Peter Dobcak analysiert als Wiener Gastronomie-Spartenobmann im krone.tv-Interview die massiven Veränderungen im Konsumverhalten in Wiener Restaurants und Gasthäusern. Zugespitzt auf die Frage, ob die einstige ´Wiener Küche´ eigentlich noch zu retten sei.
Dobcaks Analyse: „Die klassische Wiener Küche war ja ursprünglich stark von den Kronländern der Monarchie beeinflusst. Ich sag ja immer: Der wahre Big Apple ist Wien. Da hat es New York noch gar nicht gegeben, waren wir schon eine Vielvölkerstadt. Und das merkt man natürlich an der Wiener Küche. Die hat sich aber in den letzten Jahren insofern entwickelt, weil sich ja auch die Ernährungsgewohnheiten etwas geändert haben. Von der Natur her bietet die Wiener Küche zum Beispiel Böhmische Knödel. Oder das panierte Wiener Schnitzel. Das ist ja an sich eine sehr fettreiche, schwere Küche. Das war noch bis in die 80er, 90er-Jahre in Ordnung. Doch dann hat sich das Mindset sehr geändert. Vor allem bei der jüngeren Generation. Vegetarisch und vegan kam dazu. Es ist schon so, dass sich die Wiener Küche anpassen muss. Aber sich auch schon angepasst hat.“
Apfelstrudel ganz anders
Auf die Frage, ob man die traditionelle Wiener Küche mit neuen Rezepten modernisieren und an die Gegenwart anpassen könne, ohne dabei den historischen Charakter zu verlieren, antwortet der ausgewiesene Branchenkenner: „Wir machen das zum Beispiel an der Gastgewerbeschule am Judenplatz. Nehmen wir einen Apfelstrudel her. Eine historisch doch sehr bekannte Süßspeise. Wo nun aber nicht mehr der Apfelstrudel in einem einzigen gesamten Stück auf den Teller kommt, sondern die Komponenten einzeln angerichtet werden. Und das fasst man dann zusammen und das findet dann im Gaumen die Verschmelzung und die Geschmacksexplosion. Das heißt, es gibt schon verschiedene Möglichkeiten, die klassische Wiener Küche interessant zu gestalten und der neuen Zeit anzupassen.“
Dobcak hat aber auch ein ganz anderes Beispiel parat: „Die Krönung der Schnitzels ist ja das Kalbsschnitzel. Mir persönlich ist ja das Schweinsschnitzel lieber. Es gibt aber auch das Hühnerschnitzel und das Putenschnitzel und so weiter. Also auch die Fleischsorte an sich wählt man ja aus. Und dementsprechend kann man auf die persönlichen Präferenzen Rücksicht nehmen. Ich zum Beispiel, ich esse gar kein Wiener Schnitzel im Stück. Bei meinem Wirten bestelle ich immer Schnitzelstreifen mit Sauce Tartare und Preiselbeeren.“
Verwässert die Wiener Küche?
Was die Veränderungen des Essverhaltens für die Wiener Restaurants bedeute? Dobcak: „Die Kunst der Wiener Küche bleibt erhalten. Aber es wird feiner, es wird raffinierter. Auch der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Immer mit dem Versuch, den Anforderungen des Zeitgeistes bis zu einem gewissen Grad zu entsprechen. Das ist aber auch Gefahr, dass sich vielleicht die Grundidee der die Wiener Küche zu sehr verwässert.
Wie geht es den Wiener Restaurants?
Teilweise werden von Gästen aktuell die hohen Preise in der Wiener Gastronomie beklagt. Deshalb die Frage, wie es insgesamt um die Wiener Gastronomie bestellt sei und es der Branche generell gehe? Dobcak: „Es ist nach wie vor die Dynamik in der Branche da. Es hat sich, was die Formel betrifft, nicht viel geändert: Zwanzig Prozent der Lokale sperren jährlich zu, wir sehen das an den Gewerbescheinen: Zwanzig Prozent der Scheine werden jährlich zurückgelegt. Aber es werden auch zwanzig Prozent Neue gelöst. Saldiert bleibt es somit grosso modo gleich. Aber wenn ein Lokal schließen muss, dann liegt es meistens an der Nachfolge. Das heißt, ich kann das Lokal nicht übergeben. Oder an der mangelnden Kalkulation über Jahre. Oder am Fachkräftemangel, der die gesamte Branche bis zu einem gewissen Grad gefährdet.“
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