OÖ-Landeschef Stelzer:

Keine Regierung mit der FPÖ um jeden Preis

Oberösterreich
07.01.2025 17:27

Thomas Stelzer gehört zu den wichtigsten Playern in der ÖVP: Das Wort von Oberösterreichs Landeshauptmann hat großes Gewicht, wenn es um die Bildung einer Regierung mit der FPÖ geht. Im „Krone“-Interview definiert er die roten Linien für seine Partei. Und er erklärt, warum es mit Herbert Kickl jetzt plötzlich doch geht.

„Krone“: Herr Landeshauptmann, die FPÖ hat vom Bundespräsidenten den Auftrag erhalten, eine Regierung zu bilden. Haben Sie Ihrem Vize Manfred Haimbuchner schon gratuliert?
Thomas Stelzer: Ich habe ihm nach der Wahl gratuliert. Als Regierungspartner im Land sind wir laufend im Gespräch. Klar haben wir auch schon über die neue Situation gesprochen. Das ist ja logisch, wenn man alle aktuellen Dinge bespricht.

Mit welchem Gefühl sind Sie am Sonntag zur Sitzung des Bundesparteivorstands, dem Sie ja angehören, nach Wien gefahren?
Sicher mit dem Bewusstsein, dass wir an einem Wendepunkt stehen. Nicht nur in der Parteigeschichte der ÖVP, sondern auch für die Republik. Wir haben seit der Nationalratswahl zum ersten Mal eine bislang nicht gekannte Nummer eins mit der FPÖ. Und seit diesem Wochenende eben auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Partei zum ersten Mal den Bundeskanzler stellen kann. Das lässt einen natürlich nicht kalt.

Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer war am Sonntag – wie seine Kollegin Mikl-Leitner und Tirols Anton Mattle (mit Haube) – in Wien, um über die Zukunft der Partei zu sprechen. (Bild: picturedesk.com/Georges Schneider / photonews.at / picturedesk.com)
Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer war am Sonntag – wie seine Kollegin Mikl-Leitner und Tirols Anton Mattle (mit Haube) – in Wien, um über die Zukunft der Partei zu sprechen.

Aus Ihrem Umfeld ist zu hören, dass Sie die Gespräche mit SPÖ und NEOS skeptisch gesehen haben. Jetzt gibt es Klarheit. Sind Sie erleichtert?
Man hat aufgrund des Auftrags des Bundespräsidenten diese Dreierverhandlungen begonnen. Es ist kein großes Geheimnis, dass beispielsweise SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler für unsere Leute in der ÖVP durchaus keine leichte Kost ist. Uns war wichtig, auch mit dem, was wir angekündigt haben, zu versuchen, eine Regierung zu finden.

Was muss in einer Regierung jetzt umgesetzt werden?
Wenn wir zu Regierungsverhandlungen eingeladen werden, dann ist klar, dass wir unsere wichtigen Punkte weiterverfolgen. Alles, was die Wirtschaft ankurbelt, was uns wieder erstarken lässt, was Arbeitsplätze schafft und sichert. Bürokratieabbau ist da einer der wichtigen Punkte.

Thomas Stelzer und Manfred Haimbuchner sind im Land Oberösterreich Partner und regieren zusammen. (Bild: Wenzel Markus/Markus Wenzel)
Thomas Stelzer und Manfred Haimbuchner sind im Land Oberösterreich Partner und regieren zusammen.

Wenn es zu Verhandlungen mit der FPÖ kommt: Wo sind für die ÖVP die roten Linien?
Klar ist, dass wir Österreich als aktiven und wichtigen Teil der Europäischen Union verstehen. Das hat uns bisher in unserer wirtschaftlichen Entwicklung viel gebracht und bringt uns auch sicherheitstechnisch sowie friedenspolitisch sehr viel. Das ist ein zentrales Momentum, das wir zum Wohle Österreichs einbringen werden. Ein anderes ist die Freiheit der Meinungsbildung, auch die freie Medienlandschaft in unserem Land.

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De facto gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: Die ÖVP verweigert sich jetzt ganz und es kommt zu Neuwahlen. Das würde monatelangen Stillstand bedeuten und würde uns in eine ähnliche Situation bringen. Die zweite Möglichkeit ist eben, dass wir bereit sind, an Regierungsverhandlungen für eine blau-schwarze Regierung teilzunehmen.

ÖVP-Politiker und Landeshauptmann Thomas Stelzer

Thema Medien: Ja oder Nein zu ORF-Gebühren?
Es gibt eine rechtliche Lage, die geschaffen wurde und die jetzt auch gilt.

Sie haben eine Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Herbert Kickl ausgeschlossen. Ich zitiere: ,Kickl ist nur darauf aus, auf andere hinzupecken.‘ Sie sagten auch: ,Er darf sich nicht wundern, dass er keinen Koalitionspartner findet.‘ Jetzt steht die ÖVP vor dem Start von Verhandlungen mit Herbert Kickl. Warum?
Mit allem Magen- und Bauchweh: Wir sind in einer sehr schwierigen Situation. Wir haben die staatspolitische Verantwortung trotzdem darüberzustellen. De facto gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: Die ÖVP verweigert sich jetzt ganz und es kommt zu Neuwahlen. Das würde monatelangen Stillstand bedeuten und würde uns in eine ähnliche Situation bringen. Die zweite Möglichkeit ist eben, dass wir bereit sind, an Regierungsverhandlungen für eine blau-schwarze Regierung teilzunehmen.

Glauben Sie, dass sich Herbert Kickl ändern wird?
Wenn zwei unterschiedliche Parteien zusammenkommen wollen, um eine Regierung zu bilden, dann muss immer von beiden Seiten aufeinander zugegangen werden. Wenn Personen staatspolitische Ämter übernehmen, dann weiß man sehr genau, dass man der Verfassung und den Landsleuten verpflichtet ist.

Thomas Stelzer Dienstagmittag im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Loy (Bild: Wenzel Markus/Markus Wenzel)
Thomas Stelzer Dienstagmittag im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Loy

Kennen Sie FPÖ-Obmann Herbert Kickl persönlich?
Wir haben uns kennengelernt, insbesondere in seiner Zeit als Innenminister. Aber in den vergangenen Jahren war der Kontakt überschaubar. Die Zusammentreffen waren höflich und angemessen, so wie das der Fall ist, wenn Minister und Landeshauptleute miteinander reden.

Bis wann muss die neue Bundesregierung stehen?
Die Geduld der Österreicher ist schon sehr strapaziert worden. Recht viel Zeit und Spielräume würde ich da jetzt nicht mehr sehen.

Muss eine neue Regierung spätestens zu Ostern stehen?
Das muss schneller gehen.

Was passiert, wenn diese Verhandlungen scheitern?
Es gibt keine Scheinverhandlungen. Die Frage ist, ob die Regierung zustande kommt, oder es Neuwahlen gibt. Das ist ein Szenario, das ich mir nicht wünsche.

Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass es zwischen Ihrer Partei und der FPÖ funktioniert?
Die ÖVP will immer Ergebnisse. Aber das ist keine Automatik. Mit uns wird es keine Regierungsbildung um jeden Preis geben.

Kann das schwarz-blaue Bündnis in Oberösterreich, das es seit 2015 gibt, ein Vorbild für den Bund sein?
Wir arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen. Man kann sicher sagen, dass dieses offene Miteinander, dieses rasche An- und Aussprechen von Themen, sobald sie sich stellen, etwas ist, was einer Zusammenarbeit gut tut. Wenn das eine Möglichkeit ist, dass es im Bund laufen kann, dann soll es mir recht sein.

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