Nachdem die NEOS am Freitagvormittag überraschend erklärt hatten, aus den Regierungsverhandlungen zwischen Schwarz, Rot und Pink auszutreten, steht für die FPÖ der Schuldige für das Fiasko fest.
Für FPÖ-Obmann Herbert Kickl habe der Ausstieg der NEOS das „Fass endgültig zum Überlaufen gebracht“. Die Freiheitlichen hätten seit Monaten vor der „politischen Missgeburt der Verlierer-Ampel“ gewarnt.
„Karl Nehammer wurde am 29. September von den Menschen abgewählt. Diesen Umstand akzeptiert er seit über drei Monaten bis heute nicht“, formulierte Kickl auf Facebook. Die Warnungen der Freiheitlichen vor der „Verlierer-Ampel“ habe Nehammer ignoriert, weil es diesem um seinen Job als Kanzler gehe. Nehammer müsse sich umgehend zu den Vorgängen äußern, forderte Kickl, und zudem dessen Rücktritt.
Landbauer: „Sofortiger Rücktritt“
Ähnlich die Tonalität aus den freiheitlichen Landesparteien: Niederösterreichs FPÖ-Chef Udo Landbauer konstatierte, dass Österreich mehr als drei Monate „zum Narren“ gehalten worden sei. „Ein Betrieb nach dem anderen sperrte zu, die Wirtschaftsfähigkeit Österreichs geht immer mehr den Bach runter, aber Karl Nehammer will mit aller Gewalt Bundeskanzler bleiben“, so Landbauer, der Nehammer zum „sofortigen Rücktritt“ aufforderte. „Unsere Landsleute haben sich eine Regierung verdient, die endlich für die Bürger arbeitet.“
Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen solle sich zum aktuellen Chaos äußern, forderte Landbauer.
Haimbuchner: „Wichtige Zeit vertan“
Der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner findet es „gut, dass dieser Spuk vorüber ist, schlecht, dass man wichtige Zeit sinnlos vertan hat“. Am Bundespräsidenten übte er Kritik. Dieser habe „mit seinen Entscheidungen dazu beigetragen hat, dass dem Land wichtige Zeit gestohlen wurde“, so Haimbuchner.
Abwerzger: „ÖVP am Zug“
Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger forderte ebenfalls den Abgang von Nehammer. Falls dieser nicht freiwillig gehen wolle, müssten ihn die ÖVP-Landeshauptleute „höflichst bitten, zurückzutreten“: „Es ist Zeit für eine Ära nach Nehammer.“ Jedenfalls sei nun „die ÖVP am Zug“, so Abwerzger. In der Verantwortung stehe aber auch Van der Bellen, der durch sein Vorgehen für „Instabilität“ gesorgt und das Chaos mit angerichtet habe. Auch in der Hofburg brauche es dringend wieder „Stabilität“.
Hofer: „Von Anfang an zum Scheitern verurteilt“
Zuvor hatte bereits der blaue Spitzenkandidat bei der burgenländischen Landtagswahl, Norbert Hofer, festgehalten, dass die Verhandlungen „von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren“ und Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisiert, der dem „Wahlverlierer“ den Regierungsbildungsauftrag erteilt hatte. Jetzt brauche es eine „stabile und handlungsfähige Regierung“, verlangte er.
„Die FPÖ hat seit Monaten vor dieser politischen Missgeburt der Verlierer-Ampel nach deutschem Vorbild gewarnt“, meinte auch der blaue Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass es Nehammer nur um „seinen eigenen Job als Kanzler“ gehe.
„Es war Van der Bellen“
Der FPÖ-Politiker hatte bereits kurz nach der Erklärung von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger vor „weiteren Spielchen zur Bildung einer instabilen Verlierer-Variante“ gewarnt und nannte als Beispiel eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ. Er übt Kritik am Bundespräsidenten: „Es war Van der Bellen, der den Willen der Bevölkerung ignoriert und den Wahlverlierer mit der Bildung einer Regierung beauftragt hat, nur damit Nehammer Kanzler bleiben kann.“
ÖVP gibt SPÖ die Schuld
Die ÖVP hingegen sieht das Verhalten der SPÖ verantwortlich für das Fiasko. „Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen, und damit erreicht, dass sich die NEOS aus den Verhandlungen zurückgezogen haben“, erklärte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
SPÖ: „ÖVP-Vorwürfe absurd“
Scharfe Kritik an den NEOS kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim: „Den NEOS sind die Regierungsverhandlungen eine Nummer zu groß. Die NEOS sind nicht bereit, Verantwortung für Österreich zu übernehmen. Während die SPÖ intensiv an echten Lösungen zum Wohle der Menschen gearbeitet hat, waren die NEOS als Neun-Prozent-Partei nicht bereit, sich einzugestehen, dass es kein 100-prozentiges NEOS-Programm geben kann.“
Dass die ÖVP die SPÖ für das Scheitern verantwortlich macht, weist er zurück. „Die NEOS sind aus den Regierungsverhandlungen ausgestiegen, der SPÖ dafür den Schwarzen Peter zuschieben zu wollen, ist vollkommen absurd.“
Doskozil: Kein Regierungsauftrag für die SPÖ
Im Burgenland zeigte man sich hingegen „nicht unglücklich“ über das Aus der Gespräche. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der in zwei Wochen eine Landtagswahl zu schlagen hat, rechnet nun mit einer Expertenregierung und dann mit einer Neuwahl. Für die SPÖ sieht er aufgrund des historisch schlechtesten Abschneidens beim Urnengang im September weiterhin keinen Regierungsauftrag.
„Ich war von Haus aus kein Freund dieser Koalition“, so Doskozil. Auch dass die Sozialdemokratie „für ein paar Ministerposten und den Vizekanzler“ in eine Bundesregierung gegangen wäre, „wäre sicherlich kein Motor für unsere Wahl gewesen“, stellte der Landesparteichef fest.
Kaiser: „Natürlich bedauerlich“
Der rote Landeshauptmann Peter Kaiser sieht das ein wenig anders als sein Amtskollege im Burgenland: Es sei „natürlich bedauerlich, dass die Verhandlungen mit den NEOS gescheitert sind. Für uns war es aber immer klar, dass man nicht eine Regierung bilden kann, die nur über Massensteuern arbeitet. Ich glaube aber, dass das bereits Ausverhandelte in späterer Folge dann doch mitgetragen wird.“
Haslauer: „Abwarten“
ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer findet unterdessen den „Abbruch der Koalitionsverhandlungen angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Österreich steht, bedauerlich“, erklärte er. Nun gelte es mit Nachdruck an einer tragfähigen Regierung für Österreich zu arbeiten. „Die Entwicklungen der nächsten Tage sind nun abzuwarten“, so Haslauer.
Kogler: „Flucht aus der Verantwortung“
Vizekanzler Werner Kogler erklärte, ÖVP, SPÖ und NEOS seien den Österreichern „Antworten schuldig“. Der Grüne betonte: „Sie müssen erklären, warum sie die Republik monatelang warten lassen und dann nichts zustande bringen. Nach Sand im Getriebe und gegenseitigem Abputzen sehen wir jetzt eine Flucht aus der Verantwortung.“ Vor den nächsten Schritten müssten sich alle verhandelnden Parteien erklären, forderte Kogler.
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