Vor fünf Jahren hat die Wallfahrtskirche Maria Freienstein eine neue Glocke bekommen. Das führte bei einem direkten Anwohner zu massiven gesundheitlichen Problemen, weshalb er am Zivilgericht in Leoben (Steiermark) Klage einreichte. Eine Einigung ist am Mittwoch gescheitert.
Im Christentum werden Glocken seit über 1500 Jahren eingesetzt. Sie sind fixer Bestandteil des kirchlichen Lebens und gehören für viele Menschen auch zum Alltag. Doch das Läuten kann offenbar die Gesundheit gefährden. Denn immer wieder ziehen Anrainer vor Gericht und klagen auf Unterlassung.
Stigmatisiert bin ich ohnehin schon. Sie nennen mit hinterm Rücken ,Migräne-Idiot‘.
Kläger Helmut T.
Wie ein Dachdecker aus dem idyllischen St. Peter-Freienstein im steirischen Bezirk Leoben. Denn seine Heimatgemeinde hat nicht nur ihre prachtvolle Pfarrkirche, sondern auch die Wallfahrtskirche Maria Freienstein, die hoch über dem Ort thront. Lange stellte das auch kein Problem dar, bis oben am Berg die Glocken getauscht wurden. Und die neue, tonnenschwere Glocke ist offenbar lauter als die drei kleineren Glocken davor.
„Migräneartige Zustände“
Während die alten Glocken nur bis zu zehnmal im Jahr geläutet haben sollen, läutet es nun jeden Samstag von 16.50 bis 17 Uhr sowie täglich ab 12 für drei Minuten. Für Helmut T. und seine Frau unzumutbar. „Das verursacht migräneartige Zustände“, erklärt er. Und deshalb reichte der Obersteirer vergangenen September Klage ein, da Einigungsversuche mit der Diözese scheiterten.
„Stigmatisiert bin ich ohnehin schon. Sie nennen mich eh den Migräne-Idioten. Aber wer nicht darunter leidet, hat halt auch leicht reden“, sagt er. „Tatsache ist, es gibt eine massive Gesundheitsbeeinträchtigung durch eine Lärmbelastung von bis zu 92 Dezibel“, betonte Anwältin Fiona List-Faymann, auch wenn die Messungen nur von den Klägern durchgeführt wurden.
Gibt es die Möglichkeit, im Sinne eines friedlichen Miteinanders, eine einvernehmliche Lösung zu finden?
Frage der Richterin, doch die Fronten sind verhärtet
„So eine hohe Belastung ist physikalisch gar nicht möglich“, zweifelte Franz Pötzelsberger, Obmann des Pfarrgemeinderates von St. Peter-Freienstein, die Messung an. „Ich kann mir das wirklich nicht vorstellen“, betonte auch der Anwalt der Beklagten, David Stocker-Schellander.
Vergleich in weiter Ferne
Die Fronten sind also ziemlich verhärtet, ein Vergleich offenbar in weiter Ferne. Denn der Vorschlag der Beklagten, das Läuten am Samstag einzustellen, war dem Kläger zu wenig, „auch wenn es ein großer Schritt in die richtige Richtung ist“, so die Anwältin Fiona List-Faymann.
Die Forderung des Klägers, zusätzlich bauliche Maßnahmen zu treffen, um den Lärm einzudämmen, wurde wiederum von den Beklagten abgelehnt. Das sei wegen des Denkmalschutzes eher nicht möglich, meinte David Stocker-Schellander. Der Versuch der Richterin, „im Sinne eines friedvollen Miteinanders eine einvernehmliche Lösung zu finden“, scheiterte somit nach nicht einmal einer Stunde.
Jetzt ist als Nächstes ein Gutachter am Wort. „Er soll klären, ob die Immission bei Durchschnittsmenschen zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen kann“, erläuterte die Richterin. „Subjektive Lärmempfindlichkeiten können da nicht berücksichtigt werden“, sagte sie. 2000 Euro müssen Kläger und Beklagte jeweils dafür vorschießen. Steht das Ergebnis fest, wird weiter verhandelt.
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