Nach dem Scheitern ihrer Wunschregierung aus FPÖ und ÖVP wendet sich die Industrie nun an das Parlament. Sie verlangt ein sofortiges Notfallpaket zur Rettung der schwächelnden Wirtschaft. „Jeder vergeudete Tag an Stillstand kostet Österreich über 15 Millionen Euro“, warnt die Industriellenvereinigung.
Die IV war zuletzt mit heftiger Kritik an der ÖVP wegen des Scheiterns der blau-schwarzen Regierungsverhandlungen aufgefallen. Nun wendet man sich wieder auch den anderen Parteien zu und übermittelt über die „Krone“ eine lange Wunschliste an das Parlament. Zentrale Forderungen sind neben der Budgetsanierung Entlastungen für Unternehmen und Bevölkerung.
„Die Alarmglocken schrillen“
Mit minus 9,5 Prozent in einem Jahr schrumpft die produzierende Industrie in Österreich stärker als in jedem anderen europäischen Land. Nach zwei gescheiterten Koalitionsverhandlungen sei eine rasche Regierungsbildung ungewiss. „Die Alarmglocken schrillen – die Industrie in Österreich schrumpft im EU-Vergleich am stärksten innerhalb eines Jahres, ein Defizitverfahren seitens der EU-Kommission droht und die Arbeitslosenzahlen steigen täglich. Das bisherige Unvermögen der politischen Akteure, eine handlungsfähige Reformkoalition zu bilden, gefährdet den Industrie- und Wirtschaftsstandort zusätzlich. Damit gefährden wir Wohlstand und Sicherheit für uns und die folgenden Generationen“, findet IV-Generalsekretär Christoph Neumayer klare Worte.
Die Rezession verfestige sich und die Deindustrialisierung werde in steigenden Arbeitslosenzahlen immer deutlicher spürbar. Zusätzlich wachse der geopolitische Druck durch täglich neue Ankündigungen des US-Präsidenten. Beide Faktoren bringen das ohnehin nur äußerst geringe Wachstum für das heurige Jahr weiter in Gefahr – Österreich steuere auf ein weiteres Rezessionsjahr zu, warnt die IV. „Die Herausforderungen sind drängend und dulden keinen weiteren politischen Stillstand.“
Vorliegende Einigungen im Nationalrat umsetzen
Trotz der Differenzen zwischen den Parteien konnte in den bisherigen Verhandlungen eine grundlegende Einigung über zentrale wirtschafts- und standortpolitische Reformmaßnahmen erzielt werden. Diese Konsenspunkte müssen nun als Basis dienen, um im Nationalrat die dringend benötigten Reformschritte auf den Weg zu bringen, fordert die IV. Tatsächlich herrscht im Parlament aufgrund der fehlenden Regierung seit Monaten Stillstand. Ohne die Regierungserklärung von Übergangs-Kanzler Alexander Schallenberg wäre die Jänner-Sitzung in zehn Minuten erledigt gewesen.
Die Wunschliste ist lang
Die Industrie fordert alle im Parlament vertretenen Parteien auf, die Differenzen der letzten Wochen und Monate beiseitezulegen, Mehrheiten zu finden und die Verantwortung zu übernehmen, die ihnen vonseiten der Wähler übertragen wurde. Als Erstes solle die Budgetkonsolidierung sichergestellt und als Zweites Entlastungsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden. Die Wunschliste der Industrie ist lang, Priorität haben aber die Senkung der Lohnnebenkosten in Richtung deutsches Niveau (fünf Prozentpunkte), eine spürbare Entbürokratisierung und eine nachhaltige Senkung der Energiekosten, wie Neumayer betont.
Die Wirtschaft braucht positive Signale
Gefordert werden zudem Steuerfreiheit für Überstunden, die Förderung von Vollzeitarbeit durch eine Glättung des Übergangs im Einkommensteuertarif zwischen 30 und 40 Prozent, eine begünstigte Besteuerung bei Arbeiten im Alter, eine Absenkung der Körperschaftsteuer auf EU-Schnitt und Investitionen in die Forschung.
„Es geht darum, in dieser Phase der andauernden Unsicherheit, einen dringend notwendigen positiven Impuls zu setzen, um gemeinsam Reformwillen und Umsetzungskraft zu zeigen. Laufende Koalitionsverhandlungen dürfen nach mehr als fünf Monaten keine Ausrede für politischen Stillstand sein. Wir haben ein handlungsfähiges Parlament, das rasch die notwendigen Beschlüsse fassen kann“, so Neumayer.
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