Am 27. Jänner jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal, in dem über eine Million Menschen ermordet wurden. In Österreich mangelt es an Faktenwissen: Jeder siebte junge Erwachsene hat noch nie etwas vom Holocaust gehört. Eine Mehrheit in Österreich befürchtet sogar eine Wiederholung des Völkermords an jüdischen Menschen.
Die Rote Armee befreite am 27. Jänner 1945 das Lager Auschwitz. Der Jahrestag wurde Jahrzehnte später zum öffentlich begangenen Holocaust-Gedenktag, der am kommenden Montag stattfinden wird.
Mangel an Faktenwissen zum Holocaust in Österreich
Obwohl der Holocaust ein zentrales Thema im Schulunterricht ist, sorgt der Begriff bei vielen jungen Erwachsenen weiterhin für Verwirrung. Laut einer in Auftrag gegebenen Studie der Jewish Claims Conference haben 14 Prozent der 18- bis 29-Jährigen noch nie davon gehört. Die Unwissenheit variiert stark: In Frankreich sind es 46 Prozent, in Deutschland zwölf Prozent.
Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Kathpress-Umfrage in acht Ländern befürchten viele Menschen sogar eine Wiederholung des Holocausts. In den USA sind es 76 Prozent, in Österreich 62 Prozent und in Deutschland 61 Prozent.
Immerhin sei das Bewusstsein für den Holocaust in den meisten Ländern hoch, doch es mangelt an Detailwissen. Große Teile der Bevölkerung unterschätzen die Zahl der Opfer: In Rumänien glauben 28 Prozent, in Österreich 21 Prozent, es seien nur zwei Millionen oder weniger. Dass es 6 Millionen waren, wisse in allen befragten Ländern ein großer Teil der Bevölkerung nicht.
Gedenkveranstaltung im Parlament und Heldenplatz
In Österreich findet neben der Gedenkveranstaltung am Heldenplatz heuer auch eine im Parlament mit Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) statt. Gemeinsam mit dem zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner (ÖVP) bzw. der dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) hat Rosenkranz im Anschluss an die Gedenkzeremonie zu einer Diskussionsveranstaltung ins Parlament eingeladen. Sprechen werden weder er noch die zahlreichen Abgeordneten, die an der Veranstaltung teilnehmen. Stattdessen diskutieren Schüler und Schülerinnen mit der Zeitzeugin Erika Freeman.
Systematische Vernichtung – Zwischen 1941 und 1945 ermordeten die Nationalsozialisten rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden. Der Holocaust war ein beispielloser Völkermord, der von der NS-Führung systematisch geplant und durchgeführt wurde.
Weitere Opfergruppen – Neben jüdischen Menschen wurden auch Sinti und Roma, politische Gegner, Menschen mit Behinderungen, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und weitere Verfolgte in Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet.
Todeslager und Massenerschießungen – Die Nazis errichteten Vernichtungslager wie Auschwitz, Treblinka und Sobibor, in denen Menschen in Gaskammern ermordet wurden. In Osteuropa fanden zudem Massenerschießungen durch Einsatzgruppen statt.
Befreiung und Folgen – Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Der Holocaust führte zur Schaffung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und später zur Gründung des Staates Israel.
Leugnung und Erinnerung – Trotz überwältigender Beweise versuchen Holocaust-Leugner, die Verbrechen zu relativieren oder zu bestreiten. Gedenkstätten, Bildungsprogramme und Gesetze gegen Holocaust-Leugnung sollen das historische Bewusstsein bewahren.
Rosenkranz seit Amtsantritt wiederholt in Kritik
Die Israelitische Kultusgemeinde kritisierte in den vergangenen Monaten scharf, dass mit Walter Rosenkranz ein Freiheitlicher und Burschenschafter an der Spitze des Nationalrats steht. So wurde der Nationalratspräsident etwa von der jüdischen Hochschüler:innenschaft daran gehindert, mit einer Kranzniederlegung am Judenplatz der Opfer der Novemberpogrome zu gedenken, nachdem er zuvor von der IKG explizit nicht zur Veranstaltung bei der Shoah-Namensmauer eingeladen worden war.
Auch an Sitzungen des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus wollte die IKG nicht teilnehmen, sofern diese wie gesetzlich vorgesehen von Rosenkranz geführt werden. Der Burschenschafter meinte daraufhin, „durchaus zu überlegen“, für seine Stellvertreter zur Seite zu treten. Dies hatte er auch schon kurz nach seiner Wahl angekündigt.
Wie schon in den vergangenen Jahren wird auch am Heldenplatz der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Um 18 Uhr startet die Veranstaltung der Plattform „JetztZeichenSetzen“, bei der Nachfahren von Auschwitz-Überlebenden sprechen werden. Neben einem jüdischen Chor wird der Opfer auch mit einer Kranzniederlegung gedacht. In den vergangenen Jahren nahmen an der Veranstaltung 300-500 Menschen teil, aufgrund des Jubiläums rechnen die Veranstalter heuer mit einigen hunderten mehr. Dort wird auch die IKG durch Vizepräsidentin Claudia Prutscher vertreten sein.
Van der Bellen bei Gedenkfeier in Auschwitz
IKG-Präsident Oskar Deutsch wird wie auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und zahlreiche andere Staatsspitzen bei der offiziellen Gedenkveranstaltung im Lager in Auschwitz anwesend sein. Regierungschef Alexander Schallenberg ist am Montag aufgrund des EU-Rats in Brüssel und wird in Auschwitz von Kanzleramtsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) vertreten.
Zur Gedenkfeier eingeladen sind auch sämtliche noch lebende Auschwitz-Überlebende. Jener Güterwaggon, der seit 2009 im Inneren des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau in der Mitte jener Rampe steht, auf der Ärzte der SS Selektionen durchführten, und die meisten der ankommenden Juden direkt in den Tod in der Gaskammer schickten, wird anlässlich der Gedenkveranstaltung direkt vor dem Haupttor platziert.
„In solchen Güterwaggons brachten die deutschen Nazis Menschen hierher. Diese Waggons verbanden Ghettos und Verstecke mit dem Ort des Todes“, sagte Piotr Cywiński, Direktor des Auschwitz-Museums als der Waggon erstmals auf der Rampe ausgestellt wurde.
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