Aussagen von zwei blauen Nationalratsabgeordneten bei einem FPÖ-Stammtisch in Wien-Simmering haben einen heftigen Politstreit ausgelöst. So wurde etwa der Zustand des potenziellen Koalitionspartners ÖVP als „jämmerlich“ bezeichnet. Auch die EU kam schlecht weg. Pikant: Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Frankreichs, „France Télévisions“, nahmen die Gespräche heimlich auf. Scharfe Kritik an den Freiheitlichen kam bereits von SPÖ und Grünen.
Im Fokus stehen Harald Stefan und Markus Tschank. Der Stammtisch fand am 8. Jänner statt. An dem Tag hatte die ÖVP verkündet, die Einladung der Blauen zum Gespräch über eine gemeinsame Regierung anzunehmen.
FPÖ-Seitenhiebe gegen ÖVP und EU
Die ÖVP solle „eigentlich mit einem Regierungsverbot ausgestattet und auf die Oppositionsbank geschickt“ werden, sagte Tschank laut der Tageszeitung „Standard“, der die Aufnahmen der französischen Journalisten teils veröffentlichte. Und: „Die ÖVP ist natürlich in einem jämmerlichen Zustand. Sie ist machtgeil und möchte natürlich in ihren Positionen bleiben.“ Auch gegen die EU wandten sich die Mandatare: „Eigentlich müssten wir eh austreten“, nur sei das laut Stefan „keine echte Option“, trotz vermeintlicher Überwachungsmaßnahmen und Beschränkung der Meinungsfreiheit in der EU. Man müsse sich allerdings „mit anderen zusammenschließen und dagegenhalten“.
Migranten seien „Gesindel“
Gegen Migranten fielen ebenso scharfe Worte. In Afghanistan werde man „aufs Land geschickt“, wenn man sich in einer Stadt „deppert“ verhalte, wird Stefan zitiert. „Da sind dann so regionale Stammeshäuptlinge. Und die haben das dann auch halbwegs im Griff.“ Wenn jemand immer noch nicht „spure“, werde er nach Europa geschickt – hier erhalte man laut Stefan also nur das „letzte Gesindel“.
Die FPÖ-Abgeordneten redeten außerdem davon, dass es sich auszahlen würde, den Taliban Geld anzubieten, um Flüchtlinge zurückzunehmen. Die internationalen Verträge wie die Europäische Menschenrechtskonvention müsse man entweder ganz abschaffen oder ergänzen, so Tschank.
FPÖ spricht von Stilmittel
Von der Pressestelle des FPÖ-Klubs hieß es nach Veröffentlichung des Artikels, anlässlich des Stammtisches sei etwas überspitzt formuliert worden. Das Publikum könne die Aussagen und Stilmittel eines solchen aber richtig einordnen. Man habe sich zudem auf die tagtägliche Berichterstattung u.a. zu Kriminalität und EU-Gesetzgebung bezogen, die in der Bevölkerung auf Unverständnis stoßen würden.
„Stasi-Methoden“: Freiheitliche schießen scharf gegen „Standard“
Der Landesparteisekretär der FPÖ Wien, Lukas Brucker, kritisierte die heimlichen Aufnahmen. „Sollten linke Medien illegalen Stasi-Methoden Dritter durch die Verwendung des Materials Vorschub leisten, wäre dies der absolute Tiefpunkt des Journalismus in diesem Land und müsste ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.“
Keine Freude mit dem Bericht der Tageszeitung hatte offensichtlich auch Wiens FPÖ-Obmann Dominik Nepp. „5 gute Jahre, wenn es mit diesem ,Scheißblatt‘ endlich vorbei ist“, schrieb er in Anlehnung an die Nationalratswahl-Kampagne der FPÖ auf X, gefolgt vom Hashtag „#presseförderungnurnochfürechtequalitätsmedien“.
Kritik von SPÖ und Grünen
Scharfe Kritik an den Freiheitlichen kam hingegen von SPÖ und Grünen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim meinte, die FPÖ zeige „ihr wahres Gesicht, das vor Hass und Aggression trieft“, wenn sie sich unbeobachtet fühle. FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Chef Christian Stocker müssten nun klar Stellung beziehen, forderte Seltenheim Konsequenzen. Einmal mehr kritisierte er die ÖVP dafür, „Kickl mit ihrem 180-Grad-Schwenk den Weg ins Kanzleramt geebnet“ zu haben.
Grünen-Bundessprecher Werner Kogler meinte, der FPÖ reiche es nicht mehr, „ihr ideologisches Vorbild in einem demokratisch ausgehöhlten Nachbarland wie Ungarn zu suchen. Jetzt bauen sie Brücken zu den islamistischen Taliban-Terrorfürsten, die Afghanistan mit unbeschreiblicher Gewalt und Chaos überziehen und mit brutalster Unterdrückung den Frauen das Leben zur echten Hölle machen.“
Kogler fordert Klarstellung von ÖVP
Zudem warf er der FPÖ vor, das Ziel zu verfolgen, Österreich in einen EU-Austritt zu treiben. Die ÖVP müsse „als ursprüngliche ,Europapartei‘“ klarstellen, was sie zu tun gedenke.
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