Die NEOS haben am Freitag die Verhandlungen zur türkis-rot-pinken „Zuckerl-Koalition“ gesprengt. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger hat am Vormittag ihre Beweggrunde für das Aus dargelegt. Für grundsätzliche Reformen habe es seitens der SPÖ mehrfach ein „Nein“ gegeben.
Österreich befinde sich in einer veritablen Krise, man müsse nun über den nächsten Wahltag hinausdenken – eine Sichtweise, die Meinl-Reinsinger bei den möglichen Koalitionspartnern zu oft vermisste. Bei wichtigen Reformvorstellungen konnte seitens der NEOS letztlich „kein Durchbruch“ erzielt werden. Meinl-Reisinger erwähnte eine nötige Föderalismusreform, eine Reform der Finanzierung des Gesundheitswesens, des Pensionssystems und eine Beschränkung des Einflusses der Parteien.
Knackpunkt in den Verhandlungen war von Beginn Anfang an das Thema Budget und Steuern gewesen – verschärft durch den großen Konsolidierungsbedarf.
Österreich wird sparen müssen.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reinsinger
Österreich werde sparen müssen, wobei die „Dimension uns auch überrascht“ habe, wie die NEOS-Chefin einräumte. Bei möglichen Partnern ortete Meinl-Reisinger allerdings vielmehr Machtpolitik. „Zu oft gab es ein mildes Lächeln uns gegenüber.“ Man werde die Regierungsverhandlungen deshalb nicht fortsetzen – um ein „Weiter wie bisher“ zu verhindern.
Zu oft gab es ein mildes Lächeln uns gegenüber.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger
Kräftige Seitenhiebe gab es unterdessen auch in Richtung FPÖ-Chef Herbert Kickl, der es trotz eines klaren Wählerauftrags nicht geschafft habe, eine Vertrauensbasis (zu möglichen Regierungspartnern, Anm.) zu schaffen. Die FPÖ allein sei daran gescheitert, eine tragfähige Mehrheit unter blauer Führung aufzubauen – niemand anderer trage die Schuld, betonte Meinl-Reisinger.
Teuerung und „Kurz-Mentalität“
Die Teuerung durch den Angriffskrieg Putins auf die Ukraine stelle die Menschen und Unternehmen vor existenzielle Fragen, viele hätten „das Kündigungsschreiben unterm Weihnachtsbaum“ gehabt. Doch auch der türkise Ex-Kanzler Sebastian Kurz bekam sein Fett ab. Denn die von ihm ausgerufene „Koste es, was es wolle“-Mentalität habe Österreich überhaupt erst in seine aktuelle Krisensituation geführt.
Man habe „jahrelang davor gewarnt“, was diese Mentalität mit unserem Land mache – nämlich „ambitioniert“ Geld auszugeben, aber gleichzeitig nicht die nötigen strukturellen Veränderungen zu veranlassen, um „voranzukommen“.
Erneut werde jetzt nur bis zum nächsten Wahltag gedacht – und zum Schluss stehe ein Abtausch wie „auf einem Basar“, schloss die NEOS-Chefin.
Namentlicher Dank an Nehammer, nicht an Babler
Namentlich dankte Meinl-Reisinger übrigens nur den Vertretern der ÖVP, Bundeskanzler Karl Nehammer und Klubobmann August Wöginger, denen sie durchaus den Willen zu Reformen und den Blick über den Tellerrand zuerkannte. In Bezug auf die SPÖ zeigte die pinke Parteichefin Verständnis, dass der Weg für die Sozialdemokratie in vielen Bereichen weiter sei, appellierte aber an die „staatspolitische Verantwortung, den Standort nicht aus dem Blick zu lassen“.
FPÖ aktuell bei 35,5 Prozent
Der Absprung aus den Koalitionsverhandlungen kommt insbesondere für die Kanzlerpartei zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Seit ihrer Wahlniederlage Ende September ist die ÖVP im Sinkflug. In Umfragen lag die Partei zuletzt nur noch knapp über 20 Prozent.
Sollte es zu Neuwahlen kommen, würde die FPÖ massiv zulegen. Im APA-Wahltrend, der die Umfragen der jeweils letzten fünf Wochen berücksichtigt, lagen die Blauen zuletzt bei 35,5 Prozent.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.