Schon mit ihrem unglücklichen Auftritt in der "ZiB 2" vor zwei Wochen hatte die Justizministerin für Empörung gesorgt. Sie bezeichnete damals den Missbrauch eines Jugendlichen im Gefängnis als Einzelfall und betonte außerdem, dass es im österreichischen Strafvollzug keine Mängel gebe.
Ministerium: "Nicht der Regelfall"
Mittlerweile sind mehrere ähnliche Fälle bekannt geworden (siehe Story in der Infobox) - und auch eine Studie des Ludwig-Boltzmann-Instituts und der Opferorganisation Weißer Ring zeigt, dass Gewalt in den heimischen Gefängnissen auf der Tagesordnung steht. Das Justizministerium spricht dennoch weiterhin davon, dass dies "Einzelfälle" seien. "Nicht der Regelfall", betonte man auf Anfrage der "Krone". Das Ministerium unternehme alles Menschenmögliche, aber es gebe eben keine Garantie, solche Fälle zu verhindern.
Die Grünen hatten bereits den Rücktritt von Ministerin Karl gefordert, die nach der Nationalratswahl im Herbst der nächsten Regierung ohnehin nicht mehr angehören dürfte. Für die SPÖ-Parteijugend ist Karl ebenfalls "nicht mehr tragbar" und auch die anderen Parteien erhöhen nun den Druck auf die Justizministerin, sie sehen das Problem vor allem in der Unterbringung der Jugendlichen. Das BZÖ ("ein Skandal der Sonderklasse") verlangt zudem eine Untersuchungskommission.
Ruf nach Jugendgerichtshof
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bekräftigte die Forderung, den unter Schwarz-Blau aufgelösten Jugendgerichtshof zu reaktivieren: "Diese erschütternden Missstände im Jugendstrafvollzug müssen gestoppt werden." "Ein Jugendgerichtshof wäre zwar nötig, aber zu wenig", befand der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Für Jugendliche sollte Haft überhaupt nur das "allerletzte Mittel" sein - wichtig wären also Haftvermeidung und Alternativen wie Hausarrest.
"Völlig neu organisieren" will den Jugendvollzug indes das Team Stronach. Konkret plädierte Klubobmann Robert Lugar für eine "ordentliche Ausbildung" und genügend Beschäftigung in der Haft. Die FPÖ ist dafür, zumindest eigene Vollzugsanstalten für Jugendliche einzurichten. Man müsse sicherstellen, dass Jugendliche in der Haft "nicht mit Schwerverbrechen zusammenkommen", meinte Generalsekretär Harald Vilimsky.
Faymann: "Klare Änderungen"
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann betonte am Mittwoch zwar, hinter der Ministerin zu stehen, er machte aber auch deutlich, dass er sich klare Änderungen erwarte. Die Haftbedingungen für jugendliche Straftäter müssten eindeutig verbessert werden. Die Vorkommnisse seien "nicht kleinzureden" und "es zeigt sich, es ist kein Einzelfall". Das sei ernst zu nehmen - und er sei "überzeugt, ein verantwortungsvolles Regierungsmitglied macht das auch so".
Die ÖVP schwieg vorerst zu der gesamten Causa, erst am Mittwochnachmittag rang sich Justizsprecher Michael Ikrath zu einem Statement durch: Man wolle die Zustände im Jugendvollzug deutlich verbessern. "Diese schrecklichen Vorkommnisse dürfen sich einfach nicht mehr wiederholen", so Ikrath kämpferisch. Vieles sei allerdings schon geschehen und die nächsten von Ministerin Karl veranlassten Schritte bereits in Arbeit.
Passend äußerte sich am Mittwoch der Leiter der von Karl Ende Juni eingesetzten "Task Force Jugend U-Haft", Michael Schwanda: "Über den Sommer" wolle man diverse Neuerungen erarbeiten, die für jugendliche Tatverdächtige zu Verbesserungen führen und im Idealfall ihre U-Haft vermeiden, jedenfalls verkürzen sollen.
Überschattete Erfolge
Nach zweieinviertel Jahren im Amt kommt die Justizministerin jedenfalls nicht aus der Schusslinie. Doch sie hatte es von Anfang an nicht leicht - siehe Hintergrund-Story in der Infobox.
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