Forschungsprojekt

Demenz: Digitale Hilfe für pflegende Angehörige

Vorarlberg
16.02.2025 11:55

Wenn die Diagnose Demenz das Leben verändert: Ein Forschungsprojekt unter Leitung der Fachhochschule Vorarlberg will Unterstützung für die herausfordernde Pflege von Demenzkranken zu Hause bieten.

Maria und Herbert sind gerade ein paar Jahre in Pension, als Herbert beginnt, sich zu verändern. Erst sind es Kleinigkeiten – er vergisst Namen, stellt mehrmals dieselben Fragen, verlegt Schlüssel und Portemonnaie. Doch mit der Zeit häufen sich die Momente, in denen er sich orientierungslos und verwirrt zeigt. Nach mehreren Arztbesuchen steht die Diagnose fest: Demenz im frühen Stadium.

Maria ist geschockt und fühlt sich überfordert. Was bedeutet das für ihre Zukunft? Wie kann sie Herbert bestmöglich unterstützen? Und wo findet sie überhaupt Hilfe?

Überforderung mit der Erkrankung
Vielen Angehörigen von Menschen mit Demenz geht es anfangs so. Schätzungen zufolge leben derzeit etwa 6000 Personen mit einer Form von Demenz in Vorarlberg. Diese Zahl könnte sich bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Die Krankheit stellt nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihre Familien vor enorme Herausforderungen. Oft fehlt das Wissen über bestehende Unterstützungsangebote, wodurch die Organisation der Pflege schnell zur Überforderung führen kann. Genau an diesem Punkt setzt das Forschungsprojekt „TeleCareHub“ der Fachhochschule Vorarlberg an.

Pflegende Angehörige stehen oft vor komplexen und belastenden Situationen. Neben der körperlichen und emotionalen Beanspruchung kommt die organisatorische Herausforderung hinzu. „TeleCareHub“ bietet einen digitalen Service, der Informationen, Vernetzung mit Fachpersonal und Unterstützung ermöglicht.

„Wir wollen die Eigenermächtigung der pflegenden Angehörigen stärken, damit sie besser auf ihre Rolle vorbereitet sind. Die ersten Zwischenergebnisse zeigen, dass dadurch das Wohlbefinden gesteigert und die Beziehungsarbeit zwischen Pflegeperson und betreuter Person positiv beeinflusst werden kann“, erklärt Projektleiterin Katrin Paldán. Das Projekt verbindet elf Partnerorganisationen – es arbeiten unter anderem die aks Gesundheit GmbH, die Arbeitsgemeinschaft Mobile Hilfsdienste, der Betreuungspool Vorarlberg, connexia, Aktion Demenz, Caritas und der Krankenpflegeverband mit. Auf der Homepage telecarehub.at sind fünf Angebote zu finden: Lern- und Schulungsmöglichkeiten, Informationen zur Betreuung zu Hause, Online-Gesprächsgruppen, Beratung für pflegende Angehörige und ein Belastungscheck zur Früherkennung von Überforderung.

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Die ersten Zwischenergebnisse zeigen, dass durch unser Projekt das Wohlbefinden gesteigert und die Beziehungsarbeit zwischen Pflegeperson und betreuter Person positiv beeinflusst werden kann.

(Bild: FHV Bröl)

Projektleiterin Katrin Paldán

Begleitende Studie zur Wirksamkeit
Eine Pilotstudie, die in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Kärnten durchgeführt wird, untersucht dabei, wie pflegende Angehörige die digitalen Angebote wahrnehmen und nutzen. Teilnehmer aus mehreren Bundesländern testen die Plattform für bis zu sechs Monate und geben Rückmeldungen zu Benutzerfreundlichkeit, Akzeptanz und den konkreten Auswirkungen auf ihre Pflegeerfahrung. Die Verantwortlichen hoffen, dass das digitale Angebot zur Entlastung der Angehörigen und somit zu einer Verbesserung der gesamten Pflegesituation beiträgt.

„Zudem könnte eine frühzeitige Nutzung solcher Angebote langfristig auch das Gesundheitssystem entlasten“, ist Paldán optimistisch. Das wäre auch bitter nötig: Laut WIFO wird der Kostenanstieg im Pflegebereich in den kommenden Jahrzehnten erheblich sein. Das Land Vorarlberg rechnet mit einem Anstieg der Pflegekosten um 427 Prozent bis 2050 – es wäre übrigens der stärkste Kostenanstieg in ganz Österreich.

Wer macht mit?

Im Zuge des Projekts „TeleCareHub“ werden Teilnehmende gesucht, die derzeit Personen mit Demenz oder Verdacht auf Demenz zumindest in geringem Ausmaß betreuen und mindestens 18 Jahre alt sind. Für die Teilnahme wird ein Computer, ein Laptop, ein Tablet oder ein Smartphone mit Internetzugang benötigt. Die Studie dauert zwischen drei und sechs Monate. Die Teilnehmenden testen während dieser Zeit die Online-Plattform und füllen zwei Fragebögen aus. Interessierte können sich per E-Mail (telecarehub@fhv.at) oder per Telefon (0463/30 90 30) beim Studienteam melden.

Das Forschungsprojekt will auch auf die unterschiedlichen Bedürfnisse pflegender Angehöriger eingehen. „Partner von Betroffenen brauchen eine andere Unterstützung als berufstätige Kinder. Eine der größten Herausforderungen ist der gravierende Wandel in der Beziehung zwischen Pflegendem und Betreutem“, weiß Paldán.

Es gibt mehr Hilfsangebote als viele denken
Obwohl es bereits diverse Unterstützungsangebote gibt, sind diese nicht flächendeckend bekannt. „Zum Beispiel gibt es in Vorarlberg in jeder Gemeinde Case- und Caremanager als Ansprechpersonen. Hier hoffen wir mit ’TeleCareHub’ zur besseren Vernetzung zwischen pflegenden Angehörigen, Betroffenen und regionalen Dienstleistern beitragen zu können.“ Gerade für jüngere Betroffene oder berufstätige Pflegende fehlen hingegen nach wie vor oft passende Angebote. „Die Doppelbelastung zwischen Beruf und Pflege ist ein enormes Problem. Hier sind zusätzliche Hilfsleistungen dringend notwendig“, betont die Projektleiterin.

 „TeleCareHub“ ist langfristig angelegt. Noch bis 2026 wird daran getüftelt, die Plattform optimal an die Bedürfnisse der Angehörigen anzupassen. Um das Portal auch danach nachhaltig betreiben zu können, wird bereits jetzt nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Die Forschenden erhoffen sich, dass sie mit ihrer Arbeit zu einer echten Verbesserung hinsichtlich der Pflege demenzkranker Menschen beitragen können.

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