Die SPÖ steckt in einer strategischen Krise. Rainer Nowak, Superressortleiter Politik und Wirtschaft bei der „Kronen Zeitung“, sieht die Partei vor einem schwierigen Dilemma – vor allem in Hinblick auf die politische Spaltung zwischen Wien und dem Rest Österreichs. Wie kann die SPÖ ihre einstige Kernwählerschaft zurückgewinnen?
„Das ist, glaube ich, die Million-Dollar-Frage“, meint Nowak. „Dann müssten die mich wahrscheinlich zum sozialdemokratischen Parteichef wählen und nicht den Herrn Fussi bzw. den Herrn Babler.“ Die zentrale Herausforderung sei die Positionierung der SPÖ: „Wird die SPÖ eine Mittelschichtpartei, weil es ist eigentlich ihre alte Klientel, die auch durch die Sozialdemokratie ein bisschen wohlhabender geworden ist? Oder versteht sie sich weiter als die Partei der Ärmeren und Ärmsten?“
Nowak sieht die Partei in einer Zwickmühle, die kaum aufzulösen ist: „Da gab es die These von Michael Häupl, der gesagt hat, dann müsste man sich ja eigentlich um die Migranten kümmern, weil das sind die neuen Armen. Das würde aber mit der anderen Wählerschaft der Sozialdemokratie wohl kaum in Einklang zu bringen sein.“
Er plädiert für einen Blick nach Dänemark, wo sich die Sozialdemokratie erfolgreich zur Mitte orientiert habe: „Entschieden wird die Wahl in der Mitte. Da muss die Sozialdemokratie sicher weiter nach rechts rücken, wie das Vorgänger von Andreas Babler auch getan haben.“
Warum funktioniert Wien anders?
Während die SPÖ im Rest Österreichs um ihre Existenz kämpft, bleibt Wien ihre Hochburg. Laut Nowak liegt das an den besonderen Regeln der Großstadt: „Wien ist nicht Österreich, das muss man einfach ganz klar sagen. Das ist eine Großstadt mit ganz eigenen Regeln und ganz eigenen Wählerinnen und Wählern, die hier sehr wohl immer eine linke Mehrheit garantieren. Wien ist links, der Rest Österreich nicht.“
Der Erfolg von Bürgermeister Michael Ludwig basiere auf seiner Fähigkeit, die unterschiedlichen Flügel der Wiener SPÖ zu vereinen: „Es gibt nicht eine Wiener SPÖ, es gibt drei, vier Wiener SPÖs. Und im Idealfall, und das ist bis jetzt gelungen, arbeiten diese Flügel zusammen.“
Doch das hat seinen Preis: „Mitunter führt das dazu, dass der Wiener Bürgermeister vielleicht nicht so viele Entscheidungen trifft, wie er treffen sollte, sondern eher abwartend und ein bisschen zögerlich wirkt. Aber das hat damit zu tun, dass er dieses riesengroße Spektrum abdecken muss.“
Warum funktioniert Kickl?
Herbert Kickl punktet vor allem in der Bevölkerung, weil man ihm in zentralen Themen wie Migration und Asyl Kompetenz zuschreibt. „Man vertraut dann dem Herbert Kickl. Das traut man ihm eher zu“, sagt Nowak. Hier sieht er Parallelen zu Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der „bei diesem Thema offenbar sehr authentisch für die Bevölkerung war und deswegen wahrscheinlich auch gewählt wurde.“
Besonders überraschend sei für Nowak die neue Nähe zwischen Kickl und Kurz: „Vielleicht ist das ein Grund, warum die beiden auch einen guten Draht zueinander haben neuerdings, was ich sehr überraschend finde.“
Die Herausforderungen für die ÖVP
Während Kickl an Profil gewinnt, ringt die ÖVP mit ihrer Position in der Migrationspolitik. „Die ÖVP hat es ja zum Teil versucht, die versucht da quasi ein bisschen ein ‘Ja, aber‘-Weg zu gehen“, analysiert Nowak. Doch diese Strategie sei schwer umzusetzen, gerade für Bundeskanzler Karl Nehammer: „Ich finde, während Karl Nehammer sich bei dem Thema offensichtlich ein bisschen schwerer tut.“
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