Geschichte als „Lehrmeisterin des Lebens“ begleitet drei junge Menschen, die ihre Vorwissenschaftlichen Arbeiten auf dem Weg zur Matura historischen Themen widmeten, Themen erforschten und dafür vom Geschichtsverein ausgezeichnet wurden.
VWA – Vorwissenschaftliche Arbeit: Klingt etwas fad, kann aber hochinteressant sein; so interessant, dass es dafür sogar einen Preis des Geschichtsvereines für Kärnten gibt. Gleich zwei herausragende Maturaarbeiten hat dieser heuer ausgezeichnet: Selina Schwager aus Micheldorf und Julia Ferlitsch aus Vorderberg haben sich an der HLW Hermagor gemeinsam mit den Gailtaler Kirchtagen im Wandel der Zeit beschäftigt. Zweiter Preisträger ist Philipp Sucher aus Feistritz im Rosental, der zu den Kärntner Partisanen geforscht hat.
Selina und Julia tragen mit Begeisterung ihre Trachten, die „Gailtaler Ras“, und haben für ihre VWA junge und alte Menschen im Tal interviewt. „Das Ergebnis war, dass Brauchtum noch zeitgemäß ist und es auch der jüngeren Generation sehr wichtig ist, es aufrechtzuerhalten und weiterzugeben“, erzählen die beiden. Den Kern der Kirchtage im Gailtal bilden das Kufenstechen und der Lindentanz, den der Sieger des Kufenstechens mit seinem Dirndl eröffnen darf. „Der Kern dieser Bräuche wurde nie verändert, doch kleine Adaptionen fanden in jeder Burschenschaft statt“, wissen Ferlitsch, die bei der Burschenschaft Vorderberg dabei ist, und Schwager, die dem Kulturverein Micheldorf angehört. Beide durften schon einmal den Lindentanz eröffnen, wie sie stolz berichten.
Als Maria Theresia die Röcke der Gailtalerinnen zu kurz waren...
In ihrer VWA haben die beiden die Kirchtage in Hohenthurn, Micheldorf, Egg und Vorderberg miteinander verglichen. Außerdem gehen sie auf die Geschichte der Sauren Kirchtagssuppe und der Gailtaler Tracht ein. Letztere war ja Herrscherin Maria Theresia ein Dorn im Auge: Sie verbot im 18. Jahrhundert den Gailtaler Frauen das Tragen der ihrer Meinung nach viel zu kurzen Röcke, wie die beiden jungen Forscherinnen in ihrer Arbeit schreiben.
Ferlitsch hat nach der Matura ein Lehramtsstudium in Klagenfurt begonnen, Schwager absolviert ein Studium zur Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin in Lienz.
Mehr Objektivität
Philipp Sucher, der das am Klagenfurter Europagymnasium besucht hat, war durch Gespräche mit seinem inzwischen verstorbenen Großvater auf sein VWA-Thema gekommen. „Mein Großvater stammte von einem Bergbauernhof am Singerberg und war dort sowohl mit der GESTAPO als auch mit den Kärntner Partisanen konfrontiert. Aufgrund dieser Erlebnisse hielt er immer an der Idee eines freien und demokratischen Österreichs fest. Die Geschehnisse dieser Zeit hat er mir aus einem sehr objektiven Blickwinkel nähergebracht“, so Sucher.
Dennoch blieben für den jungen Forscher einige Fragen offen, die er mit Recherchen zu klären versuchte. Dabei bemerkte er, wie wenig objektiv viele Autoren und Bücher an das Thema herangehen. „In einigen werden die Kriegsverbrechen der Partisanen gegen die Zivilbevölkerung gezielt verschwiegen, in anderen werden die Widerstandskämpfer im Kollektiv als Mörder abgestempelt“, so Sucher. Ihm ist es daher wichtig, weitere Interessierte zu objektiven Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Kärntner Partisanen anzuregen – auch im Sinne der Opfer von damals.
Die Geschichte würde er gerne wie der römische Redner Marcus Tullius Cicero als „Lehrmeisterin des Lebens“ sehen. „Leider unterdrücken einige Menschen diesen Lernprozess bewusst und wollen populistische Eigeninteressen durchsetzen“, bemerkt Sucher, der nach dem Zivildienst Rechtswissenschaften studieren will. „Wobei ich durch meine Liebe zur Historie nicht ganz davon abgeneigt bin, zusätzlich ein Geschichtsstudium zu absolvieren“, erzählt der Preisträger.
Der Preis für Vorwissenschaftliche Arbeiten wird auch für das laufende Schuljahr ausgeschrieben. Infos auch auf https://geschichtsverein.ktn.gv.at/
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.