Lange Hilfsfristen, explodierende Kosten, fehlende Transparenz: Es sind schwerwiegende Kritikpunkte, die der Rechnungshof in seinem Bericht zum steirischen Rettungswesen auf 188 Seiten an die Oberfläche spült. Rot-Kreuz-Chef Siegfried Schrittwieser verweist auf „enormen Einsatz aller Mitarbeiter“.
Der steirische Landesrechnungshof (LRH) führte auf Antrag von FPÖ, KPÖ und Neos eine Prüfung des Rettungsdienstwesens in der Steiermark durch. Insbesondere sollten Verbesserungspotenziale in der Ausgestaltung der Versorgungsstrukturen aufgezeigt sowie die Finanzierung hinterfragt werden.
Und zu verbessern gibt es scheinbar einiges, wie der am Freitag veröffentlichte Bericht zeigt. Die Kritik richtet sich an die Politik und die zuständige Fachabteilung bzw. deren verlängerte Arme.
Hier ein Auszug der zentralen Kritikpunkte:
Zu viele Krankentransporte
Das Mischsystem aus Rettung- und Notarztfahrten mit Krankentransporten führe zu einem Ressourceneinsatz, der im Krankentransport „inadäquat hoch und somit ineffizient ist“, heißt es gleich zu Beginn. Dass die Wartezeiten für Patienten immer länger werden und auch die Strapazen für die (großteils ehrenamtlichen) Mitarbeiter damit steigen, wurde ja schon öfters von Betroffenen bemängelt.
Die Experten kommen weiters zu dem Ergebnis, dass eine „erhebliche Anzahl von Einsätzen im bodengebundenen Notarzt-Rettungsdienst auch mit geringerem Ressourceneinsatz bzw. einfacheren Rettungsmitteln“ bewältigt werden könnte.
„Überförderung der Kages“
Innerhalb der Regelbetriebszeit stellt die Kages die Notärzte für die 17 Stützpunkte zur Verfügung. Dabei käme es laut den Prüfern zu einer „Überförderung der Kages durch die Fachabteilung für Katastrophenschutz und Landesverteidigung“.
Unsere Leute arbeiten mit vollem Einsatz rund um die Uhr für die Steirer, und das immer öfter unter schwierigsten Bedingungen.
RK-Präsident Siegfried Schrittwieser
Die zuständige Fachabteilung unter der Führung von Harald Eitner wird auch in weiteren Punkten kritisiert. So bedarf etwa nach Meinung des Rechnungshofes die „Kontrolle der Kosten“ bezüglich der steirischen Flugrettung eine „Vertiefung“. Moniert wird zudem, dass „die Errichtung des dritten Stützpunktes auf keiner Bedarfsplanung beruhte.“
Murauer warten oftmals zu lange
Die internationale Hilfsfrist von 15 Minuten (Zeitspanne ab Notruf bis zum Eintreffen des ersten Einsatzmittels) wird laut RH in der Steiermark zu 85 Prozent eingehalten. Die Analyse der Einsatzdaten zeigt aber auch, dass diesbezüglich „eine große regionale Variation“ besteht. So liegt die Quote im Ballungsraum Graz etwa bei 91,4 Prozent, im sehr ländlichen und topografisch komplexen Bezirk Murau jedoch nur noch bei 44,2 Prozent. Die 15-Minuten-Frist konnte laut den Prüfern auch „in vielen weiteren Regionen“ der Steiermark nicht eingehalten werden.
Dramatische Kostenexplosion
Auch die Kosten machen den Experten des Landesrechnungshofes Sorge: Demnach stiegen zwischen 2018 und 2023 die Zahlungen des Landes für das Rettungsdienstwesen in der Steiermark um 81 Prozent auf zuletzt 30,34 Millionen Euro an. Problematisch wäre in diesem Zusammenhang auch die „fehlende Kostentransparenz“. Fazit: „Eine Doppelfinanzierung von Leistungen“ durch das Land und die Sozialversicherungsträger „kann daher nicht ausgeschlossen werden“.
Aufwertung für Ortsstellen gefordert
Der Landesrechnungshof empfiehlt aus gegebenem Anlass „eine umfassende Reform“ im „allgemeinen Rettungsdienst – sowohl in rechtlicher Hinsicht, als auch hinsichtlich Strukturen und deren Finanzierung.“ Es müsse auch „jedenfalls dafür Sorge“ getragen werden, die einzelnen steirischen Ortsstellen als „wesentliches Element zur Wahrung des ehrenamtlichen Dienstes“ zu sichern.
„Nehme Bericht zur Kenntnis“
Siegfried Schrittwieser, seit einem halben Jahr neuer Präsident beim steirischen Roten Kreuz, das hierzulande im Rettungswesen so etwa wie eine Monopolstellung hat, nimmt die Kritik „zur Kenntnis“. Nachdem er den Bericht noch nicht zur Gänze durchgearbeitet hat, möchte er Details aber noch nicht kommentieren.
Spitalsfusionen verlängern Fahrzeiten
Nur so viel: „Unsere Leute arbeiten mit vollem Einsatz rund um die Uhr für die Steirer, und das immer öfter unter schwierigsten Bedingungen.“ Erst in der Vorwoche wäre man mit einem Patienten, der sich in Mariazell am Fuß verletzt hat, wieder „mehrere Stunden unterwegs“ gewesen, bis der Patient von einem Spital aufgenommen wurde. Und er betont: „Wir sind immer überall nur Bittsteller. Wir kämpfen aber nicht für uns selber, sondern für das Wohl der Patienten.“
Kritik der Opposition
„Seit Jahren warnen wir vor der massiven Unterversorgung in Regionen wie der Eisenstraße. Jetzt gibt uns der Rechnungshof recht – es herrscht akuter Handlungsbedarf“, meldete sich SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner zu Wort. Die Neos fordern „rasche Reformen“.
Hier geht's zum gesamten Bericht.
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