„Alarm für Republik“

Tausende bei Demo gegen Blau-Schwarz in Wien

Wien
09.01.2025 18:39

In der österreichischen Hauptstadt ist derzeit eine Kundgebung mit Tausenden Menschen im Gange – sie kamen vor dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz zusammen, um gegen eine Regierung mit der FPÖ zu demonstrieren. Der ÖAMTC warnt vor Behinderungen im Straßenverkehr.

Nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen nun doch Herbert Kickl (FPÖ) mit der Regierungsbildung beauftragt hat, geht es in der politischen Landschaft ordentlich rund. Entsprechend heftig sind auch die Reaktionen der Österreicher.

Schätzungen liegen zwischen 5000 und 50.000 Teilnehmern
So sind am Donnerstag bei der Wiener Stadtkundgebung unter dem Motto „Alarm für die Republik“ laut dem Veranstalter gar 50.000 Unzufriedene zusammengekommen. Der ÖAMTC gab auf seiner Webseite vorerst 5000 Teilnehmer an, Behördenkreise sprachen von 25.000 Protestierenden.

NGOs wie Volkshilfe, Greenpeace und SOS Mitmensch hatten zu einer Menschenkette gerufen. „Wir wollen kein rechtsextremes Österreich“, „Zusammenhalten gegen Rechts“ und „Nazis raus aus dem Parlament“ steht in fetten Lettern auf Bannern gedruckt. 

(Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)

Auch in anderen Landeshauptstädten wie Graz und Innsbruck haben Hunderte protestiert.

(Bild: Hannah Tilly)

„Zäsur in der zweiten Republik“
Volkshilfe-Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger zeigte sich bestürzt, dass ÖVP, SPÖ und NEOS trotz Parlamentsmehrheit in einer unglaublich schwierigen Wirtschaftslage nicht über ihren Schatten gesprungen seien, um eine gemeinsame Regierung zustande zu bringen. „Das ist vielleicht so etwas wie eine Zäsur in der zweiten Republik“, viele fänden das „bestürzend“.

Unter einem FPÖ-Kanzler Kickl drohe, dass Menschen abgewertet, Menschen und NGOs auf „Fahndungslisten“ gesetzt werden und die nächste Regierung das Land nach dem Vorbild von Ungarns Premier Viktor Orban umbaue. Die Menschen seien deshalb auch hier, um zu zeigen, „dass man wachsam sein wird als Zivilgesellschaft, dass man nicht dieselbe Entwicklung einschlägt wie in manchen anderen Staaten.“

Auf diversen Plakaten wurde vor Hetze, Sozialabbau, Rückschritten beim Umweltschutz gewarnt. Österreich könne sich bei seiner Geschichte „keinen rechtsextremen Kanzler leisten“, betonte „Omas gegen Rechts“-Sprecherin Susanne Scholl und warnte vor einer Aushöhlung von Rechtsstaat und Demokratie und der Nichtbeachtung von Menschenrechten.

„Die Freiheitlichen spalten die Gesellschaft“
„Egal wie kompliziert und aussichtslos eine Situation ist oder auch zu scheinen mag, eine rechte Politik war, ist und wird niemals eine Lösung sein. Nicht für die Gesellschaft, nicht für Österreich“, schildert die aufgebrachte Gloria (25) gegenüber krone.at. „Ich bin gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Die Freiheitlichen spalten die Gesellschaft, deshalb bin ich heute hier. Weil alleine zu Hause kann ich kein Zeichen setzen“, meint die Medizinstudentin Katharina.

Chiara (17) (links) ist enttäuscht: „Hab erwartet, dass sich die drei so unterschiedlichen Parteien doch irgendwie zusammenraufen können, um eine Partei zu verhindern, die definitiv unseren Staat zersetzen will.“ (Bild: Hannah Tilly)
Chiara (17) (links) ist enttäuscht: „Hab erwartet, dass sich die drei so unterschiedlichen Parteien doch irgendwie zusammenraufen können, um eine Partei zu verhindern, die definitiv unseren Staat zersetzen will.“

„Müssen anfangen, Geschichte zu lernen“
„Ich finde es einfach wichtig, kundzumachen, dass nicht ganz Österreich hinter einem Kanzler Kickl steht. 71 Prozent haben NICHT die Freiheitliche Partei gewählt. Und eine rechtsextreme Partei regieren zu lassen, hat in der Vergangenheit uns Steuerzahler unfassbar viel Geld gekostet mit all den Untersuchungsausschüssen rund um Grasser, Strache und Co. Wir müssen anfangen, Geschichte zu lernen, wie es Kreisky schon sagte“, zeigt sich der Student Leon überzeugt.

Staus und Straßensperren
Der ÖAMTC warnte vor Behinderungen im Straßenverkehr. „Auf der Ringstraße und den angrenzenden Straßenzügen kann es jederzeit zu Sperren kommen“, heißt es auf dessen Webseite. Der Tipp: großräumig ausweichen.

Mögliche Staupunkte

  • Ring ab Schwarzenbergplatz
  • Zweierlinie (Vordere und Hintere Zollamtsstraße bis Schwarzenbergplatz und weiter Richtung Landesgericht)
  • Schwarzenberg- und Karlsplatz
  • Wiedner Hauptstraße/Kärntner Straße
  • Rechte Wienzeile
  • Burggasse
  • Rennweg
  • Prinz-Eugen-Straße

Hunderte in Innsbruck und Graz
Auch in Innsbruck trafen sich die Gegner einer etwaigen blau-schwarzen Bundesregierung am frühen Donnerstagabend in der Innenstadt. Vor der Annasäule in der Maria-Theresien-Straße versammelten sich die Demo-Teilnehmer, die einem Aufruf des „Bündnis gegen Rechts“ gefolgt waren. Es nahmen rund 500 Menschen an der bisher ruhig verlaufenden Kundgebung teil, hieß es von der Polizei.

In Graz ist Donnerstagnachmittag ebenfalls demonstriert worden: 100 bis 200 Frauen, Männer und Kinder hatten sich am Südtirolerplatz versammelt. Das Bündnis „Offensive gegen Rechts Steiermark“ hatte zur Kundgebung geladen. Daran beteiligt waren mehrere Organisationen und Gruppierungen wie etwa die „Omas gegen Rechts“ oder auch die „Revolutionäre Kommunistische Partei“. Zusammen demonstrierten sie „gegen Blau-Schwarz“ und „gegen einen Bundeskanzler Kickl“. Unter den gesungenen Parolen war zu hören: „Was bedeutet Schwarz und Blau? Rassismus und Sozialabbau.“

Außerdem wurde bei der Kundgebung für eine Demonstration gegen den Grazer Akademikerball am 25. Jänner geworben. In den kommenden Wochen ist jeweils donnerstags wieder eine Demonstration gegen Rechts in Graz angemeldet.

Comeback der Donnerstagsdemos möglich
Die Demonstrationen könnten auch abseits von Graz der Startschuss für eine Neuauflage der Donnerstagsdemos sein. Nach der Angelobung der ersten schwarz-blauen Koalition im Februar 2000 hatten sich mehr als 150.000 Menschen am Wiener Heldenplatz versammelt, um gegen die neue ÖVP-FPÖ-Regierung und deren befürchteten „Rassismus und Sozialabbau“ zu protestieren. In den folgenden zwei Jahren fanden wöchentlich Kundgebungen mit Tausenden Demonstrierenden statt.

Ab Oktober 2018 wurden die Demos wegen Türkis-Blau unter ÖVP-Regierungschef Sebastian Kurz und FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Wien und anderen Städten wiederbelebt. Sie fanden ein natürliches Ende, als die Ibiza-Affäre die Koalition sprengte. Auch nach der jüngsten Nationalratswahl, die für die FPÖ ein Rekordergebnis von 29 Prozent brachte, waren Anfang Oktober bereits Tausende gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ auf die Straße gegangen. Die Veranstalter sprachen von 25.000 Teilnehmern.

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