Noch zum Jahreswechsel, also vor ganz wenigen Tagen, hätte kaum jemand einen müden Cent darauf gesetzt, dass sich Österreich wenige Tage später am Rande einer Staatskrise befindet – und das steirische Modell als letzter Rettungsanker gesehen wird.
Schauen wir noch einmal kurz zurück auf den Kalender der letzten Tage: Am Donnerstag, 2. Jänner, treffen sich Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger wieder einmal zu Gesprächen zur Bildung der sogenannten Zuckerl-Koalition. Man geht spätabends auseinander. Am Freitag, 3. Jänner, lässt Beate Meinl-Reisinger wissen, dass sie und die Neos aussteigen. Dazu meint heute Polit-Professor Peter Filzmaier in der „Krone“: „Unklar ist, warum das nach nächtlichen Besprechungen als offenkundige Überrumpelung von ÖVP und SPÖ stattgefunden hat. Somit wurde jeder Einigungsversuch in letzter Sekunde verunmöglicht.“ Es ist drei Tage später schon Zeitgeschichte…
Am Samstag, 4. Jänner, treffen sich ÖVP und SPÖ unter Karl Nehammer und Andreas Babler, um Restchancen für eine türkis-rote Mini-Großkoalition auszuloten. Doch diese Variante hätte nur einen lebensgefährlichen Überhang von einem Mandat im Nationalrat. Auch die intensiven Bemühungen des steirischen Mitverhandlers, Abgeordneten und Gewerkschafters Josef Muchitsch können nicht retten, was nicht zu retten ist: Samstagabend sind auch die Zweier-Gespräche endgültig geplatzt. Karl Nehammer gibt seinen Rücktritt als ÖVP-Chef und Bundeskanzler bekannt.
In der Volkspartei herrscht spätestens seit der Meinl-Reisinger-Verkündung vom Freitag blankes Chaos, man kann auch sagen: blankes Entsetzen. Heute Vormittag hat die ÖVP-Vorstandssitzung in Wien begonnen, in der sich die Nebel lichten müssen, wie es weitergeht. So viel ist dabei klar: Die einst mächtige steirische Landesorganisation wird nach dem Landtags-Wahldesaster und den folgenden Querelen höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Doch der heutige Tag wird viele aus der steirischen Volkspartei an den Montag, 16. Dezember, erinnern, als es in den Gremien der Landespartei rundging.
Wer auch immer heute als neuer Parteichef hervorgeht – es könnte, wie in der Steiermark, nach einem ÖAABler ein Wirtschaftsbündler sein – er (eher nicht sie) wird sich möglicherweise in einem steirischen Modell auf Wiener Art wiederfinden: als Vize eines FPÖ-Regierungschefs.
Aber schauen wir einmal, zu welchen Überraschungen die ÖVP heute noch fähig ist.
Einen schönen Sonntag!
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