Eine mögliche Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS muss noch in einigen Parteigremien abgesegnet werden. Genau hier drohen hohe Hürden. Bei den Sozialdemokraten deutet sich zudem ein Kleinkrieg um Spitzenposten an.
Die SPÖ versucht, ihr Spitzenpersonal auf den letzten Metern der Koalitionsverhandlungen mitzunehmen. Für Dienstagabend ist ein Präsidium angesetzt, in dem Parteichef Andreas Babler den Verhandlungsstand bzw. das fast schon fixierte Koalitionsabkommen erläutern will.
Brisanter ist im Hintergrund ein Kleinkrieg, der um die zu vergebenden Posten entbrannt ist, wie mehreren Medien aus dem SPÖ-Umfeld bestätigt wurde. Denn hier gibt es unterschiedliche Ansichten, wer die Ministerämter übernehmen soll. Fix im roten Team sind eigentlich nur zwei Dinge: Frauenchefin Eva Maria Holzleitner soll das Frauenministerium übernehmen und ÖGB-Vize Korinna Schumann nach der frühen Absage von GPA-Chefin Barbara Teiber das Sozialministerium.
Was macht Andreas Babler künftig?
Dass Parteichef Andreas Babler Vizekanzler wird, ist natürlich klar. Doch ist bis jetzt nicht fix, welche Funktionen er nebenbei übernimmt. Zuletzt war das Gerücht hochgekommen, dass er das mächtige, aber auch zeitaufwendige Infrastruktur-Ressort leiten könnte.
Damit wäre dort kein Platz mehr für den niederösterreichischen Landeschef Sven Hergovich, mit dem Babler alles andere als befreundet ist, der aber die starke Unterstützung der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures genießt. Als Alternative zu Babler selbst wird auch noch die dem ÖGB entstammende ÖBB-Managerin Silvia Angelo gehandelt.
Fragezeichen auch bei Finanz- und Justizressort
Übernähme der Parteichef selbst, würden die Kultur- und Medien-Agenden frei, die man dann dem früheren ORF-Chef Alexander Wrabetz anbieten könnte. Der wiederum ist jedoch der Kandidat der mächtigen Wiener Stadtpartei für das Finanzressort.
Aber auch hier hat Babler andere Pläne und will an dieser zentralen Position eine Vertraute installieren, nämlich die Salzburger Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt. Die gilt zwar als fachlich durchaus kompetent, hat aber bei ÖVP und NEOS nicht unbedingt die beste Reputation.
Dies gilt umso mehr für eine weitere Favoritin Bablers. Die frühere Integrationsstaatssekretärin Muna Duzdar soll für das Justizressort vorgesehen sein. Die Babler-Unterstützerin der ersten Stunden ist zwar Wienerin, aber in der Stadtpartei so schlecht angeschrieben, dass man ihr nicht einmal chancenreiche Plätze für die Nationalratswahl angeboten hat. Außerdem hat die Anwältin mit einem umstrittenen Posting in Sachen russischer Angriffskrieg in der Ukraine, als sie offen der NATO eine Mitschuld an der Lage gab, schon für negative Schlagzeilen gesorgt.
Derzeit ist noch schwer absehbar, wer am Ende die Namen sein werden, die sich auf der roten Ministerliste finden. Auch dass schon in der Präsidiumssitzung eine Vor-Entscheidung fällt, ist unwahrscheinlich. Letztlich wird sich der Parteichef wohl schwer tun, all seine Vorschläge durchzubringen, ohne allzu viel Porzellan zu zerbrechen. Offiziell ist bis jetzt gar keiner der Namen genannt worden.
Große Hürden auch bei den NEOS
Die pinke Mitgliederversammlung findet am kommenden Sonntag in der Ballonhalle im Arsenal in Wien statt, bei der für die rund 3000 Mitglieder auch eine digitale Teilnahme möglich ist. Laut Parteistatut muss die Koalitionsvereinbarung mit Zweidrittel-Mehrheit von der Mitgliederversammlung angenommen werden, eine einfache Mehrheit der Basis reicht nicht.
Innerhalb der Partei stehen viele Mitglieder einer Regierungsbeteiligung skeptisch gegenüber. Eine „Weiter so“ wird kritisiert: „Wir haben ein Angebot mit zwei Ministerien und ein Staatssekretariat, aber die Reformen vermisse ich. Die NEOS stehen für Reformen, nicht für Jobs“, kritisierte jüngst der Tiroler Pinken-Abgeordnete Dominik Oberhofer in der „Krone“. Viele würden den Gang in die Opposition – inklusive „Themenpartnerschaften“ – bevorzugen.
Inhaltlich vorbereitet wird die Versammlung durch den Erweiterten Bundesparteivorstand. Dieser muss nach Abschluss der Verhandlungen und vor der Mitgliederversammlung auch noch einmal tagen und die Kandidaten für die pinken Ministerposten beschließen.
ÖVP lässt Pakt durch Bundesparteivorstand absegnen
Die Volkspartei wird das paktierte Regierungsprogramm dem Bundesparteivorstand vorlegen, obwohl dies laut Organisationsstatut nicht erforderlich ist. Demzufolge übt nämlich der Bundesparteiobmann die Nominierungsrechte der Bundespartei in Zusammenhang mit einer Regierungsbeteiligung aus und trifft die entsprechenden Entscheidungen in Personalfragen. Dieses unter Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz eingeführte Recht hat laut ÖVP auch Christian Stocker als geschäftsführender Bundesparteichef. Dennoch werde man das erzielte Koalitionsabkommen im Bundesparteivorstand diskutieren. Bereits unter Stockers Vorgänger Karl Nehammer hatten die Länder und Bünde in der Praxis ein gehöriges Wort bei der Ministerauswahl mitzureden.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.