt?
Ja klar. Ich war vor vielen Jahren, Anfang der 90er-Jahre, ein paar Mal in Graz und dann lange nicht mehr. Steiermark ist ein Kulturland und es hat einen Grund, warum die Steirer immer zu den beliebtesten Österreichern gewählt werden. In der Südsteiermark gibt es den besten Weißwein der Welt und es ist dort wahnsinnig schön. Als Wiener darf ich das sagen: Die Steirer sind wesentlich freundlicher als die Wiener. Das ist jetzt keine große Kunst, aber ich finde es hier im Alltag ungemein angenehm. Das Essen ist gut, die Landschaft ist schön und man ist von hier aus in drei Stunden in Triest am Meer. Diese Nähe ist ein großer Vorteil.
Für die Krimis schadet es aber auch nicht, wenn man, wie jetzt bei „Steirergift“, auch einmal in den weniger pittoresken Teilen wie Leoben oder Trofaiach dreht.
Das ist dann natürlich die industrielle Seite des Landes. Einerseits hast du die Südsteiermark, dann eben den Stahl und die Härte in der obersteirischen Gegend und die sehr rechten und eigentümlichen Bräuche von Studentenverbindungen – aber das gibt es in Wien wahrscheinlich auch. Den allerersten Steirerkrimi haben wir z.B. in Eisenerz gedreht, dieser aussterbenden Stadt. Das war spannend zu sehen, aber auch traurig. Das Land hat unheimlich viele verschiedene Facetten. Graz ist eine sehr sympathische Stadt. Man spürt, dass hier viele Studenten sind und der Vibe ist wieder ganz anders als auf dem Land. Das einzige, was in der Steiermark fehlt, ist ein See. Vielleicht kann sich mal eine Gemeinde opfern und wird umgesiedelt, um einen riesigen Steirersee zu graben. (lacht)
Diese Vielfalt des Landes bietet auch viele Möglichkeiten, unterschiedlichste Steirerkrimis zu inszenieren …
Genau. Dadurch herrschen sehr unterschiedliche Stimmungen und Gesellschaftsklimas.
Mit dem am 10. Dezember ausgestrahlten „Steirermord“ haben Sie nun das Dutzend als Inspektor Bergmann vollgemacht. Gibt es manchmal auch schon Ermüdungserscheinungen?
Wir sind keine Serie, sondern eine Reihe. Es vergeht ein Jahr, bis man dann wieder dafür vor die Kamera darf. Ich arbeite sehr gerne mit Wolfgang Murnberger zusammen, mag die Figur und wir sind ein sehr tolles Team. Ich freue mich immer sehr darauf, wenn es wieder losgeht. Sehr viele Leute sind auch hinter der Kamera von Anfang an dabei. Die Steirerkrimis sind für mich keine Pflichtveranstaltung, sondern bezahltes Urlaubmachen. (lacht) Wir erzählen gemeinsam gut geschriebene Geschichten – mehr kann man sich bei Dreharbeiten eh nicht mehr wünschen.
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