Nur zwei Tage nach der Landtagswahl melden sich der steirische Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk und sein Pendant bei der Industriellenvereinigung, Kurt Maier, gemeinsam zu Wort. Sie fordern von der neuen Landesregierung, dass das Thema Wirtschaft an erster Stelle steht: „Es darf kein Zögern und keine Tabus geben.“ Auch neue Gemeindefusionen sollen Thema sein.
Zeitgleich zur Pressekonferenz von FPÖ-Chef Mario Kunasek melden sich – nur wenige Meter entfernt – Josef Herk und Kurt Maier zu Wort. „Der wichtigste Faktor ist Zeit, man muss rasch ins Handeln kommen“, mahnt der Industrie-Präsident angesichts der Rezession und der schwierigen Lage vieler Leitbetriebe. Die Gründe dafür seien nicht nur auf europäischer oder Bundesebene zu finden, nein, in der Steiermark gäbe es auch „hausgemachte Probleme.“
Ein altbekannter, aber nichtsdestotrotz wesentlicher Hebel, der betätigt werden muss: Es braucht schnellere Genehmigungsverfahren. „Die richtigen Personen sollen an den richtigen Stellen sitzen“, so Maier. Die Möglichkeiten der Digitalisierung werden derzeit noch kaum genutzt: „Ich habe selbst zwei UVP-Verfahren erlebt (als Vorstandsvorsitzender von Heinzl in Pöls, Anm.). Wir haben kofferweise Unterlagen zur Behörde gebracht.“ Eine digitale Datenbank, auf die alle Beteiligten zugreifen könnten, wäre hilfreich – in Oberösterreich ist immerhin ein Pilotprojekt gestartet.
Das schlimmste Möbelstück der Steiermark ist die lange Bank, sie gehört abgeschafft.
Josef Herk
Bild: Christian Jauschowetz
Alle Ausgaben sollen geprüft werden
Maier betont, dass er bei den Behörden ausschließlich hochqualifizierte Fachleute getroffen habe. „Sie leiden aber selbst unter den Regulatorien und Verzögerungen.“ Man müsse daher stärker auf nicht-amtliche Sachverständige zurückgreifen, assistiert Herk. Die IV hat übrigens eine Studie in Auftrag gegeben, wie sich Verfahren beschleunigen lassen.
Sorgen bereitet den beiden Wirtschaftskapitänen auch die hohe Landesverschuldung von bald sechs Milliarden Euro. Man müsse daher Effizienzspielräume nutzen und die gesamte Ausgabenpolitik evaluieren. Maier regt zudem eine Debatte über die Föderalismus-Strukturen an. Auch Herk betont: „Es darf keine Tabus geben.“ Er will eine neue Gemeindestrukturreform diskutieren und nennt als Beispiele Bruck und Kapfenberg sowie seine Heimatregion, das Aichfeld.
Es kann eine Trendumkehr gelingen, wenn alle in dieselbe Richtung ziehen.
Kurt Maier
Bild: Jauschowetz Christian/Christian Jauschowetz
Trotz steigender Arbeitslosigkeit ist auch der Fachkräftemangel weiterhin ein Hemmschuh. Maier bringt wieder ein Praxis-Beispiel aus seinem Unternehmen: Durch eine neue Papiermaschine seien 80 Arbeitsplätze entstanden. Die dafür notwendigen Mitarbeiter musste man selbst ausbilden, das habe zwei Jahre gedauert.
„Es ist 5 nach 12“
„Wir haben keine Zeit zum Zögern und Abwarten, es ist 5 nach 12“, betont Wirtschaftskammer-Präsident Herk. Er appelliert an die neue Landesregierung, Wirtschaft und Standortpolitik an erster Stelle zu sehen. Nach Vorbild Kärntens könnte es vierteljährlich ein Treffen der Regierung mit den Sozialpartnern geben.
Herk nimmt auch zur Obmanndebatte in der steirischen ÖVP Stellung. Der Wirtschaftsbund-Chef hat zwar in der Sitzung am Montag Wahlverlierer Christopher Drexler, wie alle anderen auch, das Vertrauen ausgesprochen, doch der parteiinterne Wirtschaftsflügel drängt auf eine Neuaufstellung nach den Koalitionsverhandlungen. „Wenn in einem Unternehmen das Geschäft schlecht läuft, wird die Position des Geschäftsführers hinterfragt. Das ist in einer Partei nicht anders. Man muss dann alles hinterfragen, so selbstkritisch muss man sein. Nichts ist gottgegeben und durch Handauflegen wird nichts besser“, so Herk am Dienstag.
Klar ist: Die Interessensvertreter der Wirtschaft werden es künftig mit einer FPÖ-geführten Landesregierung zu tun haben, zu der es bisher nur lose Kontakte gab. Herk: „Der erste Weg wird zur neuen Landesregierung führen, wir werden unser Forderungsprogramm offiziell überreichen und Gespräche führen.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.