Mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP haben die Freiheitlichen am Samstag beim Neujahrstreffen ihren unbedingten Regierungswillen demonstriert. Mehr als 3000 Personen, darunter Funktionäre und Anhänger aus den Bundesländern, hatten sich dazu im niederösterreichischen Vösendorf zusammengefunden, Höhepunkt war zu Mittag der Auftritt von Parteichef Herbert Kickl.
Kickls Rede fiel angesichts der Regierungsplanung etwas zahmer aus als in früheren Bierzelt-Auftritten. Angriffe auf die (aktuelle) ÖVP-Spitze sparte er aus, forderte lediglich erneut „Ehrlichkeit“ ein. Dennoch ist der FPÖ-Chef und mögliche künftige Bundeskanzler offensichtlich bemüht, sich von der ÖVP abzugrenzen.
Großes Feindbild SPÖ
Großes Feindbild ist die SPÖ: Kickl nannte den roten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil „Kim Jong Doskozil“ (verglich ihn also mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un). Die FPÖ werde Doskozil bei den anstehenden Wahlen im Burgenland das Fürchten lehren. Die „Sozialisten“ würden auch in Wien bald „mit den Ohren wackeln“, ist sich Kickl sicher.
Es gibt keine Russlandnähe.
Herbert Kickl
Auch inhaltlich ließ der blaue Obmann dann aufhorchen. Denn es gebe bei ihm „keine Russland-Nähe“, stellte Kickl auch in Richtung anwesender ausländischer Medien klar. Er lasse sich das von niemandem unterstellen – „Punkt. Aus. Fertig.“ Es gab darauf verhaltenen Applaus. Mehr Applaus gab es stattdessen für Kickls „Neutralitätsnähe“, die er sich stattdessen attestierte.
Der vor Jahren geschlossene Freundschaftsvertrag der FPÖ mit Russland bzw. der Putin-Partei Einiges Russland ist nach Angaben aus der Partei mittlerweile aufgekündigt – er sei ohnehin „nie mit Leben erfüllt“ worden, wie Norbert Hofer bereits im EU-Wahlkampf erklärt hatte.
Nur kein „Klima-Kommunismus“
Weiters erklärte Kickl am Samstag, dass bei ihm der Umweltschutz einen hohen Stellenwert habe. Gleichzeitig wetterte er aber gegen den vorherrschenden „Klima-Kommunismus“ – diesen Begriff wiederholte Kickl mehrfach. Auch der „Impfzwang“ und diverse Exkurse in die unrühmlichen Corona-Jahre dürften freilich nicht fehlen, ebenso die Attacken gegen den ORF – Kickl fordert bekanntlich die Aufhebung der Haushaltsabgabe.
Nun will der blaue Frontmann aus dem „zugeschütteten Haus Österreich“ ein „Schmuckkasterl“ machen. Dafür brauche es aber einen Plan und Entscheidungen – und man habe entschieden und so ein Defizitverfahren gegen Österreich seitens der EU verhindert. „In drei Tagen haben wir das zustande gebracht“, wobei von der „Ampel“ monatelang „herumgemurkst“ worden sei – FPÖ und ÖVP hatten erst am Donnerstag ihren „Stabilitätspakt“ präsentiert, der eine Reihe von Sparmaßnahmen beinhaltet.
Seitenhieb auf Ludwig
Der größte „Abkassierer“ des Landes sei aber der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig Kickl – denn in Wien sei jahrelang „alles erhöht“ worden, spannte Kickl seinen Bogen wieder in Richtung Feindbild SPÖ.
Zu hoch seien in Österreich außerdem nicht nur die Schulden, sondern auch die Migrationszahlen – hier müsse ein „Nuller“ stehen. „Jetzt sind die Österreicher an der Reihe“, versprach Kickl seinen Anhängern.
Er sagt ,America first‘ und ich sage ,Österreich zuerst‘.
Herbert Kickl über Donald Trump
Geschmeichelt fühlt sich der FPÖ-Chef unterdessen über die Einladung zur Amtseinführung von Donald Trump, die er aber nicht angenommen hatte. „Er wird es verstehen. Er sagt ,America first‘ und ich sage ,Österreich zuerst‘.“ Statt Kickl kommt die Abgeordnete Susanne Fürst.
Weitere erfolgreiche Blaue auf der Bühne
Bereits mehrere Stunden vor Kickls Auftritt war das Eventhotel „Pyramide“ zum Bersten voll gewesen, abermals hatte die John Otti Band die Stimmung aufgeheizt. Eine Machtdemonstration war auch die Liste der Vorredner Kickls, die zum Teil schon erfolgreiche Blaue aus den Ländern aufbot: Niederösterreichs Udo Landbauer und Mario Kunasek aus der Steiermark. Vor einer Wahl stehen der burgenländische Spitzenkandidat Norbert Hofer und Dominik Nepp in Wien, die ebenfalls sprachen.
Vorsprung in Umfragen wächst weiter
Für die FPÖ findet ihr Neujahrstreffen am Samstag zu einem denkbar guten Zeitpunkt statt. In den zuletzt veröffentlichten Wahlumfragen erreichen die blauen Rekordwerte von 35 bis 39 Prozent. Im APA-Wahltrend, der die Umfragen der jeweils letzten fünf Wochen berücksichtigt, liegen die Freiheitlichen bei 37,8 Prozent. ÖVP und SPÖ haben mit ihren gescheiterten Regierungsverhandlungen dagegen weiter an Boden verloren.
Die ÖVP kommt in den nur seit Mitte Dezember durchgeführten Umfragen nur noch auf 17 bis 22 Prozent. Im Wahltrend, der die jüngeren Umfragen stärker gewichtet, ergibt das aktuell 18,5 Prozent. Damit liegt die bisherige Kanzlerpartei sogar leicht hinter der SPÖ (19,1 Prozent), die seit der Nationalratswahl zwar auch an Boden verliert, aber weniger rasch als die ÖVP.
Die Sozialdemokraten erreichen 19 bis 20 Prozent. Die Grünen liegen mit 8,9 Prozent weiterhin in etwa bei ihrem Wahlergebnis, die NEOS mit elf Prozent etwas darüber.
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