„Krone“-Kommentar

Nur einer hat nicht verloren

Kolumnen
05.01.2025 20:00

Österreich hart am Rand der Staatskrise – und das am ersten Wochenende im neuen Jahr, an Tagen, die für gewöhnlich für die meisten Österreicher unaufgeregt, einfach gemächlich ablaufen.

Wenn dann so wie an diesem Wochenende der Dreikönigs-Feiertag direkt auf den Sonntag folgt, dann schalten auch die Redaktionen auf Sparflamme – für gewöhnlich.

Doch dann beginnen sich am Freitag plötzlich die Ereignisse zu überschlagen. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zertrampelt das türkis-rot-pinke Koalitionszuckerl, bevor es überhaupt zusammengekleistert ist. Die Verhandlungspartner ÖVP und SPÖ werden aus ihren Zuckerlträumen gerissen. Gerade hatte man sickern lassen, die Dreier-Koalition könnte gleich nach Dreikönig stehen

Kein Fundament für Kurz
Stattdessen stehen nun Karl Nehammer und Andreas Babler wie begossene Pudel da – und finden auch keinen gemeinsamen Weg auf eine ohnedies höchst fragile türkis-rote Brücke.

Samstagabend ist auch offiziell kaputt, was nie gelebt hatte, Nehammer verkündet, dass er aufgibt. Die „Krone“ titelt: „Nehammer geht, kommt jetzt Kurz?“ Größtes Interesse erweckt eine Umfrage des IFDD-Instituts im Auftrag der „Krone“: Wir erfragten, ob die ÖVP mit Sebastian Kurz als Spitzenkandidat in mögliche Neuwahlen gehen soll. 71 Prozent antworteten darauf mit Nein, selbst 50 Prozent der ÖVP-Wähler wollen Kurz nicht zurück an der Spitze ihrer Partei: kein Fundament für eine strahlende Rückkehr.

Die Umfrage-Ergebnisse verunsichern sowohl Kurz-Freunde wie Kurz-Skeptiker in der Volkspartei schwer. Noch am Abend kommt die Absage des einst strahlenden türkisen Superstars.

Viele haben verloren
Am Sonntag grübeln die ÖVP-Granden stundenlang gemeinsam, ein Kandidatenname nach dem anderen fällt. Erkoren wird Christian Stocker. Ein robuster Politiker, den nicht leicht etwas aus dem Gleichgewicht bringt. Der designierte ÖVP-Chef ist designierter Vizekanzler in einer blau-türkisen, eher blau-schwarzen Regierung. Wenn Bundespräsident Alexander Van der Bellen Herbert Kickl 100 Tage nach dessen Wahlsieg doch noch mit der Regierungsbildung beauftragt. Wenn Kickl danach mit der ÖVP handelseins wird. Aber das, so viel ist klar, wäre billig.

Alle hätten es freilich noch viel billiger haben können: Hätte der Präsident – wie gewöhnlich – gleich den Wahlsieger beauftragt, dann könnte die neue Regierung schon am Lösen der Problemberge in unserem Land arbeiten.

Kickl an der Schwelle zum Ziel
So aber haben viele verloren. Nur einer nicht: genau jener, dessen Sieg man unter allen Umständen, mit allen Mitteln verhindern wollte: Herbert Kickl steht seit Samstag an der Schwelle zum Ziel.

Und die „Krone“-Redaktion hat nicht nur den ganzen Sonntag lang laufend berichtet (wie wir es auch am Feiertag tun), sondern, weil am Feiertag keine gedruckte Zeitung erscheint, eine 30-seitige Extraausgabe in ePaper-Form aus dem Boden gestampft. Schauen Sie sich das an!

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