Pünktlich zu den Festtagen zeigt sich der alte Sitz der steirischen Oberhirten nach einer „Frischzellenkur“ in seiner ganzen Pracht. Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl nimmt die „Krone“ mit auf einen Rundgang durch das renovierte Schloss Seggau und öffnet das prächtige Fürstenzimmer samt Geheimgang.
Als wir den dichten Nebel im Tal und die sich auf den Hügel schlängelnden Serpentinen hinter uns gelassen haben, erhebt sich vor uns das in gleißendes Licht getauchte Schloss Seggau. Der Himmel über der Südsteiermark ist klar, wir atmen frostige Luft, die die Sonne kaum erwärmen kann. Unwillkürlich denkt man an die alten Kirchenoberen und ihre genialen Baumeister, die schon vor Jahrhunderten gewusst haben: Hier ist der schönste Platz, um einen Bischofssitz für die Ewigkeit zu bauen.
Doch ein altehrwürdiges Gebäude, das eisigen Schneestürmen, unbarmherzigem Starkregen und wilden Böen seit dem Mittelalter trotzt und noch in tausend Jahren über Leibnitz thronen soll, muss in Schuss gehalten werden. Jedoch war die letzte Instandsetzung des historischen Oberschlosses schon so lange her, dass man auch in der Kirchenchronik nichts Brauchbares darüber fand.
Der Zahn der Zeit nagte gefräßig am alten Gemäuer, bröckelnde Gesimse und Putz, morsche Fensterrahmen, kaputte Dachziegel und Sprünge im Mauerwerk waren die Folgen. Ergo entschloss sich die Diözese Graz-Seckau heuer zur Generalsanierung des weitläufigen Komplexes – und pünktlich vor den Festtagen kann man ein dickes Hakerl unter die dringendsten Bauarbeiten setzen.
„Frischzellenkur“ für das altehrwürdige Gemäuer
„Die erste von drei Bauetappen ist jetzt abgeschlossen. Bis 2026 werden auch der Uhrturm im Hof, der ,Liesl’-Turm mit der größten historischen Glocke der Steiermark und Teile der alten Festungsmauern saniert“, berichtet uns Direktorin Andrea Kager-Schwar, und nimmt uns auf einen Rundgang durch das Oberschloss mit. Am Arkadengang – die „Frischzellenkur“ hat diesem sichtlich gutgetan – wartet Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl, dessen zweite Wohnung abseits der Landeshauptstadt Graz einige Räume weiter liegt. Aber wie kam es dazu, dass die steirischen Oberhirten auch in Seggau einen Sitz hatten?
Geheimtür brachte Bischof ungesehen in die Kapelle
Drehen wir das Rad der Zeit um 1164 Jahre zurück. Im Jahr 860 übernahm das Erzbistum Salzburg das Gebiet, im 12. Jahrhundert erbaute man das Oberschloss als Missions- und Verwaltungsbastion zur Kolonialisierung der südlichen Steiermark. Anno 1218 gründete der Salzburger Erzbischof Eberhard II. die Diözese Seckau und machte Schloss Seggau zum Bischofssitz der steirischen Bischöfe (von der obersteirischen Abtei Seckau leitet sich Seggau ab). „Als sogenanntes Mensalgut diente es früher dem Unterhalt des Diözesanbischofs“, erklärt Kager-Schwar. Erst 1786 wurde Graz zum Hauptsitz, Seggau blieb bis ins 20. Jahrhundert die bischöfliche Sommerresidenz.
Als uns Bischof Krautwaschl die Türen zu den Fürstenzimmern im Oberschloss, einst prächtige fürstbischöfliche Repräsentationszimmer, öffnet, bekommen wir einen Eindruck von der langen Geschichte, die dieser Sakralbau atmet: Eine schier endlose Gemäldegalerie seiner Vorgänger im Bischofsamt ziert die barocken Wände. Mitten drin eine Geheimtür – für einen unentdeckten Zugang des Bischofs und seiner Gäste zur Empore in der Kapelle im Oberschloss.
Weihnachtliche Botschaft: „Fürchtet euch nicht!“
Das Hotel und Kongresszentrum, das Seggau ebenfalls beherbergt, ist der Endpunkt der „Restaurierungsreise“. Ein geschmückter Christbaum im Frühstückssaal stimmt die Gäste auf Weihnachten ein. „Angesichts der vielen Krisen ist die weihnachtliche Botschaft heuer für mich ,Fürchtet euch nicht’, wie der Engel zu den Hirten am Feld gesagt hat“, betont Krautwaschl. „Fürchtet euch nicht, ich bin bei euch, vertraut auf mich, dann kann kommen, was will.“
Die zweite Botschaft des Bischofs ist die der Hoffnung. „Die großen Sorgen um Arbeitsplätze, eine schlechte wirtschaftliche Situation, Krieg und Terror: Trotz all dieser vielfältigen Krisen können Gläubige in kritischen Situationen durchhalten, wenn sie auf Gott schauen.“ Global betrachtet, gehe es uns nicht schlecht, aber die objektive Sichtweise helfe dem persönlichen Empfinden nicht.
„Trotz allem möchte ich in Erinnerung rufen: Schauen wir aufs Ganze. Der Weihbischof von Lemberg in der Ukraine etwa schickt mir alle paar Wochen Bilder vom Leben im Krieg. Ich kann leben und nicht nur überleben, wenn ich Hoffnung habe, diese weitergebe und davon erzähle“, so Krautwaschl.
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