Gemischte Reaktionen

Von „unausweichlich“ bis „Bedrohung für Republik“

Innenpolitik
06.01.2025 15:34

Nach langem Hin und Her hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen nun doch FPÖ-Chef Herbert Kickl mit der Bildung einer Bundesregierung – allem Anschein nach wohl mit der ÖVP – betraut. Die Reaktionen darauf fallen gemischt aus. 

SPÖ-Chef Andreas Babler warnt angesichts des Regierungsbildungsauftrags an die Freiheitlichen vor einem „radikalen Kürzungskurs“ unter Blau-Schwarz. „Die Sozialdemokratie bleibt die Kraft, die Seite an Seite mit der Bevölkerung steht, unser Land schützt und wieder aufbaut“, meinte er auf X.

NEOS nennen Auftrag an Kickl „unausweichlich“
Als „unausweichlich“ hat NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos den Regierungsbildungsauftrag des Bundespräsidenten an FPÖ-Chef Kickl „nach der Kehrtwende der ÖVP“ bezeichnet, „wenn man nicht direkt in Neuwahlen gehen will“. Hoyos gab sich gespannt, ob Kickl nun selbst Lösungen „zu den vielen von ihm und seiner Partei stets scharf kritisierten Zuständen“ zuwege bringen werde.

Neben einem klaren Reformwillen, einer Konsolidierung des Budgets, inklusive Kampf gegen die Rezession und einer Aufholjagd in der Bildung erwarten sich die Pinken unter anderem ein „klares Bekenntnis zu Österreichs aktiver Rolle in der EU, internationalen Verträgen wie den Menschenrechten“.

SOS Mitmensch: „ Bedrohung für die Republik“
SOS Mitmensch, die auch an der Kundgebung am Ballhausplatz während des Gesprächs von Kickl bei Van der Bellen beteiligt waren, fanden da deutlich radikalere Worte. „Die ÖVP hat mit ihrer 180 Grad-Kehrtwende jegliche Staatsräson betreffend den Schutz unserer Republik vor rechtsextremen und verfassungsgefährdenden Kräften über Bord geworfen, nur um einen Teil ihrer Klientel vor einem Beitrag zur Budgetkonsolidierung zu bewahren. Das ist unverantwortlich und unverzeihlich“, kritisiert SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Die NGO sprach zudem „von einer konkreten Bedrohung für die Republik“. 

Aktivisten von SOS Mitmensch bei der Demo am Ballhausplatz (Bild: Imre Antal)
Aktivisten von SOS Mitmensch bei der Demo am Ballhausplatz

Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer beklagte auf X die „Wählertäuschung der ÖVP“. Diese habe ihre „Geschichte als Europa-Partei und christlich-soziale Kraft dem puren Machterhalt“ geopfert. Kickl bezeichnete Voglauer mit dessen Ablehnung von Skyshield und dessen Annäherung an das „mörderische Putin-Regime“ als „Gefahr für Österreich“, so Voglauer: „Unsere Demokratie ist standhaft und wehrhaft, wenn wir wachsam bleiben. Wir Grüne werden unseren Beitrag dazu leisten.“

Einen „weiteren düsteren Höhepunkt auf dem Weg in das europäische Vergessen“ ortet das Internationale Auschwitz Komitee im Regierungsbildungsauftrag an Kickl. „Dass immer mehr Wählerinnen und Wähler ihre Stimme rechtsextremen Parteien anvertrauen und auf ideologische Rezepturen setzen, die Europa schon einmal in den Abgrund gestürzt haben“, sei „schmerzlich und empörend“, findet Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees: „Die Tatsache, dass nun in Österreich mit der FPÖ eine Partei mit der Regierungsbildung beauftragt wird, die wie kaum eine andere in rechtsextreme und neonazistische Denkweisen und Aktivitäten verstrickt ist, ist für Überlebende des Holocaust besonders schwer erträglich.“

Mahnende Worte von Ex-Wirtschaftskammerpräsident
Mahnende Worte fand übrigens auch der einstige Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl in seiner jetzigen Funktion als Präsident der Europäischen Bewegung, der eine „unmissverständliche pro-europäische Ausrichtung“ für die kommenden Regierungsverhandlungen forderte: „Eine Europapolitik, die auf Kooperation und Integration setzt – nicht auf Spaltung, Angst oder Abschottung.“

Wallner: „Begrüßen die Entscheidung“
Aus der ÖVP, die ja bereits im Vorfeld verkündet hatte, für Gespräche mit den Freiheitlichen offen zu sein, meldete sich am Montag Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner zu Wort. Er begrüßte die Entscheidung des Bundespräsidenten, den Regierungsbildungsauftrag „ohne weitere zeitliche Verzögerung zu vergeben“, wie er erklärte. Österreich brauche „rasch eine handlungsfähige Bundesregierung, die sich um die derzeitigen Herausforderungen kümmert“, so Wallner, der seit der vergangenen Landtagswahl im „Ländle“ mit der FPÖ regiert.

Mattle: „Bedenken gegenüber der FPÖ sind bekannt“
Nicht restlos begeistert zeigte sich der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP): „Unsere Bedenken gegenüber der FPÖ sind hinlänglich bekannt. Die Menschen erwarten sich aber rasch Stabilität und Klarheit. Wie viele in der Bevölkerung und in der Volkspartei bin ich mit den Entwicklungen in der Bundespolitik nicht glücklich. Aber es überwiegt unser aller Wunsch nach einer stabilen, arbeitenden und funktionierenden Bundesregierung“, sagte er gegenüber der Tiroler „Krone“. Er sei aber überzeugt, dass „Christian Stocker als ruhiger und sachlicher Verhandler großes Verantwortungsbewusstsein in dieser schwierigen Situation zeigen wird“. 

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt