Mit selten deutlichen Worten hat sich der Bundespräsident nach dem Platzen der Regierungsverhandlungen für eine Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS gemeldet. Er erwarte nun „gemeinsam mit allen Österreicherinnen und Österreichern“ Ergebnisse, sagte Alexander Van Bellen.
Zu Beginn seiner Rede zeichnete der Bundespräsident noch einmal die durchaus skurrilen innenpolitischen Ereignisse der letzten Monate nach, angefangen mit der Nationalratswahl am 29. September und den darauffolgenden, turbulenten Wochen, in denen lange niemand mit einer Regierungsbildung beauftragt worden war: „Weil eine völlig neue Situation eingetreten ist, dass nämlich niemand bereit war mit der FPÖ unter der Führung Herbert Kickls zusammenzuarbeiten.“
„Diese Dreiervariante ist Geschichte“
Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger hätten nach eingehenden Gesprächen mit Koalitionsverhandlungen begonnen: „Diese Gespräche haben bis gestern Nacht stattgefunden. Heute haben die NEOS den Ausstieg erklärt. Das war überraschend. Zusammenfassend: diese Dreiervariante ist Geschichte.“
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen immer versprochen, Sie über die Bildung der österreichischen Bundesregierung auf dem Laufenden zu halten.
Das tu ich hiermit.
Erneut.
Sie haben heute selbst erlebt, dass die NEOS sich aus den Koalitionsverhandlungen zurückgezogen haben.
Das war überraschend.
Lassen Sie mich kurz zusammenfassen, was bisher geschah und was nun weiter passieren wird.
Wie Sie alle wissen, wurde am 29. September 2024 gewählt. Für die Bildung einer Koalitionsregierung reichen nicht 10, 20, 30 oder auch 40 Prozent der Nationalratsmandate.
Es ist notwendig, dass eine Mehrheit, also über 50 Prozent der Mandate diese Koalitionsregierung ermöglicht.
Eine Mehrheit, die Sie als Bürgerinnen und Bürger repräsentiert.
Ich habe unmittelbar nach der Wahl mit allen fünf Parlamentsparteien gesprochen und mich nach der ersten Gesprächsrunde entschieden, vorerst keinen Regierungsbildungsauftrag zu erteilen.
Warum?
Weil eine völlig neue Situation eingetreten ist, dass nämlich niemand bereit war, mit der FPÖ unter der Führung Herbert Kickls zusammenzuarbeiten.
Dennoch habe ich FPÖ-Obmann Kickl und die Chefs von ÖVP und SPÖ aufgefordert, zu klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre, um die Pattsituation zu lösen.
Herr Kickl und Herr Nehammer haben miteinander gesprochen und Herr Nehammer hat weiterhin eine Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl ausgeschlossen.
Danach sind Herr Kickl und Herr Babler zu einem Gespräch zusammengekommen. Auch der SPÖ-Chef schloss erneut jede Zusammenarbeit mit der FPÖ aus.
Ich habe die Herren dann zu einer zweiten Gesprächsrunde in die Hofburg eingeladen und mir berichten lassen: Herbert Kickl konnte weder ÖVP noch SPÖ davon überzeugen, mit ihm eine Koalition zu bilden.
Die Hürden waren unüberbrückbar. Es war sinnlos Herbert Kickl weiter mit dem Finden von Partnern zu beauftragen, die es offenbar nicht gab.
Und folglich habe ich dem Obmann der zweitstärksten Partei, der ÖVP den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.
Ich habe ersucht, umgehend Verhandlungen mit der SPÖ aufzunehmen und auch zu klären, ob es einen dritten Partner brauche.
Daraufhin haben ÖVP und SPÖ begonnen zu sondieren und -nach der vierten Sondierungsrunde- beschlossen, die NEOS einzubeziehen.
Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger haben mit Koalitionsverhandlungen begonnen.
Diese Gespräche haben bis gestern Nacht stattgefunden. Heute haben die NEOS den Ausstieg erklärt.
Zusammenfassend: diese Dreiervariante
ist Geschichte.
Wo stehen wir nun?
Wie gehts weiter?
Es gilt weiterhin der Auftrag eine Regierung zu bilden. Sich auf ein Regierungsprogramm zu einigen.
Und das Ganze braucht in der liberalen Demokratie eine Mehrheit im Parlament, die die notwendigen Gesetze beschließt.
Karl Nehammer und Andreas Babler haben mir heute in persönlichen Gesprächen berichtet, dass sie weiterhin an einer Koalition arbeiten.
Das muss ohne Zeitverzug geschehen.
Das habe ich heute sehr deutlich zu verstehen gegeben.
Ich will Klarheit. Schnelle und umfassende Klarheit.
Gemeinsam mit allen Österreicherinnen und Österreichern erwarte ich nun diese Ergebnisse.
Und wie gewohnt: Ich werde Sie umgehend informieren, wenn es etwas Neues gibt.
Danke sehr.
Dennoch brauche es eine „Mehrheit, die Sie als Bürgerinnen und Bürger repräsentiert“, betonte Van der Bellen. Es gelte daher, weiterhin an einer Regierungsbildung zu arbeiten. „Karl Nehammer und Andreas Babler haben mir heute in persönlichen Gesprächen berichtet, dass sie weiterhin an einer Koalition arbeiten“, so der Bundespräsident.
Das müsse nun ohne Zeitverzug geschehen. „Das habe ich heute sehr deutlich zu verstehen gegeben. Ich will Klarheit. Schnelle und umfassende Klarheit. Gemeinsam mit allen Österreicherinnen und Österreichern erwarte ich nun diese Ergebnisse“, erklärte das Staatsoberhaupt in ungewohnt scharfer Manier.
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