Ach, übrigens...

Meister der Lüge

Vorarlberg
12.01.2025 08:55

„Krone“-Kolumnist Harald Petermichl hat wieder tief im Archiv gegraben und erschütternde Verbindungen ans Tageslicht gebracht. Wer hätte gedacht, dass gewisse unlautere Taktiken sowohl im Sport als auch in der Politik angewendet werden?

Auf den ersten Blick haben die beiden nicht viel gemeinsam. Christian Stocker ist nicht in Frankfurt am Main geboren und Andreas Möller nicht in Wiener Neustadt. Nie war Andi Möller Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat und selbst in den tiefsten Archiven gibt es keinen Hinweis darauf, dass Christian Stocker jemals bei Borussia Dortmund oder Juventus Turin Aufsehen als Mittelfeldgestalter erregt hätte. Aber wie so oft im Leben lohnt sich ein zweiter, ein genauerer Blick und schwupps tun sich frappierende Gemeinsamkeiten auf. Fündig wird man vor allem bei markigen Äußerungen, mit denen die beiden ihre gar nicht mal so kleinen Zielgruppen öffentlich belogen haben, auf dass sich die Balken bogen wie bei der Produktion eines Thonet-Möbels.

Ein besonderes Schmuckstück des Thonet-Museums: Der Weltausstellungs-Tisch von 1851 (Bild: Jürgen Radspieler)
Ein besonderes Schmuckstück des Thonet-Museums: Der Weltausstellungs-Tisch von 1851

So wandte sich der „Frankfurter Bub“ im September 1990 vor einem Match gegen Besiktas Istanbul an die Südtribüne mit den Worten „Meine Gedanken gehören nur Borussia. Ich habe und ich werde nicht um meine Freigabe bitten. Ich werde und ich will meinen Vertrag bei der Borussia erfüllen“, um postwendend einen Kontrakt bei der Frankfurter Eintracht zu unterschreiben. Das erinnert doch sehr an den großen Interimsvorsitzenden der angeblichen Volkspartei, der vor nicht allzu langer Zeit mit den Worten „Ganz klar ist, dass auch heute gilt, was wir gestern gesagt haben, und das wird auch morgen nicht anders sein, dass wir mit Herbert Kickl in Regierungsverantwortung keine Zusammenarbeit haben werden“ vortäuschte, eine schwarz-türkise Linie gezogen zu haben, bevor er (vermutlich weil schon übermorgen war) ungerührt damit begann, genau diese Zusammenarbeit in die Wege zu leiten.

Christian Stocker, Chef der ÖVP, scheint Andreas Möller zu kennen. (Bild: Copyright by Gerhard Deutsch)
Christian Stocker, Chef der ÖVP, scheint Andreas Möller zu kennen.

Dass ihm diese dreiste Lüge Blunzn zu sein scheint, dürfte seiner Fähigkeit, sich geradezu weltmeisterlich situationselastisch verhalten zu können, geschuldet sein. Und da schon Andi Möller für solche Situationen ein Briefing-Papier seines Beraters Klaus Gerster mit dem originellen Titel „Vorschläge für Antworten gegenüber der Öffentlichkeit“, besaß, in dem allerlei Lügen verklausuliert vorgegeben waren, ist davon auszugehen, dass auch die Parteizentrale der ÖVP ein entsprechendes Kompendium für ihren jeweiligen Boss bereithält. Interessant ist, ob die Gemeinsamkeiten so weit gehen, dass Christian Stocker einen der vielen legendären Sätze Andi Möllers unterschreiben könnte, der da lautet: „Mein Problem ist, dass ich immer sehr selbstkritisch bin. Auch mir selbst gegenüber.“ Doch da werden wir wohl erst den Fortgang der Koalitionsverhandlungen abwarten müssen.

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