Ausgerechnet der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband macht gegen das Wiener Rathaus mobil. Der Grund: die ab Jahreswechsel gültige neue Taxiverordnung, die nur noch Neuzulassungen von E-Fahrzeugen erlaubt. Das Rathaus solle „Fehlerkultur“ zeigen und die Verordnung zurücknehmen, wird gefordert.
Zwei Wochen vor dem Inkrafttreten der neuen Taxi-Verordnung, die als neu zugelassene Taxis nur noch E-Autos erlaubt, schießt der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) scharf gegen das Rathaus und vor allem SPÖ-Wirtschaftstadtrat Peter Hanke: Die „zum Scheitern verurteilte“ Verordnung müsse zurückgenommen werden, das Rathaus solle „Fehlerkultur“ zeigen.
„Unausgereiftes Experiment“
Vor allem für die Kleinunternehmer in der Branche sei die neue Verordnung existenzbedrohend, argumentiert der SWV: Sie seien oft auf öffentliche Ladestellen angewiesen, von denen es viel zu wenige gebe, bei denen die Kapazitäten zu gering seien. „Das kostet Zeit, die ich mit Fahrgästen verbringen sollte“, sagte Taxiunternehmer Serhat Sen. Und Wiens SWV-Präsident Marko Fischer legte nach: Die Verordnung sei ein „unausgereiftes Experiment“ und führe „nicht in die Zukunft, sondern in die Sackgasse“.
Den Vorwurf mangelnder Ladeinfrastruktur will Wien Energie nicht auf sich sitzen lassen: Das Unternehmen verweist auf 40 Ultraschnellladestellen (Ladezeit ca. 12 Minuten) und über weitere 200 Schnell-Ladepunkte (Ladezeit 30 bis 60 Minuten). Bei den rund 1000 anderen öffentlich frei zugänglichen Ladestellen könne man ohne Mehrkosten über Nacht laden. Außerdem werde die Infrastruktur ständig weiter ausgebaut.
Gegenvorschlag mit CO2-Grenzwerten
Der SWV plädiert statt der Verordnung für eine schrittweise Senkung von CO2-Grenzwerten für neu zugelassene Taxis über die nächsten sechs Jahre. Allerdings mussten auch die SWV-Vertreter zugeben, dass der Vorschlag insofern reichlich spät kommt, als viele Taxifahrer schon vor Monaten neue Verbrenner gekauft hätten, um der Verordnung auszuweichen. Selbst habe man Hanke die Vorschläge vor fünf Wochen übermittelt. Der habe laut Fischer „zugesichert, dass es geprüft wird. Aber das hat mir zu lange gedauert.“
Kühle Reaktion aus dem Rathaus
Hankes Büro ist überzeugt, dass das Ladenetz für die derzeit 220 E-Taxis – bei 8300 Fahrzeugen insgesamt – ausreichend ist. Es werde mit steigendem Bedarf ja auch ausgebaut. Außerdem erinnert wiederum daran, dass die laut SWV „aufgezwungene“ Taxi-Verordnung schon 2020 beschlossen wurde, und das mit sozialpartnerschaftlicher Zustimmung. Außerdem wird auf das Beispiel London verwiesen, wo 2018 ebenso unter Protest der Branche die Umstellung auf E-Taxis erfolgte und inzwischen gut die Hälfte aller Taxis emissionsfrei unterwegs ist. Zudem gibt es ein Zuckerl für die Taxler: Sie dürfen ab sofort mit reduzierten Tarifen laden.
Der Vorstoß des SWV hat wohl auch mit der Profilierung im beginnenden Wirtschaftskammer-Wahlkampf zu tun. Im März werden dort die Karten neu gemischt. Denn auch gegen die eigene Standesvertretung der Taxler in Wien schießt der SWV scharf: „Wir wollen eine Innung, die für die Branche handelt. Das haben wir in den letzten Jahren nicht so gesehen.“
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