2024 hat die Steiermark ihren berühmtesten und wohl provokantesten Künstler verloren: Günter Brus starb im Februar mit 85 Jahren. Kurz danach griff die FPÖ das ihm gewidmete Bruseum politisch an. Was von dem großen Aktionisten bleibt und wieso er persönlich enttäuscht wurde, erzählt Roman Grabner, Leiter des Bruseums.
Aktionist, Zeichner, Literat, ein „offener Geist“ – Günter Brus war vieles, vor allem aber der berühmteste steirische Künstler der Gegenwart. Kaum jemand kennt sein Werk so gut wie Roman Grabner. Seit 2012 leitet er das Bruseum in Graz, das Teil der Neuen Galerie und des Universalmuseum Joanneum ist. Wie weit Günter Brus wirkt, sieht Grabner jeden Tag: „Vor Kurzem hatten wir eine Anfrage eines italienischen Schulbuchverlages. Sie wollen den ,Wiener Spaziergang‘ zeigen“ – eine von Brus‘ berühmtesten Aktionen aus 1965.
Am 10. Februar starb Brus in Graz. Er wurde 85 Jahre alt. „Günter Brus hat bis zum Schluss aktiv mitgearbeitet“, sagt Grabner. „Er hat sich vom Krankenhaus aus noch erkundigt, wie die Ausstellung im Kunsthaus Bregenz läuft. Sein Tod kam für mich dann doch überraschend.“
Was bleibt von Brus? „Seine Kunst schafft eine positive und stimulierende Unruhe, die Meinungen erschüttert“, beschreibt Grabner. „Man gewinnt neue Perspektiven. Wir wollen vermitteln, wie umfangreich und bereichernd sein Umgang mit Grundfragen der Existenz ist.“
Politisch umkämpft
Schon im Mai, nur wenige Monate nach seinem Tod, setzte die steirische FPÖ zu einer Kampagne gegen Brus‘ Erbe an. Als „Fäkalkunst und Pornografie“ verunglimpfte man seine Kunst, der jetzige Landesrat Stefan Hermann stellte „Steuergeldverschwendung“ in den Raum und forderte eine Schließung des Bruseums.
Im neuen Regierungsprogramm ist Blau-Schwarz von den Verkaufsplänen abgerückt. „Die FPÖ könnte das Bruseum auch gar nicht schließen“, sagt Roman Grabner. Es ist durch Verträge abgesichert. „Und es ist Teil des Universalmuseum Joanneum, jener Sammlung, die von Erzherzog Johann gegründet wurde.“ Den Angriff so unmittelbar nach dem Tod empfand der Bruseum-Chef als „menschlich enttäuschend“.
Investition hat sich verzehnfacht
Tatsächlich ist das Bruseum alles andere als Geldverschwendung: 2008, sagt Roman Grabner, hat das Land Steiermark die Sammlung um eine Million Euro gekauft. „Heute ist sie mindestens zehnmal so viel wert. Eine Million Euro kostet heute ein einzelnes Brus-Werk. Wir haben die größte institutionelle Sammlung.“
Der größte Teil des Nachlasses gehört der Familie Brus. Wenn international renommierte Museen wie das Centre Pompidou, das Tate Modern oder das MoMA Interesse am Werk zeigen, sei das nur gut: „Man muss im Sinne der Kunst größer denken. Fast kein Museum kommt an Günter Brus vorbei.“
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